/ Khan siegt trotz Schlammschlacht

(Reuters/Toby Melville)
London wird künftig erstmals von einem muslimischen Bürgermeister regiert: Bei der Wahl am Freitag siegte der Labour-Kandidat Sadiq Khan, Sohn eines Einwanderers aus Pakistan, klar über den konservativen Kandidaten Zac Goldsmith. Khan erhielt rund 57 Prozent der Stimmen.
Khans konservativer Herausforderer Zac Goldsmith hatte noch wenige Tage vor dem Wahl einen Gastbeitrag in der Boulevardzeitung „Daily Mail“ veröffentlicht, der mit dem Foto eines zerstörten Linienbusses von den Terroranschlägen 2005 in London bebildert war. Sollte Khan gewählt werden, stünde die Stadt kurz vor einer Katastrophe, schrieb Goldsmith. Die Schlammschlacht konnte jedoch Khans Sieg nicht im Weg stehen.
In anderen Teilen schwach
In anderen Teilen Großbritanniens schnitt die linke Labour-Partei bei den Kommunal- und Regionalwahlen allerdings schwächer ab. In seiner Dankesrede nahm Khan in der Nacht zu Samstag Bezug auf den mit harten Bandagen geführten Wahlkampf, in dem die Konservativen ihm Sympathien für islamische Extremisten unterstellt hatten. „London hat für die Hoffnung und gegen die Furcht, für die Einheit und gegen die Spaltung gestimmt“, sagte der 45-Jährige.
Das mache ihn stolz. „Furcht macht uns nicht sicherer, sie macht uns nur schwächer“, sagte er. Khan versprach, ein „Bürgermeister für alle Londoner“ zu sein. Bei Khans Siegesrede waren auch die Kandidaten der anderen Parteien auf der Bühne. Der Kandidat der rechtsgerichteten Partei Britain First, Paul Golding, drehte Khan bei dessen Ansprache demonstrativ den Rücken zu. Khan hat eine klassische Aufsteigerbiographie: Geboren wurde er 1970 als Sohn eines aus Pakistan zugewanderten Busfahrers. Zusammen mit sieben Geschwistern wuchs Khan in einer Sozialwohnung auf. Nach dem Studium arbeitete er drei Jahre als Rechtsanwalt für eine britische Menschenrechtsgruppe. 2005 zog er ins britische Unterhaus ein.
Erster Muslim einer Regierung
Drei Jahre später wurde er Verkehrsminister – und war damit der erste Muslim in einer britischen Regierung. Khan tritt nun die Nachfolge des populären Konservativen Boris Johnson an, dem Ambitionen auf das Amt des Premierministers nachgesagt werden. Khans Gegner im Wahlkampf war der Konservative Goldsmith: ein Multimillionär, der einer reichen Investorenfamilie entstammt. Dem Endergebnis zufolge erhielt Khan rund 1,31 Millionen Stimmen, auf Goldsmith entfielen rund 995.000 Stimmen. Labour-Chef Corbyn gratulierte Khan bereits vor Bekanntgabe des Endergebnisses über Twitter.
Glückwünsche kamen auch aus anderen Metropolen. New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio hob hervor, dass sich Khan vor allem um bezahlbares Wohnen kümmern wolle. Er freue sich auf die Zusammenarbeit, erklärte de Blasio. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo erklärte, die Londoner würden von Khans „Humanität und Fortschrittlichkeit“ profitieren. Zu den Kommunal- und Regionalwahlen waren am Freitag rund 45 Millionen Briten aufgerufen. Besonders schmerzhaft für die Labour-Partei war das schwache Abschneiden in ihrer früheren Hochburg Schottland, wo sie hinter den schottischen Nationalisten und den Konservativen nur dritte Kraft wurde.
„Überzeugen, nicht spalten“
Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon von der nationalistischen Partei SNP wird voraussichtlich ihr Amt behalten. Ein neuerliches Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands stellte sie in ihrer Siegesansprache nicht in Aussicht. Ihre Partei wolle „mit Geduld“ vorgehen, sagte Sturgeon. „Unser Ziel ist es zu überzeugen, nicht zu spalten.“ Bei dem Referendum 2014 hatte es keine Mehrheit für die Unabhängigkeit gegeben.
Bei den Kommunalwahlen im englischen Landesteil zeichneten sich für Labour leichte Verluste ab. Kritiker des umstrittenen Parteichefs Corbyn verwiesen aber darauf, dass die Oppositionspartei in den Regionalwahlen zur Mitte der Legislaturperiode in der Regel zulegen kann. Ihre Stellung als stärkste Kraft behauptete die Labour-Partei im Landesteil Wales.
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