Apartments sind zu klein

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Acht Prozent der Luxemburger Einwohner leben in überbesetzten Wohnungen. Das geht aus einer rezenten Studie des CEPS hervor./ Lucien Montebrusco

In seinem 1845 erschienenen Werk „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ beschrieb Friedrich Engels die menschenverachtenden Bedingungen, unter denen Arbeiterfamilien im damaligen London leben mussten: überbevölkerte Mietwohnungen, bar jeder elementarer Sanitäreinrichtungen, in schmutzigen Gassen. „In den Pfarren St. John und St. Margaret in Westminster wohnten 1840 nach dem Journal der Statistischen Gesellschaft 5.366 Arbeiterfamilien in 5.294 ‚Wohnungen‘ – wenn sie diesen Namen verdienen –, Männer, Weiber und Kinder, ohne Rücksicht auf Alter oder Geschlecht zusammengeworfen, zusammen 26.830 Individuen, und von der obigen Familienzahl hatten drei Viertel nur ein einziges Zimmer.“
Von derlei Verhältnissen ist Europa glücklicherweise längst weg. Doch überbevölkerte Wohnungen sind auch im 21. Jahrhundert noch ein Thema. Wobei sich über die Kriterien, wann eine Wohnung als überbelegt gilt, streiten ließe (siehe nebenstehenden Kasten).

Raumnot, einsubjektives Empfinden

Auch Luxemburg kennt überbevölkerte Wohnungen. Acht Prozent der Bewohner lebten im Jahr 2007 in derlei engen Verhältnissen, so eine rezente Studie des Forschungsinstituts CEPS/Instead. In den meisten Fällen (88%) würde laut EU-Kriterien zur Berechnung des minimalen Wohnungsplatzbedarfs ein Zimmer fehlen. Bei 12 Prozent der Fälle würden zwei und mehr Räume fehlen.
Das Gefühl, ihre Wohnung sei für ihre Familie zu klein, haben 12 Prozent aller Befragten, vier Prozent mehr als nach EU-Kriterien ermittelt.
Nicht alle in überbevölkerten Wohnungen lebenden Personen empfanden ihre Wohnung als zu eng. 45 Prozent sagte, sie entspreche ihren Bedürfnissen. 55 Prozent zufolge sei sie zu klein. Diese Zahlen würden die Situation „entdramatisieren“, wie sie sich ausgehend von den EU-Definition ergebe, so die Autoren der Studie. Schließlich würde fast jeder Zweite angeben, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Raum zufrieden zu sein.
Am häufigsten anzutreffen sind überbevölkerte Wohnungen in Apartmenthäusern. 22 Prozent der Apartmentbewohner leben in überbesetzten Wohnungen. Bei Individualhäusern sinkt diese Rate auf 2 Prozent. Am häufigsten betroffen sind junge Menschen bis 24 Jahre.
Wohnraumnot trafen die CEPS-Forscher insbesondre bei Haushalten an, deren Vorstand aus einem Nicht-EU-Land stammt. 26 Prozent der Bewohner von derlei Haushalten lebten in zu kleinen Wohnungen. Bei den Luxemburger Haushalten fällt der Anteil auf drei Prozent zurück. Nicht überraschen dürfte ebenfalls, dass armutsgefährdete Haushalte in engeren Verhältnissen leben müssen.
Am häufigsten anzutreffen sind überbelegte Wohnungen in urbanen Zentren. Für Luxemburg-Stadt und Esch/Alzette belief sich dieser Wert 2007 auf jeweils 15 Prozent. In den anderen Landesteilen waren es 5 Prozent.
Mit zunehmendem Alter sinkt der Anteil der Personen, die in überbevölkerten Wohnungen leben.
Grundlage der Untersuchung sind die Ergebnisse einer regelmäßigen Umfrage von CEPS/Instead bei 3.500 Personen.
(Quelle: Alessio Fusco, Antoine Haag: Des logements surpeuplés au Luxembourg? Vivre au Luxembourg. CEPS/Instead) 

o 17 Prozent: Das war 2007 der EU-Durchschnittswert für Personen die in überbevölkerten Wohnungen leben (ohne Bulgarien). Den niedrigsten Stand hatten die Niederlande mit zwei Prozent, den höchsten Lettland mit 59 Prozent.

o 12 Quadratmeter ist die Mindestfläche, die einer Person in ihrer Wohnung zur Verfügung stehen muss. Für jede weitere Person in derselben Wohnung kommen neun Quadratmeter hinzu. Das sieht das großherzogliche Reglement vom 25. Februar 1979 vor, das die Kriterien für die Mietwohnungen und deren sanitäre und hygienische Mindestausstattung festlegt.

o 20 Quadratmeter pro Person wies die Wohnung auf, deren Bewohner laut CEPS-Studie über Raummangel klagten. Ihre Wohnung war laut EU-Definition überbevölkert.

o 56 Quadratmeter: Über diese Wohnfläche verfügten im Jahr 2007 im Schnitt jene Personen, die nicht in überbevölkerten Wohnungen lebten.

o 3.300 neue Wohnungen werden jährlich in Luxemburg benötigt. Zwischen 2001 und 2006 wurden pro Jahr durchschnittlich 2.240 Wohnungen gebaut.