/ Autark wohnen
Erdschiffe gibt es unter anderem in den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den skandinavischen Ländern. Jetzt soll auch in Luxemburg ein solches autarkes Haus entstehen. Im Gegensatz zum Ausland wird das „Äerdschëff“ hierzulande aber vom Staat getragen.
CELL
Das CELL (Centre for Ecological Learning Luxembourg) wurde 2010 gegründet. Es soll eine Plattform sein, die über postfossile Wirtschafts- und Lebensformen nachdenkt und diese umsetzt. CELL-Gründerin ist die Kulturanthropologin Katy Fox.
Acht Mitarbeiter zählt CELL inzwischen. Das in Beckerich ansässige Zentrum unterstützt die Gemeinden in Sachen Klimapakt, beteiligt sich an der Schaffung von Gemeinschaftsgärten und gibt Kurse in Nachhaltigkeit.
Die Idee des „Earthship“ stammt vom US-Amerikaner Mike Reynolds. In den 1970ern baute er in der Taos-Wüste in den USA das erste Erdschiff. Dabei handelt es sich um ein Gebäude, das autark ist und hierbei auf folgendem Prinzip basiert: Absolute Autonomie in der Trinkwasserversorgung, der Abwasseraufbereitung, der Stromversorgung, beim Heizen und in Sachen Ernährung. Es werden quasi nur wiederverwertbare Materialien für den Hausbau verwendet.
Auch in Luxemburg soll unter der Federführung des CELL ein solches Haus gebaut werden. Aus diesem Grund wurde extra die Arbeitsgruppe „Äerdschëff“ ins Leben gerufen. Die hintere Mauer des Gebäudes, das in unmittelbarer Nähe des Lyzeums entstehen soll, besteht aus neun Reihen Autoreifen, die mit Boden gefüllt werden. Die Mauer wird anschließend beworfen und isoliert, z.B. durch Hanf oder Miscanthus.
Die Südseite eines „Äerdschëffs“ besteht integral aus Glas. Somit wird viel Licht und die Sonnenwärme ins Haus geleitet. Die Zwischenwände des Hauses werden indes aus verschiedenen recycelbaren Materialien wie Holz, Zellulose, Lehm usw. gefertigt. Der Strom wird durch Solarzellen auf dem Dach oder Windturbinen gewonnen. Das Regenwasser wird auf dem Dach gesammelt und in einen etwa 30.000 Liter fassenden Tank geleitet. Es wird in einem biologischen Klärsystem behandelt, dann als Trinkwasser genutzt bzw. zum Duschen, danach zum Bewässern der Nutzpflanzen und zum Schluss für die Toilettenspülung.
Das Haus gegenüber des Cactus-Shoppingzentrums in Redingen/Attert beinhaltet neben zwei Zimmern, einer Küche, einem Büro, einem Versammlungsraum und Sanitäranlagen auch ein Treibhaus und einen sogenannten „Aquaponik-Raum“, wo Pflanzen und Fische (Tilapia-Buntbarsche) zusammen gezüchtet werden (siehe Kasten). Das ganze Haus wird 27 Meter lang und zwischen 7 und 9 Metern tief sein. Das „Äerdschëff“ in Redingen wird als „Öko-Zenter“ dienen, wo die Besucher mehr über dem Umweltschutz, die Ressourcen der Erde und die Nachhaltigkeit erfahren können. So ist geplant, dass Schulklassen das autarke Haus besichtigen und NGOs dort Seminare und Konferenzen veranstalten.
Ehe das spektakuläre Bauwerk fertiggestellt ist, wird aber noch etwas Zeit vergehen. Die Finanzierung sei sichergestellt, versicherte Katy Fox, eine der drei Projektverantwortlichen, gegenüber dem Tageblatt. Unterstützung kommt unter anderem von Leader Atert Wark, dem Nachhaltigkeitsministerium und der Oeuvre Grande-Duchesse Charlotte. Im Augenblick sei man noch dabei, letzte planerische Details zu erörtern und administrative Fragen zu klären. So liegt zum Beispiel noch keine Baugenehmigung vor. Die Verantwortlichen rechnen aber mit einem Baubeginn im nächsten Frühjahr.
Das Projekt in Redingen soll, im Sinne der Transition-Philosophie, vorrangig auf lokale oder regionale Ressourcen zurückgreifen. Für das „Äerdschëff“ wurde schon viel Baumaterial gesammelt. Es werden aber noch viele Werkstoffe benötigt wie Glas, Holz usw., so Katy Fox. Auch die Arbeitskräfte sollen aus der Region kommen. „Mitmachen ist hier ausdrücklich erwünscht“, so Fox. Viele Organisationen, Vereine und Firmen hätten sich schon bereit erklärt, bei der Verwirklichung des Gebäudes mitzuhelfen. Das „Atert-Lycée“ ist ebenfalls am Projekt beteiligt. Man sei aber weiterhin auf der Suche nach freiwilligen Mitarbeitern. Wer mitmachen möchte, kann das „Äerdschëff“-Team per Mail oder das Online-Formular kontaktieren.
Der Baupreis für das „Äerdschëff“ wird mit etwa 350.000 Euro angegeben. Die Bauzeit beträgt zwischen zwei und drei Monaten, wenn eine geübte „Crew“ das Haus baut. Im Fall des Erdschiffs in Redingen wird aber mit einer Bauzeit zwischen acht und zehn Monaten gerechnet. „Wir wollen die Leute dazu bewegen, etwas zu schaffen, und ihnen parallel bewusst machen, dass wir zu viele natürliche Ressourcen verbrauchen. Wird der aktuelle Konsum in Luxemburg auf die ganze Erde hochgerechnet, verbrauchen wir etwa acht Planeten pro Jahr“, so die gelernte Anthropologin. Deshalb sei ein globales Umdenken absolut notwendig.
- Roland Breyer, ein Leben im Dienst der Gemeinde - 17. September 2020.
- Roland Breyer, ein Leben im Dienst der Gemeinde - 17. September 2020.
- Klimafreundliche Mobilität - 13. September 2020.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos