Kritik am Strafvollzug für Jugendliche

Kritik am Strafvollzug für Jugendliche

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Der nationale Menschenrechtsausschuss weist auf etliche Schwachstellen im Gesetzentwurf über die Reform des Strafvollzugs hin.

Der Strafvollzug in Luxemburg muss reformiert werden, darüber herrscht Einigkeit. Über die geplanten Gesetzesänderungen jedoch, die vor allem minderjährige Straftäter betreffen, zeigt sich die „Commission Consultative des Droits de l‘homme du Grand-Duché de Luxembourg“ (CCDH) bestürzt. Eine Vision für die „Centres socio-éducatif de l’État“ (CSEE) müsse ausgearbeitet werden.

Die aktuelle Situation sei nicht weiter hinnehmbar, Kinder gehören nicht mit Erwachsenen zusammen in eine Strafvollzugsanstalt, so Gilbert Pregno, Präsident der Menschenrechtskommission. Momentan werden minderjährige Straftäter, die zu einem Freiheitsentzug verurteilt worden sind, zusammen mit den erwachsenen Häftlingen in Schrassig untergebracht. Auch wenn sie hier zwar räumlich voneinander getrennt würden, seien die gegebenen Strukturen alles andere als optimal, um Minderjährige zu betreuen, so Deidre Du Bois von der CCDH. Die Jugendlichen könnten hier nicht angemessen begleitet werden, zudem würden hier zahlreiche Verletzungen der Rechte des Kindes vorliegen, stimmte Pregno zu. Dies sei keine exklusive Meinung der Menschenrechtskommission, sondern auch die des neuen Gefängnisdirektors in Schrassig, Michel Lucius. An dieser Situation sollte sich nicht zuletzt durch den Bau der „Unité de sécurité“ in Dreiborn (Unisec) etwas ändern. Das Gebäude ist seit 2014 fertig, der rechtliche Rahmen zur „Inbetriebnahme“ fehlt hingegen noch. An was das denn liege? „Keine Ahnung, wir warten bis heute auf eine klare Antwort. Aber der Justizminister und der Erziehungsminister stehen hier in der Pflicht“, so die CCDH.

Wenig Verständnis für Jugendvollzugsanstalt

Dass überhaupt ein richtiges Gefängnis für Jugendliche gebaut wurde, sorgte für reichlich Kritik. „Hier könnten auch Erwachsene untergebracht werden. Wie man hier erzieherisch arbeiten will, ist mir ein Rätsel“, so Pregno weiter. Kinder müssten nicht von Gefängniswärtern bewacht, sondern von einem geschulten pädagogischen Personal betreut werden. Erzieherische Projekte müssten ausgearbeitet werden, die die Kinder durch die verschiedenen Instanzen begleiten und sie wieder auf eine Reintegration in die Gesellschaft vorbereiten. Dabei kann sich die CCDH auch eine Dezentralisierung der CSEE mit ihren momentanen Einrichtungen in Dreiborn und Schrassig auf mehrere kleinere Strukturen an diversen Orten vorstellen. Zurzeit seien die Erzieher, besonders in Schrassig, jedoch mit den gegebenen Strukturen teilweise überfordert, eine konstruktive Arbeit sei nur bedingt möglich, heißt es weiter. Zudem sind keine konkreten Regelungen geplant, wann ein Straftäter in das „Centre socio-éducatif de l’Etat“ in Dreiborn kommt und wann er in den geschlossenen Vollzug überführt werden soll.

Im Strafrecht ist für erwachsene Straftäter alles klar geregelt, bei den Minderjährigen fehlt jedoch eine klare Linie. Ab welchem Lebensjahr kann ein Minderjähriger eingesperrt werden? Für welches Vergehen kann er eingesperrt werden? Wie lange darf ein jugendlicher Straftäter eingesperrt werden? Alles offene Fragen, die auch mit den neuen Gesetzesänderungen nicht beantwortet werden. Die Härte der Bestrafung liege komplett in den Händen der Jugendrichter, die unter den gegebenen Umständen eine gute Arbeit leisten, so Du Bois.

Zu den aufgezählten Bedenken komme hinzu, dass die Kinder nach jetzigem Gesetzesvorschlag nicht frei mit ihrem Anwalt kommunizieren könnten. Weiter fordert die CCDH, dass schwangere Jugendliche nicht in die Unisec überführt werden dürfen. Auch die Isolationshaft für jugendliche Straftäter, momentan als einzige Disziplinarmaßnahme festgehalten, solle nur in Härtefällen angewandt werden dürfen.