/ Bis zu 46 Monate „prison ferme“
LUXEMBURG – Es war genau 11.45 Uhr am 11. Oktober 2006, als der CFL-Personenzug 2207 (Luxemburg-Metz-Nancy) auf der zum Unfallzeitpunkt nur eingleisig befahrbaren Strecke frontal mit dem aus Thionville herannahenden französischen Güterzug 45-938 kollidierte.
Die Wucht des Aufpralls war enorm: Die Lokomotive des Güterzuges bohrte sich bis ans Ende des ersten von insgesamt drei Doppelstockwagen des Passagierzuges. Mehrere Waggons des Güterzuges entgleisten, schleuderten durch die Luft, einer davon fiel teilweise auf den zweiten luxemburgischen Doppelstockwagen.
Sechs Tote und16 Verletzte
Glücklicherweise hatten sich in dem Passagierzug, und vor allem im völlig zermalmten ersten Doppelstockwagen, nicht sehr viele Fahrgäste befunden, sodass es letzten Endes bei „nur“ sechs Todesopfern und 16 zum Teil schwer Verletzten blieb. Im Dezember 2008 wurde schließlich vier Beschuldigten – zwei Fahrdienstleitern, einem Weichensteller und einem Zugansager der CFL – vor dem Bezirksgericht Luxemburg der Prozess gemacht. Substitutin Martine Woddelet hatte zum Abschluss des Verfahrens, das knapp drei Wochen dauerte, für die vier Angeklagten Haftstrafen zwischen sechs Monaten und vier Jahren, zusätzlich zu Geldstrafen, beantragt.
Paul K.: Sechs Monate auf Bewährung
Fahrdienstleiter Paul K., der seinen Arbeitsplatz verlassen hatte, ohne auf seinen Nachfolger Claude T. zu warten, wurde zu einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten verurteilt, die aber integral auf Bewährung ausgesetzt wird. Zusätzlich muss K. 5.000 Euro Geldstrafe zahlen. K. hatte durch sein fehlerhaftes Verhalten zur Entstehung des Unfalls beigetragen. Er hätte, wenn er auf Claude T. gewartet hätte, diesen über den Güterzug, der aus Thionville unterwegs war, selbst informieren können. Paul K. hatte sich während seines Verhörs vor Gericht als einziger bei den Unfallopfern respektive deren Angehörigen entschuldigt.
Gilbert F.: Zwölf Monate auf Bewährung
Weichensteller Gilbert F. hatte eine Reihe von Fehlern begangen, die zum Unfall beitrugen. So hatte er u.a. nicht lange genug auf den Alarmknopf gedrückt, als der Fehler bemerkt wurde. Auch hatte er nicht auf eigene Initiative die nötigen Schritte eingeleitet, die im Notfall laut Bahnreglement von jedem Agenten unternommen werden müssen.
Das Gericht verurteilte Gilbert F. gestern zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten, die integral zur Bewährung ausgesetzt wird, und zu 5.000 Euro Geldstrafe.
Patrick M. muss für46 Monate hinter Gitter
Hart ins Gericht gegangen war Substitutin Martine Woddelet bei ihrem Strafantrag mit Patrick M., dem sie u.a. „Unehrlichkeit“ vorwarf. M., der lieber Lasagna per Telefon bestellte, als sich um seine Arbeit zu kümmern, hatte eine ganze Reihe von schwerwiegenden Fehlern begangen, ohne die es nicht zu dem Unglück gekommen wäre.
Vor allem hatte er es unterlassen, Claude T. darüber in Kenntnis zu setzen, dass der Güterzug aus Thionville noch unterwegs war, obwohl ihm das von Paul K. erklärt worden war.
Patrick M. hatte während des Verfahrens, statt seine Fehler einzusehen, die ganze Schuld auf seine Arbeitskollegen geschoben. Er, der als einziger nicht vor Gericht erschienen war, wurde gestern zu 46 Monaten fester Haftstrafe verurteilt (die Staatsanwaltschaft hatte deren 42, davon die Hälfte auf Bewährung gefordert), sowie zu einer Geldstrafe von 5.000 Euro.
Claude T.: 48 Monate, davon 24 fest
Claude T., der Hauptschuldige, der den schriftlichen Fahrbefehl erteilt hatte, ohne die elementarsten Sicherheitsmaßnahmen zu beachten, wurde zu 48 Monaten Haft, davon 24 auf Bewährung, und 6.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Auf die vier Verurteilten kommen zudem Schadensersatzforderungen in Höhe von mehreren hunderttausend Euro zu. Die Anwälte von Patrick M. und Claude T. kündigten bereits gestern an, in Berufung zu gehen. Ob auch die zwei anderen Beschuldigten das Urteil anfechten, war gestern nicht zu erfahren.
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