„Besser als erwartet, aber noch immer schlecht“

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Die Zentralbank hat am Freitag der Finanzkommission des Parlaments ihr Gutachten zum Staatshaushalt 2011 vorgelegt. Auf 50 Seiten nimmt die BCL die Regierungsvorlage auseinander und kommt zu der Schlussfolgerung, dass der Staat einen noch härteren Sparkurs fahren muss, als das die Regierung derzeit tut.

Léon Marx
 
BCL-Gouverneur Yves Mersch bleibt seinem Ruf treu, die Zukunft stets mit pessimistischer Brille zu analysieren. Dass das Jahr 2010 besser abschließen wird als erwartet, führt er vor allem darauf zurück, dass noch Steuereinnahmen aus den Jahren 2005 und 2006 eingenommen wurden. 2011 ist für Mersch denn auch nicht das Jahr der Trendwende, des Aufschwungs, sondern nur ein Jahr des Übergangs. Ab 2012 werde sich die finanzielle Situation des Staats wieder verschlechtern und ab 2015 sei mit dramatischen Entwicklungen zu rechnen, wenn nicht vorher ein massiver Sparkurs eingeschlagen werde.

Der Stabilitätspakt der Regierung bis 2014, der im März vorgelegt wurde und der teilweise über die Bipartiteabkommen mit den Gewerkschaften und dem Patronat umgesetzt werden soll , reicht nach den Berechnungen der BCL mittelfristig nicht aus. Nach einem leichten Plus im Jahr 2014 wird Luxemburg schon 2015 wieder ein gesamtstaatliches Defizit von 0,84 Prozent haben, ist Mersch überzeugt. Bei unveränderter Politik sieht die BCL im Jahr 2040 ein öffentliches Defizit von 24 Prozent des BIP.

Pensionen – um das Jahr 2025 kippt das System

Grund für diese Entwicklung ist ihren Berechnungen nach vor allem die Entwicklung im Pensionsbereich. Um das Jahr 2025 herum werde das System kippen, werden die Reserven aufgebraucht sein und ein erheblicher Finanzierungsbedarf entstehen, erklärt Mersch.

Weitere Punkte, die dem BCL-Chef Sorge bereiten: Die Steuereinnahmen aus dem Internethandel (400 Mio./Jahr) werden aufgrund von EU-Regeln bis 2019 auf null zurückgehen, die Einnahmen aus dem Tanktourismus (rund 800 Mio./Jahr) werden zurückgehen und auch die Betriebssteuern werden sinken, weil die Zeit der extrem großen Steuerzahler, lies der Banken, vorbei ist. Allein die Betriebsbesteuerung mache 4,3 Prozent des BIP aus. „Im EU-Durchschnitt, auf den sich das Land hinbewegen wird, sind es 2,5 Prozent“, erklärt Mersch den Abgeordneten und den Journalisten.

Konsequent sparen

Der beste Weg, ein Ausufern des öffentlichen Defizits zu verhindern, ist, so schnell wie möglich zu reagieren. Statt einem drastischen Schnitt von rund 20 Prozent in 20 Jahren, wenn sich das Land „in griechischen Verhältnissen befindet“, plädiert er dafür, ab 2012/2013 konsequent zu sparen, die öffentlichen Ausgaben um jährlich acht Prozent zu kürzen.

Rund drei Prozent dieser Einsparungen sollten, wenn es nach Yves Mersch geht, bei den Renten und Pensionen eingespart werden. Wie das erfolgen könnte, überlässt er den Politikern. Es gebe da aber zahlreiche „Pisten“, meint er.

Eine Alternative zu Kürzungen auf der Ausgabeseite sieht Mersch nicht. Bei den Steuern bestehe kaum noch Handlungsspielraum. Diese zu heben, um neue Einnahmen zu generieren, sei aus Wettbewerbsgründen nicht denkbar.