4 FRAGEN AN Michel Wurth

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Tageblatt: Eine Radiostation hat gestern Gerüchte verbreitet, wonach ArcelorMittal Liquiditätsprobleme habe? ...

Tageblatt: Eine
Radiostation hat gestern Gerüchte verbreitet, wonach ArcelorMittal Liquiditätsprobleme habe?
Michel Wurth: „Das stimmt nicht. Die Leute, die bei uns arbeiten, werden ihren Lohn diesen Monat und auch in Zukunft bekommen. Es ist traurig, wenn man solche Gerüchte aufgreift und mit den Ängsten der Menschen gespielt wird.“

„T“: Wie erklären Sie sich denn solche Gerüchte?
M.W.: „Die europäischen Automobilkonzerne verkaufen weniger Autos, also haben sie beschlossen, im vierten Quartal massiv auf die Bremse zu treten. Die folge ist, dass sie uns kein Blech mehr abkaufen. Also fahren auch wir die Produktion zurück und kaufen bei unseren Lieferanten weniger ein. Wir müssen weniger produzieren, weil unsere Kunden weniger einkaufen. Das erklärt, warum einige unserer Anlagen stillstehen. Das hängt aber vom Produkt ab. Die Walzstraße für Spundwände auf Belval läuft normal. Es handelt sich da um langfristige Projekte. Auf den Anlagen in Schifflingen und in Rodange, die Betonstahl herstellen, läuft es langsamer. Die Lagerbestände sind hoch.
Hier fahren wir Feierschichten. Leute, die noch Urlaub oder Ruhetage haben, greifen auf diese zurück. Oder sie nehmen an Weiterbildungskurse etwa über Sicherheit am Arbeitsplatz teil. Wir vergeben
weniger Arbeiten an externe Unternehmen. In Luxemburg haben wir noch den CDR. Er wird in den nächsten Wochen 100 bis 200 Personen mehr zählen als üblich. Im CDR befinden sich in der Regel einige Dutzend Personen. Wenn man weniger Kunden hat, müssen auch die Kosten
gedrückt werden. So versuchen wir Investitionsprojekte zu verschieben, Arbeiten selbst auszuführen,
Reisekosten zu reduzieren.
Das sind also ganz normale Maßnahmen. Wenn Leute das sehen, können sie vermuten, dass da nicht genug Geld vorhanden sei.“

„T“: Sind auch Investitionen in Frage gestellt, die für Produktivitätserhöhungen vorgesehen waren?
M.W.: „Investitionsvorhaben wurden nicht annulliert. Sie wurden gestoppt oder auf später verschoben, um kurzfristig keine Mittel zu binden. Heute ist unsere Priorität, nicht mehr Geld auszugeben, als wir verdienen.“

„T“: Ist schon absehbar, wann die Produktion wieder normal laufen wird?
M.W.: „Jeder versucht seine Lagerbestände abzubauen. Es wird nun weniger produziert, als effektiv gebraucht wird. Wir gehen davon aus, dass diese Erscheinung eines besonders kräftigen Nachfragerückgangs im vierten Trimester dieses Jahres und im ersten Trimester kommenden Jahres zu beobachten sein wird. Wir nehmen an, dass am Ende des ersten Trimesters 2009 die Nachfrage technisch wieder anziehen wird. Dann wird sich zeigen, ob wir uns in einem kurzen Konjunkturtief befinden, das kurzfristig durch die Finanzkrise ausgelöst worden ist, oder ob wir es mit einer länger anhaltenden Krise zu tun haben.“ lmo

* Michel Wurth ist Vorstandsmitglied von ArcelorMittal