Abschied ohne Trauer

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Sechs Wochen nach dem Beginn des neuen Schuljahrs befasste sich das Parlament gestern auf Initiative der DP mit einer ersten Analyse des neuen Grundschulunterrichts./ Léon Marx

Eugène Berger (DP) stellte der Unterrichtsministerin gestern schlechte Noten aus. Die Weiterbildung der Lehrer müsse strukturierter und verpflichtender werden. Auch die Information des Inspektorats lasse zu wünschen übrig, was zu unterschiedliche Interpretationen führe. Zu viel Bürokratismus und administrativer Aufwand für die Evaluation sowie schlecht funktionierende Elternkomitees waren weitere Kritiken des Redners.
Geradezu vernichtend fiel die Analyse von Fernand Kartheiser (ADR) aus. Nur ein Punktesystem erlaube eine objektive Bewertung. Ohne konkrete Probleme auch nur anzureißen sprach er von einer „populistischen Schulpolitik, die dem Land keinen Dienst leistet“.
Es sei zu früh für eine Bilanz, fand Gilles Roth (CSV). Bei der Umsetzung habe es sicherlich einige Startschwierigkeiten gegeben, die CSV stehe aber nach wie vor zu der Reform, die das Schulsystem fit für die Zukunft mache. Die Reform stehe und falle aber mit dem Engagement der Akteure. Die CSV begrüße den Einsatz vieler Ausbilder. Im Interesse der Kinder und im Respekt zu den Kollegen müssten sich aber alle an die Spielregeln halten. Auch die Zusammenarbeit mit den Eltern gehöre zum Lehrauftrag und müsse ernst genommen werden.
Ben Fayot (LSAP) bestritt nicht, dass es Anlaufprobleme gab. Das Ziel mehr Chancengleichheit für alle bedeute natürlich einen gewaltigen Kraftakt.
Auch für Claude Adam hat die Umsetzung der Reform „im Großen und Ganzen relativ gut geklappt“. Einziges reales Problem sei, dass es noch kein richtiges Pool an Ersatzlehrern gebe.
Er bedauerte vor allem, dass sich im Zuge der Reform die Betreuungsstrukturen und die Schulen nicht näher gekommen seien. Ein nachdrückliches Ja gab es zur Evaluation, als Kernelement der Reform.
Unterrichtsministerin Mady Delvaux-Stehres gab zu bedenken, dass es sich um eine grundlegende Systemreform handelt. Dass die Umsetzung nicht einfach werde, sei jedem von Anfang an bewusst gewesen. Nicht gelten ließ sie die Kritik von DP-Chef Claude Meisch und deponierte demonstrativ einen Berg von Infomaterial auf dem Pult des Parlamentspräsidenten.
Das alles sei dem Lehrpersonal zugänglich gewesen. Und sie sei „davon ausgegangen, dass in der Schule alle lesen können“. 

o Zyklus: Ab diesem Schuljahr ist die Grundschule in vier Zyklen eingeteilt, die die Organisation nach Schuljahren ersetzen. Der erste Zyklus besteht aus der fakultativen „éducation précoce“ und der Vorschule. Die Zyklen 2, 3 und 4 entsprechen der ehemaligen Primärschule. Jeder dieser Zyklen hat eine Dauer von zwei Jahren.
o Kompetenzen: Ein Schüler hat eine Kompetenz erworben, wenn er fähig ist, das Gelernte anzuwenden, und dies nicht nur in einer Klassenarbeit, sondern in verschiedenen Situationen des alltäglichen Lebens. Verschiedene Kompetenzen werden als notwendig angesehen, um andere Kompetenzen aufzubauen. Zusammen bilden sie den Kompetenzsockel, die Bildungsstandards.
o Pädagogische Zusammenarbeit: An den Schulen sind alle Lehrer eines Zyklus in einer „équipe pédagogique“ zusammengefasst, in der sie ihre Erfahrungen austauschen und die Arbeit gemeinsam organisieren. Jede „équipe“ nennt für ihren Zyklus einen Koordinator.
o Evaluation: Am Ende jedes Zyklus wird den Eltern und den Schülern eine Bilanz ausgehändigt. Diese informiert über die angeeigneten Kompetenzen und ob das Kind die notwendigen Kompetenzen besitzt, um in den nächsten Zyklus zu wechseln.
Die Schüler des zweiten Zyklus erhalten am Ende jedes Trimesters eine Zwischenbilanz, ohne Noten, die Aufschluss gibt über den Stand ihrer Kompetenzen. In den Zyklen 3 und 4 werden die traditionellen Zeugnisse momentan noch im Schuljahr 2009-2010 beibehalten.
o Schulkomitees: Jede Schule bestimmt ein Schulkomitee und ernennt dessen Präsidenten. Dieses Komitee ist unter anderem zuständig für die Schulorganisation und die Zusammenarbeit mit den Eltern. Im Herbst wählen die Eltern wenigstens zwei Vertreter, die sich mit dem Schulkomitee absprechen. Aus organisatorischen Gründen ist die Schulkommission der Gemeindenfür die ersten Wahlen der Komitees und der Elternvertreter verantwortlich.