Ärzterat belastet Direktion schwer

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Neben drei Verteidigern der Direktion, die sich die Arbeit laut eigenen Aussagen vor der Präsidentin der siebten Kammer des Luxemburger Zuchtpolizeigerichtes, Paule Mersch, wohlweislich teilten, plädierte vor allem der Verteidiger des Orthopäden, der die sehr spät informierte Patientin an der Hüfte operierte. Carlo Kass

LUXEMBURG – Nachdem der Verteidiger des mitangeklagten Internisten schon vorgestern darauf plädiert hatte, dass es sich bei dieser Patienten damals nicht um eine „urgence médicale“ handelte, den beiden Ärzte also keineswegs „non-assistance à personne en danger“ vorgeworfen werden könne, ging der Anwalt gestern auf die Abwesenheit jedweden Dialogs zwischen der Direktion und den Ärzten ein, die mit einem „Këmmert Iech net drëm, dat geet Iech näischt un!“ abgespeist wurden.
In seiner eher bildhaften Sprache verglich er die Ärzte mit Milchkühen, die jeden Tag „in den Block“ geschickt wurden, ohne dass man sie von den Fakten in Kenntnis setzte. Einzig der Narkosearzt, der dem Hauptverdächtigen „auf die Finger schaute“, und sein Kollege, der aus Kanada Erfahrungen mit ähnlichen Vergehen mitgebracht hatte, wurden aktiv.
Dies aber sehr zum Erstaunen der scheinbar doch willigen Direktion, die sich weiterhin inaktiv, ja sogar repressiv zeigte, und so konnte die „Kette der Dysfunktionen“ ihren Lauf nehmen.
Auch der medizinische Direktor, der gleichzeitig der Direktion und dem Verwaltungsrat angehörte, schien seine Kolleginnen und Kollegen im obersten Aufsichtsgremium der Klinik mit einer solchen unschönen Sache schonen zu wollen.
Der Anwalt wunderte sich denn auch, dass, wie durch ein Wunder, neun Jahre nach den Fakten, und nachdem viele Liter an Kochsalzlösung durch die Infusion geflossen sind, plötzlich Bewegung in die finanzielle Entschädigung der infizierten Patienten kam. Dabei hatten die Klinik und die Ärzte, die immer wieder auf eine Entschädigung der Patienten pochten, die gleiche Luxemburger Versicherung.

Brief an die Mutter Oberin

Zum Eklat kam es dann aber, als der sich in Eifer geredete Anwalt einen auf den 18. Oktober 1999 datierten Brief des „conseil médical“ produzierte, der von allen 47 Ärzten des Klinikums unterschrieben war, und seinen Weg über die damalige Mutter Oberin sogar in die Räumlichkeiten des Bistums fand.
Darin geht die Rede eines vom Pflegepersonal bedauerten „autoritarisme dépersonnalisant affiché par la Direction“. Aber es kommt noch besser und wir wollen in extenso zitieren:
„Plus grave encore sont les affaires récentes qui nous préoccupent fâcheusement.
1. Et d’abord L’AFFAIRE, cette peste d’Hépatite C. Personne n’en aurait parié, personne ne l’aurait exploitée contre nous s’il n’y avait pas eu mauvaise gestion administrative dès le départ.
En effet si la Justice est capable de le confirmer, la vraisemblance plaide pour le scénario cauchemar suivant. Au début à un endroit stratégique, la salle d’opération, il y a suspicion d’abus de stupéfiants.
Les collègues infirmiers connaissant l’auteur présumé des faits ont eu l’interdiction formelle de la Direction des Soins d’en parler avec les Médecins: Par contre les Femmes de Ménage sont promues détectives des toilettes. Coup de génie noyé dans les chasses d’eau!
De fil en aiguille, le suspect devient un infecté et l’infecté un infectant. Et tout le monde est au courant avec cette fois-ci l’interdiction juridique d’en parler!
Quand on a une forte suspicion de culpabilité, on n’a plus une forte présomption d’innocence, surtout quand il s’agit d’un problème de Santé publique.
Cette interdiction juridique, imposée par des juristes mandatés par les gestionnaires mais manifestement très mal à l’aise avec ce dossier médical, est venue très mal à propos, comme un rat au fond de la soupe que l’on nous obligeait d’avaler.
Alertés par cette Hépatite C, les Chirurgiens de la Clinique dans leur lettre du 26.10.98 ont demandé au Directeur Médical de s’adresser d’urgence à la Direction de la Santé ainsi qu’au Parquet.
Nous apprenons par la suite que notre Clinique ne collabore avec la Santé que depuis Mars 1999 c’est-à-dire 4 mois (120 jours) plus tard.
La peste qu’on avait essayé d’étouffer avait eu tout le temps de s’étendre, donnant lieu à une polémique médiatisée parfaitement néfaste pour notre renommée à nous tous et manifestement incontrôlée par notre Direction.“
Und diese „in den Medien verbreitete Polemik“ wird uns Journalisten dann gerne als Sensationsgier angekreidet.
Nachdem man die Marathon-Verhandlungen dieses Prozesses bis dahin als Pressemann verfolgt hatte, was nicht alle unserer Kollegen für notwendig hielten, kommt man jedenfalls zum Schluss, dass alle Beteiligten von Glück reden können, dass in dieser Affäre nicht noch mehr Patienten infiziert wurden.
Eine andere Schlussfolgerung wäre mit der Beobachtung verbunden, dass in einem gut funktionierenden und sozial ausgerichteten demokratischen Staat keine von der öffentlichen Hand finanziell massiv unterstützen Privatkliniken und -schulen mit transzendentalem Charakter mehr gebraucht werden.