Amalgam: Sondermüll oder Hilfsmittel?

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Schon seit mehreren Jahrzehnten streiten sich Befürworter und Gegner über den Gebrauch von Amalgam bei Zahnfüllungen. Claude Molinaro

Als Amalgam bezeichnet man Vermischungen aus verschiedenen Metallen mit Quecksilber. In der Regel besteht solch eine Legierung heute aus Silber, Zinn, Kupfer, Indium, Zink und Quecksilber. Bedenklich ist vor allem das Quecksilber. Es ist ein flüssiges Metall, das ist diesem Zustand nicht besonders gefährlich ist. Seine Dämpfe sind jedoch sehr giftig, und es verdampft schon bei Zimmertemperatur. Die Symptome bei einer akuten Vergiftung durch Quecksilber sind Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen und trockener Mund. Im Mittelpunkt der Diskussion um das Amalgam in Zahnfüllungen stehen die Fragen, ob der menschliche Organismus geringe Mengen von Quecksilber verträgt, ohne dass es ihm schadet, und ob die Amalgamfüllungen in den Zähnen stabil sind. Bereits 1833 kam es in den Vereinigten Staaten zu einem Streit über Amalgamfüllungen. Zeitweilig wurde der Gebrauch von Amalgam in der US-Zahnmedizin sogar verboten. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts flammte der Streit in Deutschland wieder auf. Aufgrund eines Artikels mit dem Titel „Die Gefährlichkeit des Quecksilberdampfes“ kam es zu einer langjährigen Kontroverse. Der Autor des Artikels, der Doktor für Chemie Alfred Stock, warnte vor der Toxizität des Giftes. Für ihn war nicht die Dosis ausschlaggebend, sondern die Dauer, während welcher der Körper dem Gift ausgesetzt ist. In dem selben Artikel bezeichnet Stock Amalgam als eine instabile Legierung, die ständig Quecksilber freisetzt. Vier Jahre später veröffentlichte er eine weitere Abhandlung zu dem Thema mit dem Titel: „Amalgamfüllungen und chronische Quecksilbervergiftung.“ In den folgenden Jahrzehnten gab es immer wieder Untersuchungen, die auf den Zusammenhang von Quecksilbererkrankungen und Amalgamfüllungen hinwiesen. So hielten Experten der schwedischen Sozialbehörde 1987 fest: „Amalgam war und ist ein toxikologisch ungeeignetes Füllungsmaterial. In dem nordeuropäischen Land war Amalgam auch fast verboten worden. Der Beitritt zur EU verhinderte dies jedoch, die Verwendung wurde jedoch stark eingeschränkt. In der Sowjetunion wurde Amalgam bereits 1975 verboten, in Singapur in den 80er Jahren. Auch in Norwegen wurde Amalgam vor kurzem wegen des Anteils von Quecksilber verboten. Seit den 80er Jahren ist das Thema wieder eines der großen gesellschaftlichen Konfliktstoffe. Mit Schlagwörtern wie „das Gift oder Sondermüll in unserem Mund“ wurde die Diskussionen emotional angeheizt. Da ein Großteil der Bevölkerung der westlichen Welt davon betroffen ist, sei es schwierig, „auf diesem Gebiet mit nüchterner Rationalität dem tatsächlichen Stand nachprüfbaren Wissens aus Wissenschaft und Forschung Gehör zu verschaffen, meint der Münchner Ordinarius für konservierende Zahnheilkunde, Reinhard Hickel. In einem Bescheid des deutschen Ministeriums für Arbeit und Medizin vom 31. März 1995 findet sich ein Hinweis auf die „möglicherweise ernsten Gefahren aufgrund der mit der Anwendung von Amalgam einhergehenden Quecksilberbelastung“.

Pro und Contra

In ihrer Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades der Zahnheilkunde im Jahre 2004 sagt die deutsche Zahnärztin Ingrid Müller-Schneemayer, dass bis heute die öffentliche Diskussion von dem öffentlichen Interesse beeinflusst werde. Leider werden, so die Ärztin, fachinterne Bemühungen kaum wahrgenommen. Diese Aussage muss allerdings stark relativiert werden, da beide Seiten wissenschaftliche Studien bemühen, um ihre Thesen zu belegen. Blättert man die Fachliteratur zu dem Thema durch, wird mehrere Male das „Kieler Amalgam-Gutachten“ von 1997 genannt, in welchem steht, dass zahnmedizinische Lehrbücher, Dissertationen und Fachaufsätze eine millionenfache fehlerhafte Anwendung des Amalgams belegen. Die Befürworter des Amalgams dagegen behaupten, dass es weitaus stabiler sei als alternative Füllungen. Dies ist eine der Behauptungen, die von den Gegnern infrage gestellt wird. Durch Korrosion z.B. würde das Quecksilber aus der Mischung herausgelöst. 1983 habe eine Studie ergeben, so der Verfasser des Buches „Amalgam, Mitgift der Menschheit“, Guy Schmit, dass ein Drittel der Amalgamfüllungen bereits zum Ende des ersten Jahres Zeichen von Korrosion aufzeigten und dass nach zehn Jahren nur noch 17 Prozent aller Füllungen intakt waren.
Unter den Befürwortern des Amalgams befindet sich der französische Zahnarzt Michel Goldberg, der in der Ausgabe von „Le chirurgien dentiste de France“ vom 21. Februar 2008 schreibt, dass Amalgam schon 150 Jahre bekannt sei und bis jetzt keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit bekannt seien. Es würde höchstens ein Patient von 2.500 an einer Allergie leiden, und das sei eine sehr pessimistische Schätzung. Bis dato konnte ebenfalls kein Zusammenhang bewiesen werden zwischen dem Quecksilber im Amalgam und Krankheiten wie Parkinson, Multiple Sklerose, Alzheimer usw. Ob Amalgam schlussendlich schädlich ist oder nicht, kann der Laie kaum selbst entscheiden, da die Informationen von beiden Lagern beeindruckend und im wahrsten Sinne des Wortes überwältigend sind. Mehr über das Thema erfahren Sie auf der Webseite von „Akut“, einer luxemburgische Vereinigung, die sich mit dem Problem Schadstoffbelastungen beschäftigt, www.akut.lu