Auf der Suche nach Menschlichkeit

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Von Marc Wengler und Armand Hoffmann

Noch bis zum 30. April sammeln die rund 2.000 ehrenamtlichen Helfer des Roten Kreuzes Spenden. Während 30 Tagen ziehen sie von Tür zu Tür. Das Tageblatt hat die Lokalsektion Rümelingen bei ihrer Sammelaktion begleitet.

„Wir engagieren uns seit etwa 50 Jahren für das Rote Kreuz und sammeln jedes Jahr fleißig Spenden für den guten Zweck“, erzählen die beiden netten Damen Alice Didier-Wilhelmy und Antoinette Poeckes-Krantz – ein Duo, das schon seit Jahren durch die Rümelinger Straßen zieht. In Begleitung des Sekretärs der Lokalsektion, Henri Haine, durfte das Tageblatt den ehrenamtlichen Helfern bei ihrer Arbeit über die Schultern schauen. Bereits im März wurden alle Straßen unter dem halben Dutzend Spendensammlern aufgeteilt. Schließlich soll die Klingel jedes Bürgers geläutet werden.

„Wir gehen jedes Jahr dieselben Straßen ab. Die Leute kennen einen und wissen sofort, worum es geht.“ Diese Nähe zum Bürger gestalte die ganze Aktion viel interessanter und ermögliche es ihnen, direkt über die Programme des Roten Kreuzes zu informieren. „Es bereitet uns viel Freude, mit den Menschen in Kontakt zu treten, mit ihnen zu plaudern und uns dabei auch noch für den guten Zweck einzusetzen“, sind sich die Sammler einig. Ohne diesen direkten sozialen Kontakt verliere man irgendwann den Bezug zu den Spendern. Schließlich sammelt die „Croix-Rouge“ fast die Hälfte ihrer jährlichen Spenden bei dieser karitativen Aktion. Dass die ehrenamtliche Arbeit durchaus Spaß machen kann, zeigt uns die Rümelinger Sektion auf dem Weg von Tür zu Tür.

„Es ist wichtig, seinen Mitmenschen zu helfen“

Stets zu zweit unterwegs und bemüht, alle Spenden ordnungsgemäß einzutragen, kann die fröhlichen Damen weder schlechtes Wetter noch eine verschlossene Tür aufhalten. „Wenn sich die Tür öffnet, gehen wir selten leer aus. Allerdings ist es teilweise schwierig, die Leute zu Hause anzutreffen. Viele müssen tagsüber zur Arbeit. Deshalb ist die erfolgreichste Zeit nachmittags.“ Doch erstaunlicherweise öffnen auch bereits am Vormittag viele Menschen erfreut die Tür, um ihren sozialen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Der Großteil zeigte sich dabei sehr spendierfreudig.

Doch wie schwierig sich die Hauskollekte gestalten kann, zeigt sich am Rückgang der ehrenamtlichen Helfer. „Die junge Generation ist leider viel zu sehr beschäftigt, um sich noch nebenbei ehrenamtlich betätigen zu können. Das finde ich sehr schade. Schließlich ist es wichtig, seinen Mitmenschen zu helfen“, bedauert Antoinette Poeckes-Krantz. „Ich bin damals wegen meines Mannes zur ‚Croix-Rouge‘ gestoßen und auch heute noch jedes Jahr mit voller Leidenschaft dabei.“


Kontrolle erwünscht

Um gegen die in letzter Zeit gehäuften Fälle von falschen Spendensammlern vorzugehen, weist das Rote Kreuz explizit darauf hin, dass seine Helfer immer mittels eines Namens- und Nummernschildchens gut identifizierbar sind. Im Zweifel lässt sich aber auch über die Telefonnummer 27 55 überprüfen, ob die freiwilligen Spendensammler tatsächlich zur „Croix-Rouge“ gehören. Die Spendenaktion läuft zudem auch nur bis zum 30. April. Die Polizei teilt auf Anfrage des Tageblatt mit, dass während des „Mois du don“ nicht mehr falsche Spendensammler gemeldet werden als das restliche Jahr über.


950.000 Euro in einem Monat

2.000 Freiwillige gingen 2016 während des „Mois du don“ von Tür zu Tür, um Spenden zu sammeln. Insgesamt kamen so 962.000 Euro zusammen. Die Gelder wurden in den Handlungsbereichen Gesundheit, Soziales, Jugend und humanitäre Hilfe in über 40 Diensten eingesetzt. Die Sozialläden des Roten Kreuzes („Croix-Rouge-Buttek“) werden fast gänzlich durch Spenden finanziert. Die Geschäfte ermöglichen es Menschen, die sich in einer finanziell prekären Situation befinden, Hygieneprodukte und Lebensmittel zu günstigen Preisen einzukaufen. Mit den acht Läden konnte 2016 insgesamt 2.036 Familien geholfen werden. Letztes Jahr wurden während des „Mois du don“ 950.000 Euro gesammelt. Vor allem die Initiative IRIS, die der zunehmenden Vereinsamung und Isolation schwächerer Menschen entgegenwirkt, wurde vergangenes Jahr unterstützt.


Lange Tradition

Die traditionelle Haus-zu-Haus-Aktion wurde 1945 unter dem Namen „Quinzaine du don“ ins Leben gerufen und stellt auch heute noch ein wichtiges Ereignis dar, das jährlich stattfindet. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die in der Vergangenheit getätigten Aktivitäten des Roten Kreuzes den Bedürfnissen der Gesellschaft neu angepasst. Dazu gehörte mitunter auch die Schaffung eines leistungsfähigen Systems zur Sammlung von Spenden – der jährlich ausgetragenen „Quinzaine de la Croix-Rouge“. Das ist eine Tradition, die bis heute erhalten geblieben ist. „Damals zog sich die Spendenaktion über 15 Tage, daher auch der Name ‚Quinzaine du don‘. Daraus entwickelte sich schließlich der Spendenmonat, unter anderem weil die Leute seltener zu Hause anzutreffen waren“, erklärt Henri Haine dem Tageblatt. Die Verlängerung der Aktion auf einen Monat nehme den Helfern, deren Anzahl stets zurückgeht, etwas Zeitdruck – sie müssen immerhin mehr als 35 Straßen in Rümelingen abklappern. „Wir organisieren auch noch spezifische Veranstaltungen im Rahmen des Spendenmonats. Am 21. April wird das Rote Kreuz in allen Cactus-Geschäften landesweit vor Ort sein, um die Menschen zu sensibilisieren.“ Den ganzen Monat über wird es den Cactus-Kunden zudem möglich sein, die Punkte, die sie für ihre Einkäufe erhalten, an die Organisation zu spenden. Allein in Rümelingen kamen hierdurch im vergangenen Jahr rund 9.000 Euro zusammen.