Angestellter bediente sich aus „schwarzer Kasse“

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Ab und zu hatte man gestern Nachmittag vor Gericht den Eindruck, als gehörten da noch einige andere vor den Kadi zitiert. Es ging beim Prozess vor der 7. Kammer um den Angestellten eines großen Bau- und Heimwerkermarktes aus dem Zentrum des Landes, dem regelmäßige Griffe in eine „schwarze Kasse“ vorgeworfen werden. François Besch

Luxemburg – C.W. steht kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand. Er arbeitet derzeit noch bei einer Treuhandgesellschaft als Buchhalter. In der gleichen Funktion hatte er jahrelang bei einem großen Bau- und Heimwerkermarkt aus dem Zentrum des Landes gearbeitet. H., der damalige Besitzer des Unternehmens, war immer sehr zufrieden mit der Arbeit von W., den er dafür sogar, neben dem eigentlichen Gehalt, mit einer Eigentumswohnung an der belgischen Küste und einem kleinen Haus in der Provence belohnt hatte. Das sei, so der Angeklagte gestern, eine Art „Gratifikation“ gewesen und auch andere Angestellte des Unternehmens hätten von solchen „Geschenken“ profitieren können. H., so die vorsitzende Richterin, sei demnach ein recht generöser „Patron“ gewesen. Zwischen 1995 und seiner Entlassung im Jahr 1999, so lautet die Anklageschrift, soll sich W. trotz dieser Generosität massiv aus der Kasse der Firma bedient haben. Bis zu 10.000 Franken täglich soll er entwendet haben. W. selbst gibt zu, zwischen 5 und 7 Millionen Franken auf diese Art und Weise an sich genommen haben. Was der ganzen Affäre jedoch die nötige Würze gibt, ist die Tatsache, dass die genaue Höhe der entwendeten Gelder wohl niemals ermittelt werden kann, da es sich um… Schwarzgeld handelte. In der Tat wurde, das bestätigten im Laufe des Prozesses auch mehrere Zeugen, neben der offiziellen Buchführung auch eine „schwarze Kasse“ geführt, über die lediglich unregelmäßige Eintragungen vorliegen. So wurde, wie W. erklärte, lediglich eingetragen, was in diese Kasse kam, jedoch nie, was herausgenommen wurde.

„Was der kann, kann ich auch“

Der Geschäftsführer, so erklärte der Angeklagte gestern, habe diese Kasse selbst auch nie kontrolliert, er sei aber jeden Monat einmal vorbeigekommen, um sich zu bedienen. Mindestens eine Million Franken habe H. dann jeweils an sich genommen. So sei auch er auf die Idee gekommen, sich aus dieser Kasse zu bedienen, betonte der Angeklagte. Mit dem entwendeten Schwarzgeld vertrieb er sich die Zeit in den verschiedenen Casinos der Großregion. Allein in Mondorf soll er, das wurde ermittelt, mehr als 360.000 Franken verspielt haben. Erst als W. 1999 wegen anderer Vorkommnisse entlassen und ein neuer Buchhalter eingestellt wurde, sollten die fehlenden Gelder bemerkt werden. Sein ehemaliger, inzwischen verstorbener Arbeitgeber erstattete daraufhin Anzeige. Mehr als acht Jahre sind ins Land gegangen, bis dass W. nun endlich der Prozess gemacht wurde. Immer wieder war es zu Verschleppungen bei den Untersuchungen gekommen. Me Penning, W.s Verteidiger, plädiert daher unter anderem auch dafür, das Verfahren als unzulässig zu erklären und verlangt für seinen Klienten den Freispruch.

5 oder 50 Millionen Franken?

Wie bereits erwähnt, ist unklar, wie viel Geld W. in Wirklichkeit entwendet hatte. Die Zivilpartei hat durch das Finanzprüfungsunternehmen Arthur Andersen eine Untersuchung durchführen lassen. Sie verlangt aufgrund dieser Untersuchung eine Entschädigung von mehr als 50 Millionen ehemaliger Franken. Der Angeklagte gibt jedoch, wie eingangs erwähnt, lediglich zu, deren 5 bis 7 gestohlen zu haben. Und noch eins ist unklar: Die Staatsanwaltschaft hat herausgefunden, dass W. zwischen 1995 und 1998 Mitglied des Verwaltungsrates der Firma gewesen sein soll, was dieser jedoch hartnäckig bestreitet. Er höre zum ersten Mal davon, so W. gestern. Die Wahrheitsfindung in dieser Affäre ist alles andere als einfach: Lügt der Angeklagte und war er wirklich Mitglied des Verwaltungsrates, sodass er wegen Veruntreuung und Vertrauensbruch verurteilt werden muss, oder sagt er die Wahrheit und kann lediglich wegen „vol domestique“ verurteilt werden? Und müsste dann nicht noch jemand zur Verantwortung gezogen werden? Wegen Dokumentenfälschung beispielsweise? Die Staatsanwaltschaft forderte schließlich gestern gegen W. eine angepasste Geldstrafe. Das Urteil ergeht am 28. September