Kerry mit Zuckerbrot und Peitsche

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Kerry gibt Vollgas im Bemühen um einen echten Durchbruch bei den ewigen Verhandlungen um Frieden in Nahost. Dabei setzt er Zuckerbrot und Peitsche ein. Doch noch bocken beide Seiten in zentralen Fragen.

US-Außenminister John Kerry malt ein Bild in blühenden Farben, wenn er von den wunderbaren Möglichkeiten eines Nahost-Friedens spricht. „Stellen Sie sich vor, wie das die Dynamik der Reise und Wirtschaft (in Nahost) ändern würde“, sagte Kerry am Sonntag in Jerusalem.

Er schwärmt von Wohlstand für Israelis und Palästinenser, sollten sie endlich ihren jahrzehntelangen Konflikt beenden. „Die Vorteile für beide Seiten sind enorm“, sagte Kerry. Enorm sind jedoch bislang vor allem die Widerstände beider Seiten gegen schmerzhafte Eingeständnisse, die eine Friedensregelung ihnen abfordern würde.

Kerry gibt Vollgas

Doch davon lässt Kerry sich nicht einschüchtern. Seit Donnerstagabend pendelt er wieder beharrlich zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hin und her. Nach einem kurzen Abstecher nach Jordanien und Saudi-Arabien sollen die Vermittlungsgespräche auch an diesem Montag weitergehen. Knapp vier Monate vor Ende des auf neun Monate festgelegten Zeitrahmens für die Nahost-Friedensgespräche gibt Kerry Vollgas im Bemühen um eine Rahmenvereinbarung, die den Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung doch noch ebnen soll.

Der unermüdliche Friedensmakler gab sich am Sonntag betont optimistisch; Israelis und Palästinenser klangen dagegen gar nicht euphorisch. Es habe „keine echten oder wesentlichen Fortschritte“ bei den bisherigen Gesprächen gegeben, sagte der Abbas-Vize in der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, Jassir Abed Rabbo.

Alle Kernfragen auf dem Tisch

Israelische Medien berichteten, bei Kerrys Treffen mit Netanjahu am Donnerstag und mit Abbas am Freitag habe es erhebliche Spannungen gegeben. „Alle Kernfragen des Konflikts sind auf dem Tisch“, erklärte Kerry am Sonntag.

Eines der zentralen Streitthemen ist das Jordantal am Ostrand des Westjordanlands, das beide Seiten für sich beanspruchen. „Unsere Sicherheit muss in unseren Händen bleiben“, sagte Israels Geheimdienstminister Juval Steinitz. Ideen wie eine internationale Truppenpräsenz, eine elektronische Überwachung der Grenze oder eine Zusammenarbeit mit einer Palästinenserpolizei seien nicht realistisch.

Damit erteilt er Vorschlägen eine deutliche Absage, die nach Medienberichten Teil eines US-Sicherheitsplans für das Jordantal sind. Die von Israel geforderte Truppenpräsenz für mindestens zehn Jahre an der Ostgrenze eines künftigen Palästinenserstaates lehnt Abbas vehement ab. Auch die Arabische Liga hatte entsprechende US-Vorschläge für das Jordantal im Dezember klar zurückgewiesen.

Arabische Rückendeckung für Abbas

Ohne Billigung der Arabischen Liga kann Abbas schmerzhafte Konzessionen im Friedensprozess nicht durchsetzen. Ziel von Kerrys Reise nach Jordanien und Saudi-Arabien ist es daher auch, für arabische Rückendeckung für Abbas zu werben. Vor seinem Abflug erinnerte er daran, dass die saudische Friedensinitiative von 2002 eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und 22 arabischen und 35 muslimischen Staaten vorsehe.

Überraschende Schützenhilfe erhielt Kerry von Israels ultrarechtem Außenminister Avigdor Lieberman, der sich bislang sehr abfällig über den Friedensprozess geäußert hatte. Er sei für ein „umfassendes und echtes Abkommen“ mit den Palästinensern, sagte der Vorsitzende der Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) am Sonntag.

Der Dialog mit den palästinensischen Nachbarn sei von „höchster Wichtigkeit“. Die strategische Zusammenarbeit mit den USA bilde die Basis für Israels Außenpolitik, sagte Lieberman. Das kleine Israel müsse daher „nicht nur daran denken, wie die USA uns helfen können, sondern auch, wie wir ihnen helfen können“, sagte der sonst so bärbeißige Politiker vor Diplomaten in Jerusalem.