Das bittere Ende des „Pacte logement“

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LUXEMBURG - Die Regierung nennt es Reform des "Pacte logement", aber in Wahrheit ist es dessen Ende. Wohnungsbauministerin Maggy Nagel (DP) zieht die Handbremse.

Von 1996 bis 2013 war Maggy Nagel Bürgermeisterin der Stadt Mondorf und hat seit 2003 mit dem „Pacte logement“ leben müssen. Was sie am meisten daran gestört habe, sei der Fakt, dass es „Pacte logement“ (Wohnungsbau-Pakt) heißt, aber in der Praxis mit Wohnungsbau nur relativ wenig zu tun hat. Heute als Wohnungsbauministerin scheint sie dies immer noch nicht richtig überwunden zu haben. Am Donnerstag jedenfalls zog sie einen moralischen Schlusstrich unter den „Pacte logement“. Der wäre ohnehin im Jahre 2021 ausgelaufen. Doch die Ministerin zieht zusätzlich die Handbremse.

Ins Leben gerufen wurde der Pakt 2007/2008 vom damaligen CSV-Minister Fernand Boden. Die grundliegende Idee war, Gemeinden in das Erschliessen von Wohnraum einzubinden. Bei der Einführung des Paktes im Jahre 2008 konnten Gemeinden, die in den fünf Jahren zuvor ein Bevölkerungswachstum von mehr als 7,5 Prozent verzeichnet hatten, einen Antrag auf eine Konvention mit dem Staat stellen. Und zwar fünf Jahre rückwirkend auf das Jahr 2003. Eine Klausel der Konvention besagte, dass sie in zehn Jahren einen Bevölkerungszuwachs von 15 Prozent verzeichnen musste.

4.500 Euro pro Einwohner

In der Konvention über eine Dauer von zehn Jahren war vorgesehen, dass der Staat der Gemeinde pro Jahr 4.500 Euro für jeden Einwohner zahlte, der über einem Bevölkerungswachstum von einem Prozent lag. Es mussten jedoch mindestens 30 Bürger über dieser Zahl sein.

Im Gegenzug verpflichtete sich die Gemeinde in Wohnungsbauprojekte oder Gemeinschaftseinrichtungen (Kulturzentren, Schulen, Kanalisation usw.) zu investieren. Sollte sie dies nicht einhalten, oder der Bevölkerungszuwachs in zehn Jahren keine 15 Prozent erreicht haben, seien die Gemeinden laut Konvention dazu verpflichtet, das erhaltene Geld zurückzuzahlen, ganz oder teilweise.

Im Jahre 2012 wurde ein zweiter Anlauf genommen. Ebenfalls rückwirkend auf zehn Jahre. Neue Gemeinden kamen hinzu. Es gibt also beim „Pacte logement“ zwei Perioden: eine von 2003-2013 und eine von 2007-2017.

Ab 2017 sollen die Zahlungen pro Einwohner von 4.500 Euro um jeweils 900 Euro pro Jahr gesenkt werden, bis auf Null im Jahre 2021, womit der „Pacte logement“ ausläuft.

Rund 98 Gemeinden griffen zu und haben eine Konvention mit dem Staat unterzeichnet. Sie hatten Pläne für die Schaffung von 52.000 Wohnungen vorgelegt, in Eigenregie oder mit Promoteuren und Gesellschaften. Der Staat hatte die für ihn anfallenden Kosten mit 55 Millionen Euro veranschlagt.

52.000 angekündigt, 4.000 gebaut

Die Bilanz heute: Von den 52.000 angekündigten Wohnungen sind kaum deren 4.000 gebaut worden. Vielleicht etwas mehr. Bilanz wird nämlich nur alle zwei Jahre gezogen und die nächste steht noch aus. Der Kostenpunkt für den „Pacte logement“ jedoch, und das erschüttert, wird 2017 bei wohl rund 550 Millionen Euro liegen.

Die Gründe für das Nicht-Umsetzen der eingereichten Projekte sind vielfältig: Mal fehlte es an Baugelände, mal kamen es zu anderen Problemen. Vor allen Dingen jedoch waren es die Schwierigkeiten, die die Gemeinden hatten, weil ihre Bebauungspläne (Plan d’aménagement général) im CSV-Innenministerium lange, oft viel zu lange, zur Überprüfung rumlagen. Während die Gemeinden ihre Wohnungsbauprojekte hierdurch blockiert sahen, nutzten sie die gezahlten Gelder, um derweil Gemeinschaftsprojekte zu errichten, zu deren Bau sie sich ja auch verpflichtet hatten. Vom Ursprungsgedanken der Konvention, den Wohnungsbau zu fürdern, bleib nur der hohle Name.

Ministerin Maggy Nagel, die sich wie viele andere fragt, wieviel Wohnungen man mit 500 Millionen Euro hätte bauen können, will jetzt gegensteuern. So sollen bis 2017 die Nutzung der gezahlten Gelder stärker an den Bau von Wohnfläche gebunden werden. Gemeinden, die eine kollektive Einrichtung errichten möchten, haben jedoch weiterhin diese Möglichkeit.

Während der Auslaufphase von 2017 – 2021 soll das Geld nur noch für den Bau oder die Renovierung von Wohnungen genutzt werden können. Um das Ganze besser kontrollieren zu können, sollen die Gelder aus dem Pakt nun nicht mehr auf ein spezielles Gemeindekonto überwiesen, sondern beim Wohnungsbauministerium geparkt werden. Sollte eine Gemeinde jedoch ein konkretes Gemeinschafts- oder ein Wohnungsbauprojekt angehen, kann sie die Mittel beim Ministerium abrufen.

Serge Kennerknecht