Alles öko-bio, oder was?

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Die Vorstellungen über fundamentalistische, Kerne und Müsli essende „Waldschrate“ als typische Repräsentanten von „öko“ und „bio“ sind längst passé. Die Begriffe stehen heute für modern und bewusst lebende Menschen, die sich gesund ernähren, Energie nicht sinnlos vergeuden und dazu noch das vernetzte Sozialdenken auf ihre Fahne geschrieben haben, ohne religiöse Glaubensgelübde.

LUXEMBURG – Die 22. Auflage der Messe in den Kirchberger Ausstellungshallen war dann auch der Ausdruck eines Sinneswandels, der sich innerhalb historisch kürzester Zeit mit Lichtgeschwindigkeit vollzogen hat, obschon dieser Zeitraum manchem verzweifelten Kämpfer für eine bessere Umwelt wie eine Ewigkeit vorkommen mag.
Inzwischen haben die Pioniere der ökologischen Bewegung den alles regulierenden (?) Markt erkannt, und dieser Markt seinerseits hat die Ökologie und ihre potenziellen Nischen entdeckt. Und zwar in einem solchen Maße, dass man das Streben nach der besseren Welt und alle Wege dorthin schwer vom „Business as usual“ unterscheiden kann. Bezeichnend deshalb auch das Motto der „Oeko-Foire ’09“, das in der Aufforderung gipfelt: „Ökologisch einkaufen, Sie haben die Wahl!“
Diese Messe, organisiert von Mouvement écologique, Oeko Zenter und der Stiftung Öko-Fonds, sollte man aber auch als angehender Öko-Freak besucht haben, denn es ist eine einzigartige Möglichkeit, sich von verkrusteten Klischees zu befreien.

Wider hartnäckigeVorurteile

Wider hartnäckige Vorurteile: Zum Beispiel jenen, dass biologisches Essen sich auf vegetarische oder vegane Feinkost reduziert. Wenn Bäcker bereits seit langem hunderte Sorten von Kernen-Brötchen backen (wie verschiedene bereits etablierte luxemburgische Firmen dies auf der Messe demonstrieren), so hat sich Bio-Fleisch erst vor kurzem auf dem luxemburgischen Markt etabliert. Mit einem Anspruch auf gehobene Qualität und einem Geschmack, der „nicht-koscheren“ Produkten in nichts mehr nachsteht.
Die zur Messe engagierten Sterne- und Spitzenköche konnten bei der Demonstration nicht nur ihre Kochkünste unter Beweis stellen, sondern auch mit sündhaften Verführungen winken, die eine solch gesunde Küche bietet. Abrunden kann man die Gaumenfreuden mit einem der zahlreichen Bio-Weine und einen reinen „Obstler“ gibt’s zum Digestif obendrauf.
Auch das Angebot aller möglichen Kleidungsstücke lässt aufhorchen, wobei der clevere Schuhproduzent nachweisen will, dass eine ökologische Fußbekleidung etwas mehr sein kann als ausgelatschte Sandalen oder ruppige Stiefel, und der Textil-Fabrikant, dass Röcke, Blusen, Pullis und Hosen aus Lama- oder Mufflon-Wolle nicht wie ausgewaschene und abgetragene Säcke aussehen müssen, sondern durch ihr farbenfrohes Design begeistern können.
Kurzum, die „Oeko-Foire“ war auch dieses Jahr laut Aussagen der Veranstalter „wieder ein Schauplatz für Produkte, Dienstleistungen und Innovationen aus dem ökologischen und sozialen Bereich“. Mit Animationen für Kinder und einem unaufdringlichen kulturellen Rahmenprogramm mit u.a. dem Duo Iguazu, dem Jitz Jeitz Quartet und mit Powermann Georges Christen.
Da Öko seinen Einzug heute bereits in alle täglichen Lebensbereiche gehalten hat, hat die Produktpalette von der Wiege bis zur Bahre, vom Heizen bis zur wassersparenden Dusche, vom gesunden Schlaf auf ergonomischen Matratzen bis hin zum Fastenaufenthalt im Kloster fast alle Nischen abgedeckt.
Highlights außer dem Rahmen waren auf der diesjährigen Messe die Karikaturen-Ausstellung „Green Economy“, bei der 120 ausgewählte Werke vorgestellt wurden, und die Expo in der Expo über die Faszination der Bienenwelt.
Ist aber auch bio drin, wenn bio draufsteht? Das ist in letzter Zeit eine der wichtigsten Fragen, die sich umweltbewusste Verbraucher stellen, wenn sie bei ihren Einkäufen der internationalen Lebensmittel-Mafia ein Schnippchen schlagen oder die Fair-Trade-Bewegung in der Dritten Welt unterstützen wollen.
Die während der Messe von uns befragten Aussteller waren formell und kategorisch, wenigstens was das Angebot bei der „Oeko-Foire“ betrifft.
Dafür gebe es ökologische Mindestkriterien, die so zusammengefasst werden können: „So dürfte die Herstellung, die Verarbeitung und die Entsorgung der ausgestellten Produkte nur geringstmögliche Umwelt- und Gesundheitsbelastungen mit sich bringen, einen niedrigen Energie- und Transportaufwand aufweisen und so weit als möglich nach dem Prinzip der geschlossenen Kreisläufe und des Ressourcenschutzes produziert werden. Die ausgestellten Produkte, inklusive Verpackung, dürfen nicht aus Rohstoffen bestehen, die aus ökologischer Sicht problematisch sind wie z.B. PVC, Tropenholz. Zudem müssen alle ausgestellten Produkte den Kriterien eines sozial gerechten Handels entsprechen.“
Das klingt etwas geschwollen, ist aber eindeutig. Wenigstens für die Organisatoren der Messe, die angesichts des Publikumserfolgs im kommenden Jahr eine Neuauflage erleben wird. Ob diese Kriterien im profitorientierten Handel ihre Geltung behalten, steht auf einem anderen Blatt.FH