/ Kompetenzen werden erweitert

(François Aussems)
Das Projekt befindet sich nun auf der Zielgeraden, wie Innenminister Dan Kersch auf Nachfrage bestätigte: „Bis spätestens Ende März sollte ich den Text im Ministerrat vorgebracht haben können.“ Diese Reform wird einer langjährigen Forderung aus dem kommunalen Sektor Rechnung tragen. In Zeiten zunehmender kleinerer „incivilités“ wurde auch ganz allgemein vermehrt über eine Änderung bei den sog. „Ordnungsstrafen“ diskutiert.
Wir haben uns mit dem Innenminister noch einmal über die Details unterhalten.
Ist-Zustand
Angefangen beim Ist-Zustand: „Pecherten“ können der Polizei helfen, indem sie Knöllchen verteilen an falsch geparkte Autos. Daher auch der „Spitzname“. Alle anderen Vergehen, die im kommunalen „Règlement général de police“ (allgemeines Polizeireglement) vorgesehen sind – und das sind mitunter sehr viele –, können nur von der Polizei festgestellt und geahndet werden.
Und: Alles, was im Polizeireglement einer Gemeinde unter Strafe gestellt ist, kann gerichtliche Folgen haben.
Administrative Strafe
Beides wird in Zukunft geändert. Dan Kersch: „Kleinere Vergehen werden aus dem ‚Code pénal‘ ganz herausgenommen und werden nur noch zu ‚administrativen Strafen‘ führen. D.h. keine Polizei mehr; kein Protokoll mehr; keine Staatsanwaltschaft mehr, die entscheiden muss ob, ja oder nein, das bestrafte Vergehen gerichtliche Konsequenzen bekommt. Demnach eine Entlastung der Polizei und der Gerichte.“
Kategorisierung
Die Kategorisierung erfolgt über die Höhe der festgesetzten Strafe: Vergehen, die mit Geldstrafen zwischen 25 und 250 Euro sanktioniert werden, können in Zukunft von kommunalen Ordnungsbeamten geahndet werden und sind ein rein administrativer Vorgang. „Das reicht dann von Falschparken über nicht entfernten Hundekot auf dem Spielplatz oder dem nicht vom Schnee befreiten Bürgersteig bis hin zu gefährlichen Gegenständen auf dem Fenstersims“, zählt Kersch einige Beispiele auf.
Vergehen mit Bußgeldern zwischen 250 und 2.500 Euro können auch in Zukunft nur von der Polizei festgestellt und geahndet werden, und diese werden auch weiterhin ein Fall für die Staatsanwaltschaft sein.
Ausnahme
Eine Ausnahme wird es hier geben: „Pecherten“ mit Berufserfahrung, die bereits ein Promotionsexamen hinter sich haben und zusätzlich eine spezielle, an Polizeiausbildung angelehnte Fortbildung absolviert haben, können zum „Agent de police judiciaire“ werden. Diese dürfen dann auch die Vergehen bis 2.500 Euro feststellen und ahnden.
Polizisten können in Zukunft selbstverständlich weiter alle Vergehen ahnden, auch die von weniger als 250 Euro.
Bezahlung
Auch die Bezahlung (bis 250 Euro) soll zukünftig eine administrative Vereinfachung, verbunden mit einem „Rabatt“ für den Straffälligen, beinhalten. Wird gleich an Ort und Stelle des Vergehens bezahlt, oder innerhalb von acht Tagen bei der Gemeinde/per Überweisung, ist nur die Hälfte der fälligen Strafe zu zahlen.
Geschieht dies nicht, wird ein sog. „fonctionnaire sanctionnateur“, der im Innenministerium angesiedelt werden wird („um die Gemeinden nicht zusätzlich zu belasten“, so Dan Kersch), die gesamte Geldbuße dann einfordern. Bei diesem Beamten kann auch Einspruch eingereicht werden.
Einspruch
Auch in diesem Punkt wird es eine administrative Vereinfachung geben: Gegen die finale Entscheidung dieses Beamten ist ein Einspruch möglich beim „Tribunal administratif“. Vor dieser Gerichtsbarkeit kann man nur per Anwalt Einspruch einlegen.
Dies wird nun per Gesetz dahingehend abgeändert, dass man auch ohne Anwalt wegen besagter Vergehen unter 250 Euro vor das Verwaltungsgericht ziehen kann.
Gemeinde-Autonomie
Eine Vereinheitlichung aller kommunalen Polizeireglemente wird es nicht geben: „Das wäre gegen die Gemeinde-Autonomie, wie sie derzeit in der Verfassung und den Gesetzen festgehalten ist“, erklärt der Innenminister.
Im abgeänderten Gesetz wird es einen Katalog von etwa 25 Vergehen geben, die zukünftig von „agents municipaux“ geahndet werden können. „Den Gemeinden steht es dann frei, sich aus diesem Katalog das auszusuchen, was ihnen für ihre Kommune wichtig und richtig erscheint. Denn im Sinne der Gemeinde-Autonomie bleibt: Jede Gemeinde kann reglementieren, was sie will, also auch Sachen, die nicht in diesem Katalog oder anderen Gesetzen stehen. Solange sie die Verfassung und bestehende Gesetze respektieren und sie damit ihrem öffentlichen Auftrag von ’sécurité, tranquillité, salubrité‘ nachkommen“, so Dan Kersch.
Gemäß Letzterem müsste eigentlich auch jede Gemeinde in Luxemburg ein allgemeines Polizeireglement haben: „Etwa 40 haben immer noch gar keines, das finde ich nicht gut und auch das Syvicol nicht.“ Das neue Gesetz soll auch in dieser Hinsicht eine „Anregung“ sein, damit sich endlich jede Gemeinde ein Polizeireglement gibt. Eine Möglichkeit des Zwangs sieht Kersch hier wegen der Definition der Gemeinde-Autonomie nicht.
Genauso wenig könne man Gemeinden vorschreiben, sie müssten „agents municipaux“ haben.
Weitere Details zum Thema finden Sie im Tageblatt vom 6. Februar (Print und Epaper).
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