Landesplanung vergessen

Landesplanung vergessen
(Tageblatt)

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Zwei Jahre nach den Parlamentswahlen sei die Schonfrist definitiv vorbei, findet "Méco"-Präsidentin Blanche Weber. Die derzeitige Landesplanung sei ganz einfach inexistent, klagt sie.

Schlechte Noten für die Minister Claude Wiseler und Marco Schank (der übrigens selbst Mitglied des Méco ist, zumindest lange Zeit war). Die beiden Politiker hätten sich in der Nachhaltigkeitspolitik verlaufen und dabei die Landesplanung total vergessen. Die neue Bündelung der Kompetenzen habe nichts gebracht, bemerkt Blanche Weber an die Adresse der beiden Hausherren „in ihrem Elfenbeinturm auf Kirchberg“. Über Landesplanung werde innerhalb der Regierung nicht einmal mehr diskutiert.

Beim Méco glaubt man sogar, eine gewisse Absicht darin zu erkennen, dass zwar ein integratives Verkehrs- und Landesplanungskonzept (IVL) und vier sektorielle Leitpläne (Transport, geschützte Landschaften, Gewerbezonen, Wohnungsbau) aufgestellt wurden, diesen aber noch immer keine Gesetzeskraft gegeben wurde. Diese Verschleppungspolitik erlaube es, noch schnell gewisse Projekte durchzuziehen, bei denen evident sei, dass sie später, unter den verschärften Rahmenbedingungen, nicht mehr möglich wären. Langsam, aber sicher werde Luxemburg total zersiedelt und „die Lebensqualität der nachfolgenden Generationen zerstört“, erklärt Blanche Weber.

Spielregeln nicht beachtet

Auf einer Pressekonferenz gingen die Verantwortlichen von Méco auf sieben spezifische Projekte aus der Südregion des Landes ein, bei denen sich Staat und Gemeinden nicht an die eigenen Spielregeln halten.

Erstes dieser Fallbeispiele ist die geplante Verlegung der Shell-Tankstelle an der A4 (Esch-Luxemburg). Der neue Standort soll noch etwas näher an Leudelingen liegen als die bereits verlegte Texaco-Tankstelle in der entgegengesetzten Fahrtrichtung. Die geplante Tankstelle läge dann direkt am Rande eines geplanten Naturschutzgebietes. „In absolutem Widerspruch zu dem sektoriellen Leitplan ‚geschützte Landschaften'“, heißt es vom Méco. Kritisiert wird von der Umweltorganisation auch der geplante, massive Wohnungsbau in Hüncheringen und in Leudelingen.
Keiner der beiden Orte gehört zu den 39 Vorrang-Gemeinden, die im IVL prioritär gelistet sind, um neuen Wohnraum zu schaffen. In Hüncheringen (derzeit rund 800 Einwohner) werde mit der geplanten Erweiterung um 2.000-3.000 Einwohner nicht nur ein Grüngürtel, sondern zudem der gewachsene Dorfcharakter zerstört.

In Differdingen soll zur Erweiterung der Industriezone „Haneboesch“ ein alter Baumbestand abgeholzt und ein kostbares Feuchtbiotop zerstört werden, so eine weitere Kritik. Da man nicht „a priori“ gegen Industrieansiedlungen sei, schlägt Méco vor, neue Industrien in Differdingen auf der früheren Arcelor-Halde anzusiedeln.

Über den Tisch gezogen

Geradezu über den Tisch gezogen fühlen sich die Umweltschützer mit dem Projekt einer Industriezone in Grass (Steinfort). „War es vor Jahren nicht ein von allen akzeptierter Kompromiss, diese Industriezone nicht zu realisieren und stattdessen die auf Windhof zu vergrößern?“, fragt Méco. Und ärgert sich darüber, dass jetzt Windhof vergrößert wird und in Grass statt der kleinen Gewerbezone auch eine Industriezone entstehen soll.

Neben dem Dauerbrennerthema Wickringen/Livingen werden im Sündenregister von Méco auch das Tanklager und die geplante Umgehungsstraße in Bascharage aufgelistet. „Ein politischer Kuhhandel auf Kosten einer Naturschutzzone“, der mit einer erschreckenden Selbstverständlichkeit so dargestellt werde, als wenn es eine reine Formalität wäre.

Keine Lapalie

„Dabei ist für die Umklassierung einer schon ausgewiesenen Schutzzone eine Zustimmung der EU notwendig“, unterstrich Blanche Weber. Für Méco geht es bei den aufgeworfenen Dossiers um prinzipielle Fragen. Und da sei man auch bereit, notfalls juristische Schritte einzuleiten, betont sie.