„Bürokratismus tötet das Unterrichtswesen“

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Frustriert zeigt sich das Syndikat Erziehung und Wissenschaft (SEW) des OGBL nach einer Unterredung mit Unterrichtsministerin Mady Delvaux und dem für die Reform des öffentlichen Statuts zuständigen Minister François Biltgen.

Für die Verantwortlichen des SEW bringt die geplante Reform letztlich nur Nachteile. Für den öffentlichen Dienst ganz allgemein und für das Unterrichtswesen ganz besonders. In einer Pressemitteilung listet die Gewerkschaft eine ganze Serie von Kritikpunkten an der geplanten Reform auf.

Eine erste Kritik richtet sich an Ressortministerin Mady Delvaux, von der man sich offenkundig mehr Verständnis für die vorgebrachten Argumente erwartet hatte. Die Ministerin habe bei dem Treffen nur kopfnickend den Ausführungen von Minister Biltgen zugestimmt, heißt es in der Mitteilung. Stein des Anstoßes ist die in der Reform vorgesehene Ausweisung von 15-20 Prozent „postes à responsabilité“ in sämtlichen Verwaltungen.

„Die Lehrerlaufbahn war immer eine flache, und das aus gutem Grund“, schreibt das SEW. Das Vermitteln von Wissen sei per se ein verantwortungsvoller Posten. Wenn jetzt innerhalb der Lehrerschaft 15-20 Prozent Posten mit besonderer Verantwortung ausgewiesen werden, dann werden das letztlich solche Posten sein, die am weitesten von der eigentlichen Arbeit, der Wissensvermittlung entfernt sind, befürchtet der SEW. Mehr Verantwortung und mehr Gehalt werde es am Ende für Direktionsbeauftragte und andere Angestellte in organisatorischen Zwischenstrukturen geben, während die Lehrer das Nachsehen hätten. „Pour faire carrière il faudra fuir les élèves“, schreibt der SEW.

Karrierismus

Als schlechtweg „gefährlich“ bezeichnet die Gewerkschaft die geplante Evaluierung der Funktionäre nach 3, 12 und 20 Jahren. Wobei das vierstufige Bewertungssystem über einen schnelleren beruflichen Aufstieg oder gar eine Entlassung entscheiden könne. Dass neben der Bewertung durch den direkt Vorgesetzten auch noch eine Auto-Evaluierung stattfinden solle, sei eine alles andere als schöne Perspektive. Vor allem die Lehrer, die Karriere machen wollen, werden in einem solchen System kaum noch Zeit finden, sich um die Schüler zu kümmern, befürchtet das SEW. Eine solche Evaluierungsprozedur werde auch nicht zu einer Verbesserung des Arbeitsklimas beitragen, heißt es.

Dokumentation, Evaluierung und persönliche Bewertung, das alles werde zu einer total überzogenen Verbürokratisierung des Unterrichtswesens führen, heißt es schlussfolgernd in dem Schreiben. Das alles werde zulasten der Schüler gehen.

SEW/OGBL findet, es sei dringend an der Zeit, gegen die geplante Reform des öffentlichen Statuts zu mobilisieren. Eine Reform, die wie eine Dampfwalze den Beruf unter Prozeduren und Bürokratismus plattmache.