Ortsbesuch im Westen des LandesBeckerich, Heimat des Bekis und des Quellwassers

Ortsbesuch im Westen des Landes / Beckerich, Heimat des Bekis und des Quellwassers
Hier wurde im Januar 2013 die erste und bisher einzige komplementäre Regionalwährung des Landes geboren: der Beki Foto: Editpress/Alain Rischard

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Beckerich, die ländliche Gemeinde an der belgischen Grenze, ist Heimat der Regionalwährung Beki und von Quellwasser von exzellenter Qualität. Seit 1985 wird es abgefüllt und nicht nur in Luxemburg verkauft. Camille Gira, langjähriger Bürgermeister, hat die Gemeinde geprägt. Seinem Erbe fühle man sich bis heute verpflichtet, zum Beispiel mit dem 1996 verliehenen „Dorferneuerungspreis“, sagt der aktuelle Gemeindevater.

Beckerich. An einem lauen Frühlingstag. Beckerich? Heißt so nicht auch eine Wassermarke, die man in fast jedem Supermarkt kaufen kann? Richtig! Beckericher Wasser stammt aus Beckerich und trägt seit 1985 maßgeblich zum Wohlstand der Gemeinde im Westen des Landes bei.

Das zeigt sich auch am Erscheinungsbild der einzelnen Ortschaften der Gemeinde. Vor allem an den älteren Häusern und Höfen. Sie sind liebevoll restauriert und zeugen von ehemals blühender Landwirtschaft und einem wohlhabenden Leben ihrer früheren Besitzer. Die Neubauten sehen dagegen etwas blass und uniform aus, aber gut, das ist wohl Geschmacksache.

Die Instandsetzung und Pflege älterer Bausubstanz hat dem Dorf im Jahr 1996 immerhin den damals erstmals verliehenen Dorferneuerungspreis eingebracht. Seither versucht die Gemeinde sich dem würdig zu erweisen.

Sonnenenergie

Was in Beckerich ebenfalls auffällt, ist die hohe Zahl von Solarpaneele auf den Dächern oder sogar in Gärten. Auch das gehört zu jener Politik, die seit Jahren gewissenhaft verfolgt wird. Dahinter steckt ein Name, nämlich der von Camille Gira. Der Politiker von „déi gréng“ ist von 1990 bis 2013 Bürgermeister und Gestalter der Gemeinde.

Gemeinde Beckerich

Die Gemeinde Beckerich (Biekerech) gehört zum Kanton Redingen und zählt rund 2.700 Einwohner. Sie besteht aus den Ortschaften Oberpallen, Schweich, Elvingen, Hovelingen, Beckerich, Nördingen, Hittingen, Levelingen und Leitringen. Das Rathaus befindet sich in Beckerich.

Auf sein Bestreben hin geht auch der Beki zurück. Es handelt sich dabei um Luxemburgs einzige komplementäre Regionalwährung. Mit ihr kann man seit 2013 und bis heute nicht nur in der Gemeinde Beckerich, sondern im ganzen Kanton Redingen bezahlen. Bald soll ein digitaler Beki eingeführt werden, sagt Bürgermeister und Umweltberater Thierry Lagoda (36), der die Erbschaft von Camille Gira angetreten ist. 

Lagoda ist übrigens der Enkel von Jos Seyler, jenem Bürgermeister, der anfangs der 80er-Jahre die zündende Idee mit dem Beckericher Quellwasser Wasser hatte. Nachdem er es hat analysieren lassen, stellt er fest, dass es von der Qualität her absolut mit bekannten ausländischen Wassermarken mithalten kann. 

Qualität des Mineralwassers wird streng kontrolliert

1985 fährt er zu einer Fachausstellung nach Paris und lernt dort den französischen Geschäftsmann Pierre Papillaud der ALMA-Gruppe kennen. Bereits am 19. Juli 1985 wird die Gesellschaft „Eaux minérales de Beckerich“ gegründet.

Wasser aus Beckerich

Die Erfolgsgeschichte des Beckericher Wassers begann vor etwas mehr als 35 Jahren. Der damalige Gemeindevater Jos Syler, Großvater des heutigen Bürgermeisters, lässt die exzellente Qualität „seines“ Quellen zertifizieren und das Wasser abfüllen. Die Gesellschaft „Eaux minérales de Beckerich“ kommt nicht nur dem lokalen Arbeitsmarkt zugute, sondern auch der Gemeindekasse. Um die 50 Leute arbeiten heute für die Beckericher Quellen und die Gemeinde ist als Aktionär am Gewinn beteiligt. 2019 wurden europaweit 93 Millionen Flaschen Mineralwasser und 71 Millionen Flaschen Sprudel aus Beckerich verkauft. 

Seitdem ist die Gemeinde Aktionär und nach wie vor Besitzer der historischen Quellen „Moelleschbour und Wäschbuer“ sowie der neu erschlossenen Quellen Ophélie I und II. In der Anlage hinter dem Einsatzzentrum des CGDIS wird abgefüllt, entweder als „Ophélie“, Beckericher“ oder „Cristaline“. Die Qualität des Mineral- oder Sprudelwassers wird streng kontrolliert, auch in diesen Ausnahmezeiten, sagt Bürgermeister Lagoda.

Beckerich ist eine sehr ländliche Gemeinde geblieben. Das sieht man bereits auf der Hinfahrt. Landschaftsmaler müssten ihre ganze Palette an Grüntönen nutzen. Es gibt noch etliche Bauernhöfe, die fast alle in der Hand einer jungen Generation sind, diverse Handwerksbetriebe, eine Biogasanlage und – nicht zu vergessen – das große Einkaufszentrum in Oberpallen.

Grenzerfahrungen

Wer die gesamte Vielfalt der Kommune erleben möchte, dem sei der „Rundwanderweg Beckerich“ angeraten. Rund 10 Kilometer ist er lang. Start und Ziel sind bei der Kirche. Er führt zunächst bis zur Kapelle auf dem „Kuelebierg“ (12. Jahrhundert). Er führt durch Wälder und über Lichtungen und dicht an der belgischen Grenze vorbei. Ein alter Grenzstein zeugt davon. Kontrolliert wird hier aber scheinbar nicht. Durch die Ortschaften Hovelingen und Hittingen geht es nach Beckerich zurück.

Regionalwährung Beki

Der Beki wurde 2013 ins Leben gerufen. Die ersten 1er-, 2er-, 5er-, 10er-, 20er- und 50er-Banknoten sind am 2. Januar vor sieben Jahren erschienen. Grundidee der komplementären Regionalwährung ist es, Kaufkraft an die Region des „Réidener Kanton“ zu binden und regionale Wirtschaftskreisläufe zu fördern. Der Wert eines Beki beträgt einen Euro. Beim Erwerb erhält man 103 Beki für 100 Euro. Verkauft man die regionale Währung, gibt es „nur“ 95 Euro zurück. Die Differenz fließt in die für die Verwaltung zuständige Asbl „De Kär“ sowie in wohltätige Projekte.

Dabei kommt man auch am Weiher und an der „Beckericher Millen“ vorbei. Eine Kulturstätte mit Mühlrad, Café und Restaurant. Jetzt ist geschlossen. Die Adresse sollte man sich jedoch merken, im Rahmen der „Vakanz doheem“. Erkunden lässt sich die Gegend besonders gut auch mit dem Fahrrad. In normalen Zeiten begegnen sich hier Cyclotouristen von nah und fern. Beckerich ist nämlich Etappe eines Fahrradweges, der London mit Rom verbindet, sagt der Bürgermeister.

Nicht ganz so weit ist es bis nach Oberpallen, wo 2019 die „Ballade transfrontalière“ eingeweiht wurde. Leider lassen belgische Polizisten zurzeit die Grenzerfahrung auf dem Wanderweg nicht zu. Zum Ausgangspunkt aber darf man sich begeben. Dort befindet sich auch eine Gedenkstele für Camille Gira. Vor allem Nostalgiker werden anschließend nach Beckerich zurückkehren – vielleicht ins bestbekannte Café „Beim Schluppert“ und zum Aperitif auf dessen im Schatten des Kirchturms gelegenen Terrasse.