„Wir müssen zu den Andern“

„Wir müssen zu den Andern“
Am 9. Mai 1941 drangen die Nazis in die Synagoge der Stadt Luxemburg (dort, wo heute das Unterrichtsministerium steht) ein und unterbrachen den Gottesdienst. Kurze Zeit nach diesem Vorfall wurden die Synagogen zerstört; jüdische Gottesdienste und kulturelle Veranstaltungen waren in Luxemburg nicht mehr möglich. Das jüdische Leben war damit quasi ausgelöscht. Die hauptstädtische Synagoge wurde im Übrigen 1941 nur zur Hälfte zerstört. Der Abriss wurde Anfang 1943 abgeschlossen.

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Von Mil Lorang

Nach den vier Deportationen von 1942 blieben in Luxemburg von fast 4.000 Juden beim deutschen Einmarsch nur noch ca. 120 jüdische Menschen übrig, die von Deportationen bedroht waren. Von diesen starben einige in Luxemburg; die Übrigen wurden am 6./7. April und 17. Juni 1943 nach Osten zwecks Vernichtung deportiert, außer mindestens zwei, die bis Kriegsende versteckt in Luxemburg leben konnten.1)

Nach der letzten Deportation lebten noch 62 Personen in sogenannten Mischehen.2) Es handelte sich um Menschen, die nach den nazi-deutschen Rassegesetzen als „Juden“ galten, aber mit einer nicht-jüdischen Person verheiratet waren. Solche Personen wurden in der Regel von den Deportationen verschont, außer wenn sie verwitwet waren.
Das jüdische Leben war somit durch den Nazi-Okkupanten in Luxemburg ausgelöscht worden.

Von den 97 am 6./7. April 1943 nach Theresienstadt (Terezin, Tschechien) Deportierten überlebten insgesamt 20 Personen, davon 14 Frauen und sechs Männer.
Von den zehn am 17. Juni 1943 von Luxemburg über Berlin teilweise nach Theresienstadt und teilweise nach Auschwitz Deportierten überlebten nur zwei Personen: Alfred Oppenheimer aus Luxemburg-Stadt und die Gastwirtschaft-Betreiberin Ada Reuter-Levy3) aus Koerich.

Mit diesem Beitrag soll der Opfer dieser zwei Deportationen gedacht und die Artikelserie über die sieben Deportationen jüdischer Menschen von Luxemburg nach Osten abgeschlossen werden.4)

Recherchen der letzten zwei Jahre über die sieben Deportationen haben ergeben, dass insgesamt aus Luxemburg 658 Juden direkt nach Osten deportiert wurden (s. Infobox). Davon überlebten 44 Personen, was einer Überlebensquote von weniger als 7% entspricht. Viele andere jüdische Einwohner Luxemburgs, die nach dem deutschen Einmarsch nach Frankreich oder Belgien flohen5) oder dahin abgeschoben wurden, sind dort vom Nazi-Okkupanten erfasst und in deutsche Vernichtungslager im damals besetzten Polen verschleppt worden. Insgesamt geht man von ca. 1.300 Juden aus, die beim deutschen Einmarsch in Luxemburg lebten und durch das Nazi-Regime ermordet wurden. Darüber hinaus besteht eine Dunkelziffer von mehreren hundert Personen6), deren Verbleib bis heute nicht ermittelt werden konnte.

Die jüdischen Einwohner Luxemburgs haben also während des Zweiten Weltkriegs einen besonders hohen Preis bezahlt. Sie verloren ihr Leben nicht, weil sie gegen die nazi-deutsche Besatzungsmacht aus dem Untergrund kämpften. Oder weil sie – wie so viele andere Luxemburger – in einer deutschen Uniform, in die sie „zwangsgesteckt“ wurden, an der Front fielen. Nein, sie wurden aus rassistischen Gründen umgebracht, nur weil sie Juden waren. Und trotzdem ist die jüdische Gemeinschaft Luxemburgs erst seit zwei Jahren als gleichberechtigte Opfergruppe neben der Resistenz und der Zwangsrekrutierung anerkannt und hat die gleiche Mitgliederzahl wie die letztgenannten Gruppen im „Comité pour la mémoire de la Deuxième Guerre mondiale“.7)

6. April 1943: Luxemburg-Theresienstadt

Nach den 1942er Deportationen blieben in Luxemburg fast nur noch alte und kranke jüdische Menschen sowie einige jüngere Arbeitskräfte zurück und fast alle lebten gezwungenermaßen unter erbärmlichen Bedingungen im Kloster Fünfbrunnen8) bei Ulflingen.

Einige wenige durften noch an anderen Orten verweilen, weil sie entweder zu krank waren, um transportiert zu werden, oder weil sie dort noch gebraucht wurden. Letzteres betraf beispielsweise den Elektriker Max Kliatzko (42), der vom Arbeitsamt zur Deportation nicht freigegeben wurde.9) So durfte er mit seiner Frau Gertrude (33), seiner Tochter Marianne (5) und seiner Mutter Anna Hirsch (67) bis zur Deportation vom 6./7. April 1943 in Luxemburg-Stadt wohnen bleiben. Von dieser Familie überlebte nur Anna Hirsch.

 

Der sechste Transport wurde für den 6. April 1943 anberaumt. Wegen der vielen bettlägerigen Kranken und alten Personen hatte der von den Nazis sogenannte „Judenälteste“, Alfred Oppenheimer, bei der Gestapo drei Wagen 3. Klasse beantragt, die auch bei der Reichsbahn in Saarbrücken angefordert, aber nicht gewährt wurden. Stattdessen wurden fünf „Packwagen“ zugesagt.10) „Diese fünf Waggons wurden uns bereits am 5. April so zur Verfügung gestellt, dass sie stundenweise in den Zeiten, in welchen das Gleis Ulflingen-Klerf planmäßig nicht benutzt wurde, bis zur Mühle11), also unmittelbar bis ans Kloster, herangefahren wurden“12), schreibt Hugo Heumann in sein Tagebuch.

Heumann erläutert: „Wir bauten mit Bretterverschlägen und Nachtstühlen in jeden Wagen ein Klosett, schafften große Sprungfeder-Matratzen als Lager für die Kranken hinein, … belegten die Böden mit Stroh aus und suchten auf diese Weise alle möglichen Erleichterungen für die Reise zu schaffen.“ Und weiter: „Am 6. April um 10.00 Uhr begann unter den Augen der (Ge)Stapo das Einladen zunächst der Bettlägerigen, Gehbehinderten und sonstigen Siechen, wobei die Behörde wohl zum ersten Mal ein Bild davon bekam, wie es tatsächlich bei uns aussah, wie viel Krankheit und Elend vorhanden war.“13)

Die fünf Wagen wurden von 1-5 nummeriert und jedem Wagen wurde ein Mann als „Ordner“ zugeteilt. Die Deportierten wurden wie folgt verteilt:14)
Wagen Nr. 1: 18 Personen, Ordner: Hugo Heumann; Wagen Nr. 2: 20 Personen, Ordner: Martin Meyer; Wagen Nr. 3: 19 Personen, Ordner: Siegmund Bier; Wagen Nr. 4: 19 Personen, Ordner: Leo Salomon; Wagen Nr. 5: 21 Personen, Ordner: Max Kliatzko. Insgesamt also 97 Personen.

„Wir müssen zu den Andern“

Der infolge der rassischen Verfolgung der Juden in Deutschland im April 1939 nach Luxemburg ausgewanderte Hugo Heumann (66)15) und seine Frau Selma Heumann-Dalberg (49) waren im Kloster Fünfbrunnen von Anfang an, d.h. seit August 1941, in der Verwaltung tätig. Jetzt war der Tag gekommen, wo auch sie diesen Ort verlassen mussten. Sie kannten den Termin bereits seit März, was Hugo Heumann dazu veranlasste ein Gedicht zu schreiben. Hier ein Auszug:

„… Wir müssen zu den Andern,
Die vor uns gingen, wandern. …
Du bist ein Jud! Bitt’res Los,
Das bitterste auf Erden,
Bist unstet, flüchtig, heimatlos,
Kannst nirgends sesshaft werden.
Musst wandern, immer wandern,
Von einem Land zum andern.“ …16)

Hugo Heumann wurde in Theresienstadt mit Aufgaben in der Ghetto-Verwaltung beauftragt und seine Frau, eine gelernte Kindergärtnerin, arbeitete in der Kinderbetreuung. So konnten sie den Aussiedlungen nach Auschwitz-Birkenau entgehen. Sie überlebten bis zur Befreiung des Ghettos durch die Rote Armee am 10. Mai 1945. Anschließend hatten sie große Mühe, als ehemalige deutsche Staatsbürger nach Luxemburg zurückzukehren, was Hugo Heumann zu folgendem Eintrag in seinem Tagebuch bewegte:

„22. Juni 1945 … Ich habe schon immer gesagt, dass es das schlimmste Los auf Erden ist, deutscher Jude zu sein: aus Deutschland hat man uns hinaus geschmissen, weil wir Juden sind, und in frühere Zufluchtsländer will man uns nicht wieder hinein lassen, weil wir Deutsche sind oder waren.“17)

Bei Ankunft bereits mehrere Tote

Eine von den am 6./7. April 1943 deportierten jüdischen Personen aus Luxemburg war Edith Levy (25). Sie wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen Fritz Hartmann, der zum Zeitpunkt der Deportationen aus Luxemburg Leiter der Gestapo in Trier sowie des Einsatzkommandos der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD) in Luxemburg war, von der luxemburgischen „Sûreté publique“ am 15. Juli 1970 vernommen. Edith Levy gab zu Protokoll:

„Auf dem Bahngleis in unmittelbarer Nähe des Klosters hielt der Transportzug auf offener Strecke. Er bestand meiner Erinnerung nach ausschließlich aus Güterwagen. Jedenfalls wurde ich in einem Güterwagen untergebracht. … Wir wurden eng in den Güterwagen zusammengepfercht, konnten nur wenig Brot und sonstige Lebensmittel mitnehmen, erhielten unterwegs keine weitere Verpflegung, blieben mit unserem Transportzug die ganze erste Nacht über auf dem Bahnhof in Luxemburg-Stadt stehen und hatten letztendlich nach unserer Ankunft in Theresienstadt bereits mehrere Tote zu beklagen.“18)
Edith Levy wurde zusammen mit ihrer Großmutter Rosa Wolff (85), ihrer Mutter Irma Levy-Wolff (59) und ihrer Schwester Denise Levy (20) deportiert. Sie wurden mit 16 weiteren Personen in den Güterwagen Nr. 2 eingesperrt. Der Transport kam an Ediths 26. Geburtstag, am 10. April 1943, in Theresienstadt an.

Die Levys hatten in einem Einfamilienhaus in Luxemburg-Stadt gewohnt, das sie am 18. September 1941 Hals über Kopf räumen und verlassen mussten, um ins Sammellager Fünfbrunnen überzusiedeln. Das Haus soll nach dem Auszug der Familie Levy vom Chef des Einsatzkommandos, Hartmann, für sich privat belegt worden sein. Das Haus war Eigentum der Familie Levy.19)

Von den Levys hat nur Edith überlebt. Die Großmutter verstarb bereits am 7.10.1943 in Theresienstadt.20) Ediths Mutter wurde mit den beiden Töchtern im Oktober 1944 nach Auschwitz-Birkenau deportiert, zuerst Edith und zwei Tage später Mutter und Schwester. Dort wurden sie einer Selektion unterzogen: Die Mutter wurde in die Gaskammer geschickt und die Töchter wurden für die Zwangsarbeit ausgesondert.

Die beiden Schwestern sahen sich kurz in Auschwitz wieder und dann verliefen sich ihre Wege für immer. Edith wurde „mit einem 100 Personen umfassenden Transport zu einer Flachsfabrik nach Merzdorf gebracht“.21) Marciszów oder Merzdorf war ein Außenlager des Konzentrationslagers Groß-Rosen. Das Lager wurde am 8. Mai 1945 von russischen Truppen befreit. Ende Juni 1945 kehrte Edith Levy allein nach Luxemburg zurück. Ihre Schwester war in Auschwitz ermordet worden.

Die Gottliebs aus Echternach

Am 29. Juni 1942 wurde der Eigentümer des Echternacher Hotels „Hôtel international J. Gottlieb“ von der Vermögensverwaltung dazu aufgefordert, Echternach zu verlassen und ins Kloster Fünfbrunnen überzusiedeln.22) Josef Gottlieb (67) wurde zusammen mit seiner Frau Bertha Gottlieb-Kallmann (63) und seiner Tochter Alma (36) am 1. Juli 1942 in der damaligen Gemeinde Asselborn, zu der auch die Klosteranlage Fünfbrunnen gehörte, angemeldet. Die Schwester von Josef, Josefine Gottlieb, stieß am 11. August 1942 dazu.23) Auch die Gottlieb-Familie wurde am 6./7. April 1943 nach Theresienstadt deportiert.

Im Nachlass der Gottlieb-Familie befindet sich ein an Alfred Oppenheimer adressierter Brief sowie eine Postkarte, die mit Bleistift von unterwegs geschrieben wurden und Aufschluss über den Verlauf der Reise geben. Beide Dokumente sind auf Donnerstag, den 8. April 1943 datiert.

Auf der Postkarte heißt es: „Wir waren noch um 8 Uhr Mittwochmorgen (7.4.1943) in Luxemburg.“ Bekannte von Alfred Oppenheimer sollen noch nachts um 1 Uhr an die Bahn gekommen sein, um sich zu verabschieden. Weiter heißt es: „Nach einer schrecklichen Reise sind wir endlich heute Donnerstag in Frankfurt gelandet. Es ist so kalt hier, und noch dazu regnet es furchtbar. Hätte man doch nur etwas Warmes zum Essen, wenn auch nur für die Kranken. Ja, mein lieber Fred, es ist nicht so einfach, viel schlimmer noch, wie ich es mir vorgestellt habe.“

Im Brief erfährt man mehr über die Reise: „Jetzt sind wir schon wieder viele Kilometer von Frankfurt und sind nicht mehr weit weg von Leipzig.“ Und etwas weiter: „Es ist jetzt genau 6 Uhr Donnerstag Abend. Jetzt geht die Reise weiter nach Leipzig-Dresden-Prag.“
Heumann erwähnt auch den Reiseverlauf. Er schreibt: „Die Fahrt ging über Luxemburg, Trier, Coblenz, Frankfurt, Eisenach, Dresden: die Züge – wir wurden nur an Güterzüge angehängt – hielten oft stundenlang in den Verschub-Bahnhöfen oder auf der Strecke …“24)

Die Reise dauerte drei Tage und vier Nächte, obwohl die deutschen Organisatoren den Deportierten eine Dauer von 36 Stunden angegeben hatten.
Als die vier Gottliebs in Theresienstadt ankamen, fanden sie dort eine Schwester von Josef, Malwine Wolf-Gottlieb (65), vor. Ihr Ehemann Simon Wolf (67) war bereits Ende Oktober 1942 im Ghetto gestorben. Das Ehepaar Wolf-Gottlieb war am 28. Juli 1942 nach Theresienstadt verschleppt worden. Malwine starb am 20. Juni 1943.

Von den Familienmitgliedern der Gottlieb-Familie, die nach Theresienstadt deportiert wurden25), überlebte nur Josef, der bis zur Befreiung im Ghetto bleiben konnte, weil er dort als gelernter Gastwirt in der Küche gebraucht wurde. Seine Frau Bertha starb in Theresienstadt am 1. August 1943.

Von Theresienstadt nach Auschwitz

Alma und ihre Tante Josefine Gottlieb wurden am 6. September 1943 zusammen mit 24 26) anderen Juden aus Luxemburg nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Dieses Schicksal erlitten die meisten Deportierten aus Luxemburg, insofern sie nicht bereits in Theresienstadt gestorben waren oder dort noch als Arbeitskräfte gebraucht wurden.
Am 6. September 1943 gingen zwei sehr große Transporte nach Auschwitz, einer mit 2.479 Personen unter der Bezeichnung Dl und ein zweiter mit 2.528 Menschen unter der Bezeichnung Dm.27) Dies waren sogenannte „Arbeitseinsatztransporte“. Im Standardwerk über Theresienstadt schreibt H.G. Adler diesbezüglich: „Es war die größte Menschenanzahl, die je an einem Tage das Lager verließ.“28)

Die beiden Züge kamen am 8. September 1943 in Auschwitz-Birkenau an. Im Kalendarium von D. Czech findet man den folgenden Eintrag:
„Mit einem Transport des RSHA29) sind 5.00630) Juden aus Theresienstadt überstellt worden. Mit dem Transport sind 2.293 Männer und Jungen, die die Nummern 146694 bis 148986 erhalten, und 2.713 Frauen und Mädchen eingetroffen, die mit den Nummern 58471 bis 61183 gekennzeichnet wurden.“31)

Die Tatsache, dass alle Angekommenen eine Nummer erhielten, bedeutet, dass niemand von diesen Transporten direkt zu den Gaskammern geführt wurde. Auf der Internetseite der Holocaust-Gedenk- und Forschungsstelle Yad Vashem heißt es dazu:
„Doch im September 1943 begannen neuartige Transporte Theresienstadt zu verlassen, die anders gehandhabt wurden. Diese Züge transportierten zumeist ganze Familien, die bei ihrer Ankunft in Auschwitz-Birkenau keine Selektion durchliefen, sondern geschlossen, auch Kinder und Kranke, in einen abgezäunten Bereich in Birkenau eingesperrt wurden, in das so genannte Familienlager ‚BIIb‘.“32) Dieses Familienlager war nur für Häftlinge aus Theresienstadt eingerichtet worden und bestand insgesamt während zehn Monaten.
Sechs Monate Quarantäne bis zur Ermordung

In diesem „Sonderlager“ wurden die Häftlinge ganz anders behandelt, als es in Auschwitz üblich war. „Man gewährte eine gewisse Selbstverwaltung und verlangte keine Arbeit, die über die Ordnung der eigenen Bedürfnisse hinausgegangen wäre. Man gab ihnen sogar einen Teil ihres Gepäcks, ließ sie in ihrer Kleidung laufen und schor vielen nicht einmal das Haar. Das waren für Auschwitz unerhörte Dinge.“33) Kinder und Jugendliche kamen in Jugendheime.

Diese Deportierten sind in den Lagerakten mit dem Vermerk gelistet: „SB mit sechsmonatiger Quarantäne.“34) „SB“ war die Abkürzung für „Sonderbehandlung“, ein Nazi-Tarnbegriff für Ermordung bzw. Massenmord. Das heißt, man ließ sie während sechs Monaten am Leben, auch wenn durch extrem mangelhafte hygienische Bedingungen und sehr schlechte Ernährung viele eines natürlichen Todes starben. Aber immerhin konnte man gegebenenfalls dem Internationalen Roten Kreuz (IRK) oder ausländischen Diplomaten einige Personen vorzeigen, die einigermaßen normal aussahen und die vielleicht schon in Theresienstadt vom IRK angetroffen worden waren.

Die Überlebenden im Familienlager wurden regelmäßig aufgefordert, Postkarten nach Theresienstadt und nach Hause zu schicken, mit der Angabe, es ginge ihnen gut. Sie mussten um Nachricht oder den Versand von Päckchen bitten und als Wohnort „Birkenau“ angeben. Dies war auch Teil der Täuschung, da in Theresienstadt oder sonst im Reichsgebiet die Menschen „Birkenau“ nicht mit Auschwitz in Verbindung brachten.
Deshalb konnte Adler später schreiben: „Diesem Transport war eine einmalige Rolle zugedacht … Das offizielle Deutschland wollte den im Ausland aufkommenden Nachrichten über die doch nicht recht geglaubten und unglaublichen Gräuel in Auschwitz und anderen Vernichtungslagern entgegentreten. Nun sollte die ‚Harmlosigkeit‘ der Judenpolitik erwiesen werden.“35

Von den am 8. September angekommenen 5.007 „Theresienstädter“ starben Adler zufolge in den nächsten Monaten 1.140 Menschen. Die Übrigen wurden auf den Tag genau, „in der Nacht vom 8. zum 9. März 1944 in den Gaskammern bis auf einige Ausnahmen“ umgebracht.

Täuschung bis zum Schluss

Nach Czech wurden diese Menschen bis zum Schluss getäuscht. Zuerst wurden sie am 7.3. vom Familienlager BIIb ins Lager BIIa verlegt, mit dem Versprechen, sie „würden in Arbeitslager im Reichsinnern überstellt“.36)

Am nächsten Tag wird eine Lagersperre über den Abschnitt BIIa verhängt. „Gegen 22 Uhr fahren 12 mit Planen gedeckte Lastwagen vor. Man fordert die Juden auf, das schwere Gepäck in den Baracken zurückzulassen, und verspricht es, zum Zug zu bringen. Damit der äußere Schein und Ruhe gewahrt bleiben, werden jeweils 40 Personen auf die Wagenplattform gelassen, und die Lastwagen biegen beim Verlassen des Lagers BIIa nicht nach links ab, d.h. auf den direkten Weg zu den Krematorien, sondern nach rechts, woraus der Eindruck entsteht, dass sie zum Bahnhof fahren. Die Abfahrt dauert mehrere Stunden.

Zuerst werden die Männer zum Krematorium III gefahren, dann die Frauen zum Krematorium II. Die Auskleideräume in den Krematorien sind so vorbereitet worden, dass die wartenden dort bis zum Schluss die Hoffnung haben, sie führen in ein Arbeitslager. Erst durch den Befehl, sich auszuziehen, wird ihnen klar, dass sie sich im Krematorium befinden. Die Frauen, die sich bereits in der Gaskammer befinden und noch auf die übrigen warten, singen die Internationale, die Hatikwa … und ein Partisanenlied. Gegen Morgen (9.3.1943) sind in den Krematorien II und III insgesamt 3.791 jüdische Häftlinge aus Theresienstadt – Männer, Frauen und Kinder – getötet worden.“ 37)

Postkartentrick schaffte Vertrauen

„Fast unmittelbar vor dem Massenmord, am 5. März, ließ man die nichts ahnenden Menschen noch einmal mit den Daten 25. bis 27. März schreiben. Die Karten gelangten an das bestimmte Ziel, als die Asche der Erstickten schon seit Wochen verstreut worden war“38), so Adler. Insgesamt wurden 37 Personen vom Massenmord verschont, von denen die meisten den Krieg überlebten.

Alma Gottlieb sandte eine solche Karte datiert auf den 20.10.1943 an ihren Onkel Heinrich Demuth nach Echternach (s. Abbildung). Obwohl zu dem Zeitpunkt ihre Mutter bereits gestorben war, und sie dies wusste, schrieb sie: „Die l. Eltern sind noch da, wo sie waren (in Theresienstadt), und sind auch sehr froh öfters von Euch zu hören.“ Das Nazi-Regime ließ keine schlechten Nachrichten zu! Dies war das letzte Lebenszeichen von Alma.
Das letzte Lebenszeichen, das die Luxemburger Verwandten von Almas Tante Josefine erhielten, war eine Postkarte, die auf den 15. Dezember 1943 datiert ist und ebenfalls von „Birkenau“ an Heinrich Demuth gesandt wurde. Dort ist zu lesen:
„Meine Lieben! Können heute schreiben, hoffe dass diese Zeilen Euch bei bester Gesundheit antreffen. Post und Päckchen werden ordnungsgemäß befördert. Würde mich riesig freuen, wenn Ihr mir bald Gutes von Euch berichten werdet. Seid herzlich gegrüßt von Eurer oft an Euch denkenden Josefine.“39)

Eine andere jüdische Frau aus Luxemburg, Irma Geiershöfer-Reinhard, die ebenfalls am 6. September 1943 von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert wurde, hat an genau den gleichen Tagen eine Postkarte aus Birkenau an die Luxemburger Familie gesandt, die erste am 20. Oktober 1943 und die letzte am 15. Dezember 1943.40)

Mit diesem Postkartentrick ist es der SS gelungen, mindestens bei den noch in Theresienstadt zurückgebliebenen Häftlingen vorzutäuschen, dass in Auschwitz niemand vergast wurde. Dies schaffte auch Vertrauen bei der jüdischen Ghetto-Verwaltung, die nun weitere Massentransporte für Auschwitz-Birkenau zusammenstellte, im guten Glauben, die Menschen würden dort zum Arbeitseinsatz kommen, bzw. für die Älteren, sie könnten mit ihren jüngeren Familienangehörigen zusammenbleiben.

Czech zufolge sind in Auschwitz-Birkenau zwischen dem 8. September 1943 und dem 19. Mai 1944 insgesamt 17.419 Juden aus dem Ghetto Theresienstadt mit Nummern versehen und ins Familienlager BIIb überführt worden41). Sie wurden Teil dieses unglaublichen Täuschungsmanövers.

Das Familienlager wurde am 11. Juli 1944 aufgelöst. Am 2. Juli befanden sich dort noch ca. 10.000 Menschen. „Um den verbrecherischen Plan zu vertuschen, das Familienlager der Juden aus Theresienstadt im Lagerabschnitt BIIb zu liquidieren, ordnet die Lagerleitung eine Selektion an. In deren Verlauf selektiert SS-Lagerarzt Mengele 3.080 junge, gesunde und arbeitsfähige Frauen, Männer und Jugendliche.“42)

Die übrigen ca. 7.000 Menschen werden in den Gaskammern getötet, 3.000 jüdische Frauen und Kinder am 10. Juli und 4.000 Frauen und Männer am 11. Juli 1944.43) Von den 26 am 8. September 1943 ins Familienlager eingewiesenen Juden aus Luxemburg hat niemand überlebt.

Nach dem Abtransport vom 6./7. April 1943 waren kaum noch Juden in Luxemburg. In Fünfbrunnen blieb nur noch die Familie von Alfred Oppenheimer übrig. In Koerich wohnte noch Ada Reuter-Levy (s. Anm. 3) und in der Nervenklinik Ettelbrück befanden sich zu dem Zeitpunkt noch sieben Patienten und Patientinnen.44)

In Befort lebte Karl Juda versteckt in der Scheune der Bauersleute Jodocy-Godefroid; vielleicht lebte noch die eine oder andere jüdische Person versteckt in Luxemburg. Und dann blieben noch die in sogenannten „Mischehen“ lebenden Juden. Diese Personen wurden in der sogenannten „Restvereinigung jüdischer Mischehepartner“ zusammengefasst.
Für die deutsche Besatzungsmacht war mit der Deportation vom 6./7. April 1943 das Täuschungsmanöver „Jüdisches Altersheim Fünfbrunnen“ beendet. So ging am 7. Mai 1943 ein Brief vom Chef der Zivilverwaltung an Alfred Oppenheimer nach Fünfbrunnen bezüglich der zukünftigen „Regelung des Unterhalts und der Unterstützung von Juden“45). Der Brief beginnt mit dem Satz:

„Nach Auflösung des jüdischen Altersheims in Fünfbrunnen …“ Durch diesen Brief wird der Familie Oppenheimer „ein monatlicher Unterhaltsbetrag von RM 250.- zugebilligt“. Dies war aber mitnichten ein Geschenk der Besatzungsmacht. Aus dem Brief geht hervor, dass das Geld „aus Ihrem hier erfassten früheren Vermögen“ entnommen wird.
Damit dann doch noch etwas für das nazi-deutsche Raubsystem übrig blieb, wurde Oppenheimer diese „Gunst“ nicht lange gewährt, denn seine eigene Deportation stand bereits vor der Tür.

Diese fand am 17.6.1943 statt und betraf zehn Personen: Alfred Oppenheimer (41), Aline Oppenheimer-Cahen (50), René Oppenheimer (13), Ada Reuter-Levy (65) und sechs von den sieben Kranken46) aus der Heilanstalt Ettelbrück. Die Deportierten wurden von Luxemburg über Trier, wo noch zwölf Juden – darunter die „Judenälteste“ Else Kahn47) – dazu stießen, zunächst nach Berlin gebracht. Von dort wurden die Oppenheimers und Ada Reuter-Levy am 29. Juni 1943 nach Theresienstadt weitertransportiert. Die Kranken aus der Heilanstalt wurden nach Auschwitz-Birkenau transportiert. Bis nach Berlin sollen die Kranken durch qualifiziertes Pflegepersonal aus der Heilanstalt48) begleitet worden sein. Wie bereits eingangs erwähnt, überlebten von diesen zehn Personen nur Alfred Oppenheimer und Ada Reuter-Levy.

Besser spät als nie

Nachdem es dem rassistischen Nazi-Regime gelungen war, das jüdische Leben in Luxemburg auszulöschen, die Juden zu vertreiben bzw. zu deportieren und zu ermorden sowie die Symbolbauten jüdischer Präsenz in Luxemburg zu zerstören (s. Infobox), machte man sich nach dem Krieg im Großherzogtum daran, ein Helden- und Opfernarrativ zu konzipieren, das das große jüdische Opfer außen vorließ.

Diese historische Unterlassung soll nun 73 Jahre nach Kriegsende korrigiert werden. Am kommenden 17. Juni, also genau 75 Jahre nach der letzten Deportation, wird ein Monument in der Stadt Luxemburg eingeweiht, das an alle jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Luxemburg erinnern soll. Am gleichen Tag wird im hauptstädtischen Bahnhof eine Gedenkplatte eingeweiht, die an die 658 jüdischen Deportierten erinnern soll.
Luxemburg erinnert sich also an verdrängte, kaum bekannte Aspekte seiner Geschichte und markiert sie im öffentlichen Raum. Das ist begrüßenswert. Besser spät als nie, möchte man sagen! Besonders in Zeiten neuer Antisemitismus-Wellen.


Jüdisches Leben in Luxemburg ausgelöscht

In der Synagoge der Stadt Luxembourg kam es am Freitag, dem 9. Mai 1941, zu einem Zwischenfall. Während des Schabbat-Gebetes drangen VdB- und NSDAP-Leute49) in die Synagoge ein und unterbrachen den Gottesdienst. Hugo Heumann war anwesend und er schrieb in sein Tagebuch:

„Alles Verhandeln führte zu keinem Ergebnis, er drohte, seine Leute, die die Türen besetzt hatten, schießen zu lassen, wenn die ‚Judenkirche‘ nicht sofort geräumt werden würde, und so blieb uns nichts anderes übrig, als hinaus zu gehen.“50)

Kurze Zeit nach diesem Vorfall wurden die Synagogen zerstört; jüdische Gottesdienste und kulturelle Veranstaltungen waren in Luxemburg nicht mehr möglich.
Das jüdische Leben war damit in Luxemburg quasi ausgelöscht. Wenn Juden sich überhaupt noch im öffentlichen Raum blicken lassen durften, dann nur ganz kurz, während strikt vorgeschriebenen Zeiten und es war ihnen seit Oktober 1941 verboten, sich in der Öffentlichkeit ohne einen Judenstern zu zeigen.51)

Heute steht an der Stelle der hauptstädtischen Synagoge das Hauptgebäude des Unterrichtsministeriums. An der Fassade, rue Notre-Dame, erinnert eine Metallplatte, die in 2,5 Meter Höhe angebracht ist, an die Synagoge. Kein Foto dieses schönen Gebäudes ist dort zu sehen, keine Erklärungen!


Fussnoten

1) Es handelt sich dabei um Karl Juda, der in Befort von den Bauersleuten Jodocy-Godefroid versteckt wurde und Rebekka Kründel, die von den Schwestern der Heilanstalt Ettelbrück versteckt wurde.
2) Liste der Mischehen, Stand vom 20.9.1943, erhalten von Claude Marx, dem ehem. Vorsitzenden des Israelitischen Konsistoriums und langjährigen Verwalter der Archivdokumente des Konsistoriums. Ihm sei herzlich gedankt.
3) Ada Reuter-Levy, deren Eltern bereits in Koerich eine Gastwirtschaft kombiniert mit einem Hartwarengeschäft betrieben, ist möglicherweise denunziert worden. Sie hatte den viel älteren Dorflehrer Jean-Baptiste Reuter geheiratet und sich bei dieser Gelegenheit zum Katholizismus konvertieren lassen. Ihr Ehemann ist bereits am 19.5.1929 gestorben. Als Witwe wurde Ada Reuter-Levy von der deutschen Besatzungsmacht gemäß der deutschen Rassengesetzgebung wieder als „Volljüdin“ betrachtet und „musste“ daher deportiert werden. Von den direkt aus Luxemburg nach Osten deportierten Juden und Jüdinnen war Ada Reuter-Levy die einzige, die bis zur Deportation in ihrer Wohnung bleiben durfte. Sie hat die Qualen von Theresienstadt überlebt und ist nach dem Krieg nach Koerich zurückgekehrt, wo eine ihrer beiden Töchter die Gastwirtschaft weiterführte. Anne-Marie Toussaint-Everard sei für diese Informationen herzlich gedankt.
4) Der Artikel über die erste Deportation vom 16./17. Oktober 1941 erschien im Tageblatt am 29.9.2016 unter dem Titel „Reise ans Ende der Menschlichkeit“; der Artikel über die Deportationen von 1942 erschien im Tageblatt am 4.7.2017 unter dem Titel „Deportiert, um zu sterben“.
5) Am 10. Mai 1940, Tag des deutschen Einmarsches, sind ca. 2.000 jüdische Einwohner Luxemburgs geflohen (Vincent Artuso anl. einer intl. Konferenz an der Universität Luxemburg, 24.-26. Januar 2018)
6) Mitteilung von Claude Marx.
7) Recueil de Législation, A – N° 106, 27 juin 2016, Loi portant création d’un comité pour la mémoire de la Deuxième Guerre mondiale, S. 1920; Recueil de Législation, A – N° 136 ; 27 juillet 2016, Règlement grand-ducal du 5 juillet 2016 relatif au Comité pour la mémoire de la Deuxième Guerre mondiale, S. 2335
8) Nachdem mehrere tausend von den in Luxemburg am Tag des deutschen Einmarsches lebenden Juden ins Exil gegangen waren, war es das Bestreben der deutschen Zivilverwaltung, die restlichen Juden an einem Ort zu konzentrieren. Hierfür wurde das leerstehende Kloster der Herz-Jesu-Priester in Fünfbrunnen bei Ulflingen ausgewählt. Die Juden sollten aus dem öffentlichen Raum verschwinden und nach und nach unauffällig in Ghettos und Konzentrationslager Osteuropas deportiert werden. In typischer Nazi-Täuschungsmanier wurden die Betroffenen allerdings im Glauben gelassen, sie könnten in Fünfbrunnen bis Kriegsende verweilen.
9) ANLux, FD-261-09, Nicht datierte Aktennotiz, die in den Wochen nach dem Transport vom 28.7.1942 vom „Judenältesten“ an das deutsche Einsatzkommando gerichtet wurde, mit zwei Listen als Anhang: Liste A: „Insassen des jüdischen Altersheims Fünfbrunnen“ und Liste B: „Noch im übrigen Lande befindliche Juden“
10) H. Heumann, Tagebuch eines deutsch-jüdischen Emigranten, In: Erlebtes-Erlittenes, Hrsg. G. Goetzinger, M. Schoentgen, Centre national de littérature, 2007, S. 64
11) Im Volksmund: „Pafemillen“
12) Heumann, S. 64
13) Heumann, S. 64
14) Diese Informationen entstammen einem Archivdokument des Konsistoriums, das den Titel trägt: „Verteilung der Plätze“ und das dem Verfasser von Claude Marx zur Verfügung gestellt wurde.
15) Die Altersangaben hinter dem Namen entsprechen dem Alter am Tag der Deportation.
16) Heumann, S. 63
17) Heumann, S. 84
18) Vernehmung Edith Levy vom 15.7.1970, LAV NRW, W, Q 234 Nr. 5661, Bl 31-35, im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen ehemalige Angehörige des Einsatzkommandos (EK) der Sicherheitspolizei und des SD in Luxemburg und der Dienststelle des Chefs der Zivilverwaltung in Luxemburg, namentlich gegen Fritz Hartmann, …: Beteiligung an der Deportation von Juden aus Luxemburg nach Litzmannstadt, Izbica, Auschwitz und Theresienstadt in der Zeit von 1941 bis 1943
19) Ebd.
20) P. Cerf, L’Etoile jaune au Luxembourg, RTL Edition, 1986, S. 198
21) Vernehmung Edith Levy op. cit.
22) ANLux, FD-261-08, Mitteilung des Ältestenrates der Juden an das Einsatzkommando, 6.7.1942
23) ANLux, FD-261-08, Mitteilung des Ältestenrates der Juden an das Einsatzkommando; Betrifft: Übersiedlung nach Fünfbrunnen bei Ulflingen, 12.8.1942
24) Heumann, S. 65
25) Josef, Malwine und Josefine Gottlieb hatten noch einen Bruder, der mit Vornamen Meyer hieß. Dieser wurde bereits am 8.12.1941 wegen „reichsfeindlicher Äußerung“ verhaftet und am 8.1.1942 nach Hinzert verschleppt. Dort wurde er am 6.2.1943 im Waschraum durch den Lagerkapo Wipf u. den SS-Mann Schaaf so dermaßen misshandelt, dass seine Leiche dort am nächsten Tag gefunden wurde. Sie hatten ihn nackt in einen Kessel gesteckt, unter dem Feuer brannte und ihn mit Wasser bespritzt und mit Asche eingerieben. Quelle: A. Hohengarten, Die nationalsozialistische Judenpolitik in Luxemburg, 2. Aufl., ISP, 2004, S. 117-118
26) Die Zahl 26 ergibt sich aus den Listen der Transporte vom 28.7.1942 und 6.4.1943, wie sie von P. Cerf reproduziert wurden. Einige Fehler konnten korrigiert werden. P. Cerf, L’Etoile jaune au Luxembourg, RTL Edition, 1986, S. 192-198
27) http://www.holocaustresearchproject.org/othercamps/terezintransport.html
28) H.G. Adler, Theresienstadt 1941-1945, Wallstein Verlag, Reprint der 2. Auflage von 1960, Dritte Auflage, 2018, S. 129
29) RSHA ist die Abk. für „Reichssicherheitshauptamt“. Das RSHA unterstand dem „Reichsführer SS“ Heinrich Himmler und war die zentrale Behörde für Repression im gesamten damaligen deutschen Einflussgebiet in Europa. Das RSHA war u.a. zuständig für die organisatorische Vorbereitung der Judenvernichtung.
30) Wenn man die offiziellen Zahlen der beiden Transporte zusammenzählt, kommt man auf 5.007 Deportierte. Es gibt keine Erklärung für den Unterschied einer Person.
31) D. Czech, Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Rowohlt, 2. Auflage Februar 2008, S. 600
32) http://db.yadvashem.org/deportation/transportDetails.html?language=de&itemId=5092034
33) Adler, S. 130
34) http://db.yadvashem.org/deportation/transportDetails.html?language=de&itemId=5092034
35) Adler, S. 130
36) Czech, S. 734
37) Ebd., S. 736-734
38) Adler, S. 130-131
39) Es sei Bernard und Robi Gottlieb dafür gedankt, dass sie die hier erwähnten Dokumente zur Verfügung gestellt haben.
40) Irma Geiershöfer-Reinhard war die ehem. Besitzerin der „Händschefabrik“ in Luxemburg-Grund. Informationen erhalten v. Freddy Thyes, dem Enkel von Irma Geiershöfer-Reinhard, E-Mail v. 17.7.2017
41) Czech, S. 600, 680, 684, 776, 778
42) Ebd., S. 811
43) Ebd., S. 820
44) Aus Archivdokumenten des damaligen Direktors der Heilanstalt, Dr. Jean-Marie Spautz, die am 28.3.2018 eingesehen wurden, geht hervor, dass sich am 21.7.1942 insgesamt 13 Patienten und Patientinnen jüdischer Konfession in der Heilanstalt und Nervenklinik Ettelbrück befanden. Von diesen 13 Kranken wurden am 28.7.1942 fünf nach Theresienstadt deportiert, einer starb in Ettelbrück am 17.1.1943 (Hirschhorn Jakob), somit blieben noch sieben übrig. Dr. Yves De Smet sei herzlich für den Zugang zu diesen Dokumenten gedankt.
45) ANLux, FD-261-08, Brief des Chefs der Zivilverwaltung vom 7. Mai 1943 an Alfred Oppenheimer
46) Es handelte sich dabei um folgende Personen: Altschüler David (35), Basch Célestine (44), Herz Ottilie (41), Levy Isaac, Abraham (~ 62), Mühlrad Marcel (33) und Ordynans-Nasielska Fradja (38). Rebekka Kründel (31), die auf früheren Listen als Deportierte vom 17.6.1943 aufgeführt wurde, ist nicht deportiert worden. Sie wurde von den Schwestern der Heilanstalt versteckt. Alle Informationen stammen aus Archivakten des Centre hospitalier neuro-psychiatrique, Ettelbrück.
47) P. Cerf, Longtemps j’aurai mémoire, Editions du Letzebuerger Land, 1974, S. 113
48) Ebd.
49) VdB: Luxemburgische Nazi-Organisation „Volksdeutsche Bewegung“; NSDAP: Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei.
50) Heumann, S. 52
51) Verordnung betr. Ordnung des jüdischen Lebens in Luxemburg. Vom 14. Oktober 1941, § 1, (2) „Der Judenstern besteht aus einem handtellergroßen, schwarzausgezogenen Sechsstern aus gelbem Stoff mit der schwarzen Aufschrift ‚Jude‘. Er ist sichtbar auf der linken Brustseite des Kleidungsstückes festaufgenäht zu tragen.“; In: P. Cerf, Longtemps j’aurai mémoire, Edtions du Lëtzebuerger Land, 1974, S. 175-176

Andrö Manderscheid
27. April 2018 - 13.46

Ich möchte dem Autor Mil Lorang gratulieren. Endlich mal wieder ein historischer Artikel mit Quellen- und Referenzangaben. Dies ist unabdingbar, wenn man von Qualitätsjournalismus sprechen will.

J.C. KEMP
27. April 2018 - 10.32

Und sollte die graue Partei wiederkommen, wird diese Aufarbeitung und Forschung möglichst heimlich, still und leise wieder gestoppt werden.

Scholnier
27. April 2018 - 7.33

"Und trotzdem ist die ........anerkannt......" Liegt nicht eine der Ursachen darin ,dass jene luxemburgischen Autoren und Politiker dir vor 1940 antisemitistische Politik betrieben, nach 1945 immer noch immer aktiv waren, sogar in den Parteien mitwirkten, mitgründeten , jedoch bewusst die Vergangenheit ruhen liessen. Die Aufarbetung und Vergangenheitsbewältigung dieser düsteren Zeit birgt noch viele Geheimnisse und Überraschungen in sich.