Lagarde wegen umstrittener Entschädigung vor Gericht

Lagarde wegen umstrittener Entschädigung vor Gericht
(AP/Thibault Camus)

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Die Grande Dame der internationalen Finanzwelt muss auf die Anklagebank. Lagarde soll als Ministerin in Paris fahrlässig gehandelt haben - und damit einen Millionen-Skandal ermöglicht haben.

Weltwährungsfonds-Chefin Christine Lagarde steht wegen einer umstrittenen Millionenzahlung aus ihrer Zeit als französische Finanzministerin vor Gericht. Der 60-Jährigen wird in Paris vorgeworfen, durch fahrlässiges Handeln eine Veruntreuung öffentlicher Gelder ermöglicht zu haben. Der Prozess beginnt am Montagnachmittag, bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu ein Jahr Haft und 15 000 Euro Strafe. Zudem stellt sich die Frage, ob Lagarde bei einem Schuldspruch ihr Amt beim Internationalen Währungsfonds (IWF) behalten könnte.

Die Französin hatte als Ministerin 2007 grünes Licht für ein Schiedsverfahren gegeben, bei dem dem französichen Geschäftsmann Bernard Tapie eine Entschädigung von mehr als 400 Millionen Euro zugesprochen wurde. Tapie war vor Gericht gezogen, weil er sich beim Verkauf seiner Anteile am deutschen Sportartikelhersteller Adidas von der früheren Staatsbank Crédit Lyonnais geprellt sah. Die hohe Entschädigung sorgte für viel Kritik und wurde inzwischen von Gerichten aufgehoben. Die Justiz ermittelt gegen mehrere Beteiligte wegen des Verdachts auf bandenmäßigen Betrug, es soll Verbindungen zwischen Tapie und einem der Schiedsmänner gegeben haben.

Lagarde hatte dem Schiedsverfahren zugestimmt und später auch auf einen Einspruch verzichtet, nach Ansicht der Anklage vorschnell und ohne sich ausreichend mit der Materie auseinandergesetzt zu haben. Sie selbst hat die Vorwürfe stehts zurückgewiesen. In Interviews mit französischen Medien sagte sie mit Blick auf den Prozess, sie sei „gelassen und entschlossen“: „Meine Anwälte werden die juristischen Mittel finden, um dieser merkwürdigen Situation zu begegnen.“

„Im unwahrscheinlichen Fall eines Schuldspruchs …“

Die Verteidigung kritisierte, dass die Betrugs-Ermittlungen noch liefen – vor einem Prozess gegen Lagarde müsse ein Gericht aber erstmal entscheiden, ob es überhaupt eine Veruntreuung gegeben habe. Die Anwälte wollen deshalb eine Verschiebung beantragen, wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete.

Nach Angaben aus IWF-Kreisen gibt es keine Vorschrift, nach der Lagarde im Fall einer Verurteilung zwingend ihr Amt aufgeben müsste. Ihre Glaubwürdigkeit wäre aber erschüttert. „Im unwahrscheinlichen Fall eines Schuldspruchs müsste der Exekutivrat entscheiden, was zu tun ist“, hieß es in Washington.

Für den Prozess sind sieben Tage bis zum 20. Dezember angesetzt. Verhandelt wird vor dem Gerichtshof der Republik, einem Spezialgericht, das nur für Rechtsverstöße von Ministern im Rahmen ihre Amtes zuständig ist. Das Urteil entscheiden drei Berufsrichter und zwölf Parlamentarier aus Nationalversammlung und Senat.

Lagarde war 2007 vom damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy zur Wirtschafts- und Finanzministerin ernannt worden. 2011 wechselte sie nach dem Rücktritt von Dominique Strauss-Kahn als IWF-Chef nach Washington und übernahm die Nachfolge ihres Landsmanns.