/ Luxemburg kann Wohnortklausel fordern
Die luxemburgische Gesetzgebung werde respektiert, weil die Studienbeihilfen an Luxemburger und ausländische Studenten ausgezahlt werden, wenn sie in Luxemburg leben, heißt es in einer Mitteilung des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), Paolo Mengozzi.
Es waren mehrere Klagen beim Verwaltungsgericht in Luxemburg eingegangen. Pendler beschwerten sich darin, dass ihre Kinder keine finanziellen Hilfen bekämen, weil sie nicht in Luxemburg leben würden. Dies sei eine Diskriminierung der Grenzgänger und verstoße gegen das europäische Prinzip des freien Personenverkehrs in der EU. Auch die Frage, ob ein Student als unabhängiges Individum oder als eine von den Eltern abhängige Person angesehen werden muss, spaltete die Geister. Hier ist der Generalanwamt der Meinung, dass das Recht ausschlaggebend sei, welches das Personalstatut der Studierenden bestimmt. Dies könne das Recht des Staates sein, dem sie angehörten, das Recht des Wohnsitzstaats oder das des Wohnortstaats, es müsse aber unbedingt nicht das luxemburgische Recht sein.
Eine Frage des Statuts
Das Verwaltungsgericht Luxemburg wurde mit der Frage befasst. Es reichte das Dossier jedoch weiter an die europäische Juridiktion. Der Generalanwalt erinnert in seinem Schlussantrag daran, dass die luxemburgische Regierung sagte, es handele sich um eine soziale Vergünstigung. Und bei solchen Maßnahmen dürfe es zu keiner ungleichen Behandlung kommen. Bei der Residenzklausel handele es sich aber um eine „indirekte Diskriminierung“. Sie müsse gerechtfertigt werden und geeignet sein, die Verwirklichung eines Ziels zu gewährleisten.
„Soziales“ und „Politisches“ Ziel
Die Luxemburger Regierung berufe sich in diesem Zusammenhang auf ein „soziales“ und ein „politisches“ Ziel, heißt es weiter. Es gehe darum, die Anzahl der im Großherzog lebenden Personen mit einem Hochschulabschluss zu erhöhen und den Übergang der luxemburgischen Wirtschaft zu einer wissensbasierten Wirtschaft zu gewährleisten. Junge Luxemburger sollen nach Beendigung ihrer Studien im Ausland in ihr Heimatland zurückkehren und dort durch das gewonnene Wissen, helfen die Wirtschaft weiterzuentwickeln. Die Begrenzung der Finanzhilfen auf Studenten, die in Luxemburg wohnen, sei des Weiteren notwendig, um die Finanzierbarkeit der Hilfen zu gewährleisten.
Der Generalanwalt begrüßt die Maßnahmen, um die Zahl der Hochschulabsolventen zu steigern. Die Situation des Großherzogtums sei speziell. Es sei eine offene Wirtschaft, die jedoch vom Finanzsektor abhänge. Durch die Wirtschaftskrise stecke dieser aber in Schwierigkeiten. Das Land sei dabei, eine wirtschaftliche Umorientierung in die Wege zu leisten. Luxemburg habe recht, wenn es in diesem Zusammenhang auf hoch geschulte Arbeitnehmer setzt. Die Ausbildung sei eine Frage des „allgemeinen Interesses“, hält Mengozzi fest.
Divergenzen
Anders als die luxemburgische Regierung ist der Generalanwalt aber überzeugt, dass das bildungspolitische Ziel getrennt vom Haushaltsziel zu betrachten sei, auch wenn die Bestimmung der Empfänger einer sozialen Vergünstigung Auswirkungen auf den Staatshaushalt habe. Finanzielle Überlegungen stellen kein ausreichendes Motiv für eine Diskriminierung dar, so der Richter. Er rät dem Gericht, den finanziellen Einschlag einer Erweiterung der Studienbeihilfen auf die Kinder der Pendler zu analysieren.
Was die Residenzklausel betrifft, so sei nachzuprüfen, ob die in Luxemburg lebenden Studenten nach Beendigung ihrer Studien wirklich in ihr Heimatland zurückkehren, um dort zu arbeiten und zu wohnen. Schließlich müsse kontrolliert werden, ob die Maßnahmen, die den Wandel zur Wissensgesellschaft unterstützen, sollen neue berufliche Perspektiven eröffnet. Wenn die Maßnahmen den Zugang der Wohnbevölkerung zum Hochschulstudium erleichtern und als Folge haben, dass diese Personen anschließend dem luxemburgischen Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden und ihn bereicherten, sei das Wohnorterfordernis durchaus geeignet, dieses Ziels zu erreichen.
Nicht bindend
Die Schlussfolgerungen des Generalanwalts des EU-Gerichtshofes sind nicht verbindlich. Sie sollen eine Lösung darstellen. Die Richter werden jetzt darüber beraten. Das Datum der Urteilsverkündung ist noch nicht bekannt.
Seit dem 1. Oktober 2010 bekommen nur in Luxemburg angemeldete Studenten Börsen und zinsverbilligte Studiendarlehen. Voraussetzung ist, dass der Student mindestens über fünf Jahre hinweg einen Wohnsitz in Luxemburg hat. Das heißt, die Kinder von Grenzgängern und ausländische Studenten bekommen keine finanzielle Hilfe mehr. Etwa 700 Eltern von Studenten, die im Ausland leben aber in Luxemburg arbeiten, reichten beim Verwaltungsgericht gegen die Entscheidung der Luxemburger Regierung bislang Klage ein.
Die Studienbeihilfe war in der Vergangenheit immer wieder heftig von den Gewerkschaften kritisiert worden.
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