Konservative vor dem Zerfall

Konservative vor dem Zerfall
(AFP/Mehdi Fedouach)

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Die Sozialisten in Frankreich sind nach der Präsidentenwahl fast nicht mehr existent. Jetzt werden auch die Konservativen in ihren Grundfesten erschüttert.

Mit leicht federndem Schritt, wie man ihn von Barack Obama gewohnt war, geht Staatspräsident Emmanuel Macron die Gangway seines Dienstflugzeuges hinunter, um in der Wüste von Mali den Staatspräsidenten zu begrüßen, der seinetwegen aus der Hauptstadt Bamako angereist war.

Macron, Staatspräsident ohne Gnadenfrist, bei dem alle nur auf den ersten Fehler warten, um sich auf ihn zu stürzen, ist innerhalb weniger Tage in sein Amt geschlüpft. Die Regierung ist eine Überraschung, seine Auftritte machen die Opposition sprachlos. Am Tag der Amtsübernahme fährt er im offenen militärischen Kommandowagen die Champs-Elysées hinunter und zeigt sich als Chef der französischen Armee. Am Tag vor seinem Besuch in der Sahelzone bei den französischen Soldaten besucht er ein Militärhospital.
In Mali sagt er, dass Frankreich den Islamischen Staat bei seiner Festsetzung in der Sahelzone gnadenlos bekämpfen wird. Von Deutschland, das mit 800 Soldaten und umfangreichem logistischen Gerät vertreten ist, aber sich an Kämpfen nicht beteiligt, fordert er ein stärkeres Engagement. Ein Treffen mit deutschen Soldaten ist geplant. Macron ist da, wo er sein muss. Er ist stets gut vorbereitet.

Reformer und Träumer

Während der französische Staatspräsident in der Wüste beeindruckt, herrscht in der französischen Parteienlandschaft Katzenjammer. Die Sozialisten sind definitiv in Reformer und Träumer gespalten. Und Macron mit seiner Vorwärtsbewegung arbeitet kräftig an der weiteren Spaltung. Der Ex-Premierminister Manuel Valls darf zwar nicht für die „Macronisten“ kandidieren, aber sie haben in seinem Wahlkreis auch keinen eigenen Kandidaten aufgestellt. Macron hat das in 50 Wahlkreisen für die Wahl der neuen Nationalversammlung so gemacht und behandelt damit die Sozialisten und die Konservativen, die schon angedeutet haben, dass sie ihn im Parlament unterstützen werden, pfleglich.

Genau da liegt das Problem für die Konservativen. Sie würden zum großen Teil ja gerne mit Macron kooperieren. Aber zunächst gibt es den Wahlkampf. Und da wissen sie nicht genau, ob sie nun bis zur Wahl für oder gegen Macron sind. Die Republikaner sind in drei Blöcke gespalten. Der Ex-Staatspräsident Sarkozy hat seine Gruppe mit François Baroin, Bürgermeister von Troyes, an der Spitze. Baroin führt die Konservativen in den Wahlkampf. Dann gibt es die Hardliner, gut rechts und kompromisslos. Hinter dem Bürgermeister von Bordeaux, Alain Juppé, stehen die eher liberalen Konservativen.

Drei Republikaner in der Regierung

Als Staatspräsident Macron seine Regierungsliste veröffentlicht hatte, stockte den Republikanern der Atem. Sowohl der Premierminister als auch der Wirtschaftsminister und der Finanzminister kamen aus ihren Reihen. Gut 20 Mitglieder des Führungskreises sprachen sich in einem Pamphlet dann auch noch dafür aus, die von Macron ausgestreckte Hand zu ergreifen und mit ihm zu kooperieren. Das war zu viel für die Parteispitze, die befand, dass sich der Premierminister, der Wirtschaftsminister und der Finanzminister nun selbst aus der Partei ausgeschlossen hätten. Allerdings zeigte sich Alain Juppé ganz zufrieden und meinte, dass da fähige Republikaner in die Regierung eingezogen seien.

Macron hat mit den drei konservativen Ministern eine Bresche in deren Front geschlagen. Tatsächlich gibt es bei nicht wenigen von ihnen eine Neigung nach rechts außen. Der Front national, dem in der kommenden Nationalversammlung etwa 15 Mandate zuerkannt werden, bereitet sich mit einer im Innern bereits heftig tobenden Diskussion darauf vor, eine gemäßigte Rechts-außen-Partei zu werden. Manche Republikaner sind dazu geneigt, mit ihnen dann gemeinsame Politik zu betreiben. Ein anderer Teil der Republikaner würde sich auf eine Koalition mit den „Macronisten“ einlassen. Die Spaltung der Republikaner wäre perfekt und ihr Überleben wäre auf Dauer nicht mehr gesichert. Andererseits würde sich rechts mit dem Ex-Front-national unter neuem Namen und neuer Philosophie eine geglättete neue bürgerliche Opposition zusammenfinden. Macron aber würde in der Mitte die neue politische Kraft haben, die sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite von Parteien umgeben ist, die innerlich zerstritten sind.

Während Staatspräsident Macron in Mali Afrika-Politik betreibt, befindet sich der neue Wirtschaftsminister Bruno Le Maire in der Glasfabrik Arc im Norden Frankreichs und erklärt die neue Regierungsphilosophie. Regierungschef Edouard Philippe tritt ostentativ mit dem neuen Umweltminister Nicolas Hulot auf. Bruno Le Maire wird am Montag bei Finanzminister Schäuble in Berlin sein.

Die politische Rechte weiß einmal mehr nicht, wie sie darauf reagieren soll. Niemand in Frankreich war bereit, Staatspräsident Macron eine Einarbeitungsfrist zu gönnen. Tatsächlich braucht er sie nicht. Er treibt die französischen Parteipolitiker vor sich her.