Altpapier statt Archiv-Regal

Altpapier statt Archiv-Regal
(Tageblatt/François Aussems)

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Ein neues Gesetz über das "elektronische Archivieren" soll große Lager mit Tausenden Akten in Luxemburg bald überflüssig machen – und außerdem neue Firmenzentralen nach Luxemburg locken.

Viele Unternehmen kennen das: Staubige Kellerräume mit eng an eng stehenden Regalen in denen sich Akten mit ellenlangen Aktenzeichen tummeln. Das kostet Platz und Geld. Bislang ist es so, dass im Streitfall das Originaldokument, also jenes aus Papier, maßgebend ist. Die Unternehmen müssen also alle Verträge und wichtigen Dokumente über Jahrzehnte aufbewahren. Eine eingescannte Kopie konnte bislang dieses Original rechtlich nicht ersetzen. Das regelte Artikel 1333 des „Code Civil“.

Die Luxemburger Regierung will nun Abhilfe schaffen. Mit einem neuen Gesetz, das am letzten Freitag mit dem Ministerrat erfolgreich die erste Hürde auf dem Instanzenweg gemeistert hat, soll das elektronische Archivieren einen neuen rechtlichen Rahmen bekommen. Damit eine elektronische Kopie das Original auf Papier ersetzen kann und dieses zum Altpapier kann, ist es wichtig, dass
verschiedene Normen eingehalten werden.

Dokument mit digitaler Unterschrift

Das Dokument muss u.a., so erklärte Wirtschaftsminister Etienne Schneider, der das „Projet de loi“ am Montag der Presse vorstellte, so angelegt sein, dass es nicht manipuliert werden kann. Ein solches Dokument solle eine digitale Unterschrift haben, die bei Manipulation – wenn zum Beispiel versucht wird, Zahlen darin zu ändern – beschädigt wird.

Zudem müsse dafür Sorge getragen werden, dass das Dokument immer abrufbar sei, ergo immer in einem aktuellen Dateiformat vorhanden sei. Solch digital aufbewahrte Dokumente seien auch im Ausland gültig, bestätigte der Minister.
Zudem schafft das neue Gesetz den Status eines „Prestataire de services de dématérialisation ou de conservation“, kurz PSDC. Unter einem PSDC versteht man ein Unternehmen, das geprüft worden ist und dem von offizieller Stelle attestiert worden ist, dass es bei seinen digitalen Archivarbeiten die betreffenden Normen einhält. Drei Formen von PSDC soll es geben: jene, die Dokumente vom Papier auf den Rechner bringen, jene, die die Dateien aufbewahren, und jene, die beides tun.

Attraktiv für Firmenzentralen

Um digital zu archivieren, muss ein Unternehmen diesen Status zwar nicht haben. Er kehre aber, so der Minister, im Streitfall die Beweislast um. Zweifelt jemand ein elektronisch archiviertes Dokument an, dann muss ein Unternehmen ohne PSDC-Status beweisen, dass es alle Güteregeln eingehalten hat. Hat der Archivar den PSDC-Status, liegt die Beweislast bei der Gegenpartei.

Elektronisch archivieren können Unternehmen entweder selber oder aber Dritte damit beauftragen. Einzige Einschränkung: Archiviert ein Dienstleister im Auftrag von Banken, dann braucht er den Status eines „Professionnel du secteur financier“.
Von dem neuen Gesetz und von der Tatsache, dass Luxemburg das erste Land in Europa ist, das ein Gesetz dieser Art hat, erhofft sich Minister Schneider positive Auswirkungen auf die Wirtschaft. Beispielsweise könnten „internationale Gruppen“ entscheiden, ihren Hauptsitz nach Luxemburg zu verlegen.

Die Einsparungen durch den Wegfall eines Archivs könnten enorm sein, glaubt der Minister. Ihm sei ein Fall bekannt, in dem ein Unternehmen etwa eine ganze Etage weniger bauen müsse, wenn das Gesetz in Kraft tritt.
Von dem Gesetz ausgenommen sind bislang „actes authentiques“, zum Beispiel notarielle Dokumente. In einer zweiten Phase wolle man prüfen, ob man für sie den gleichen Weg beschreiten wolle, so Schneider.
Der Minister rechnet damit, dass das Gesetz noch in diesem Jahr in Kraft tritt.