/ „Auch wir sind mit dem Virus angesteckt worden!“
Weil der aus Diekirch anreisende Verteidiger der als Nebenklägerin auftretenden Tochter der Patientin, die nur schleppend von ihrer Infektion informiert wurde, sich zu seinem am Mittwoch anberaumten Plädoyer kurzfristig abgemeldet hatte, verfügte der Verteidiger des Hauptverdächtigen über den gesamten Vormittag, um dem Gericht seine Position zu erklären.
Nachdem er eingangs seines Plädoyers sein Mitgefühl und das seines Klienten gegenüber den infizierten Patienten vermittelt hatte, lobte er die Prozessführung der darüber nicht sonderlich beeindruckten Präsidentin, um dann gleich die Ermittlungen sowohl der Polizei wie auch die des staatlichen Gesundheitsamtes als äußerst schlampig bis katastrophal zu bezeichnen.
Wenn ein Chefkrankenpfleger sich bei der Polizei mit der Aussage meldet, man habe Blutspuren in einer der Toiletten des OP-Personals gefunden, und man antworte ihm, er solle sie zusperren, bis jemand vorbei kommt, und ihm drei Tage später bei erneuter Nachfrage gesagt wird, er solle eine Kamera im Klo installieren, dann stimmt etwas nicht im Lande Schilda, meinte der Anwalt nicht gerade ohne Pertinenz.
Auch die „Santé“, die im Herbst mit der dornigen Affäre konfrontiert wurde, hat ihre vom Verteidiger als „statistisch“ ironisierten Aktivitäten erst im Frühling des darauf folgenden Jahres aufgenommen.
Überhaupt seien die Fakten, die auf eine im Dezember 1996 von seinem Mandanten entwendete Spritze mit Narkotika zurückgehen, in einer Zeitspanne untersucht worden, die im Burkina Faso sicher kürzer gewesen wäre.
Er verwies denn auch wie so oft auf den interpretationsschwangeren Paragraphen 6.1 der Menschenrechtsordnung, der vor jedem Prozess eine mit jurisprudenzieller Vernunft angemessene Ermittlungsdauer präkonisiert.
Virus kennt viele Wege
Zu den Fakten im Frühling 1998, die natürlich eine ganz andere Qualität haben aber auch unter einem Mangel an Aufsicht überhaupt erst ermöglicht wurden, sprach der Verteidiger von der Last, die seither auf seinem Mandanten drückt: „Es ist nicht leicht mit einer solchen Beschuldigung zu leben!“
Die Verteidigung kam dann auf die statistischen Erkenntnisse zusprechen, dass der Übertragungsweg der Viren bei 30 Prozent der Hepatitis C-Infizierungen nicht nicht zurückzuverfolgen seien. Der Weg über seinen Klienten als Wirt solcher Viren sei also einer von zahlreichen Wegen, über welche die fünf Patienten hätten infiziert werden können.
Nach diesem mit Bedingungsformen zugemüllten Satz, wendete sich der Anwalt der Patientin zu, an der sich sein Mandant ansteckte. Sie sei als Trägerin des Hepatitis C-Virus‘ ohne genauen Befund aus einer anderen Klinik eingeliefert worden, was nicht gerade für den lebenswichtigen Informationsaustausch im Gesundheitsbereich spricht.
Der Verteidiger nahm sich dann den Laborarzt vor, der vor Gericht behauptete, er habe den Brief der „Santé“ mit dem Hinweis, die Urinproben zum Fabrikanten zu schicken, nie bekommen, obwohl alle Indizien dem widersprechen.
Der Anwalt erging sich dann in einer ihm zugestellten Studie der Metaboliten, diesen Abbauprodukten im Prozess des Stoffwechsels, anhand derer die Präsenz des gesuchten Morphiumderivates besser und länger fixiert werden kann.
Dann bedauerte der Verteidiger noch die Aktion des Narkosearztes, der laut ihm „Emil und die Detektive“ spielte. Damals hätte man seinen Klienten gleich mit den Fakten konfrontieren sollen, statt all diesen Gerüchten erst so richtig Vorschub zu leisten.
Schließlich habe sich sein Mandant sehr kooperativ bei den folgenden Ermittlungen gezeigt, dies nicht zuletzt, weil er den Beruf, den er über alles liebte, nicht verlieren wollte.
Sollte das Gericht, im berechtigten Zweifel über den Übertragungsmodus, seinem Klienten denn doch eine Unaufmerksamkeit vorwerfen, plädiere er auf volle Bewährung und eine minimale Geldstrafe.
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