„Keine andere Wahl als Vertragsverletzungsverfahren“

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Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Tschechien, Ungarn und Polen angekündigt. Grund ist die Weigerung der drei Länder, an der Neuverteilung von Flüchtlingen in der EU teilzunehmen.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Tschechien, Ungarn und Polen angekündigt, weil diese keine Flüchtlinge beherbergen. Die drei Länder hätten im Rahmen des Programms zur Neuverteilung von 160.000 Flüchtlingen in der EU mehr als ein Jahr lang überhaupt niemanden aufgenommen, sagte Juncker am Mittwoch.

„Damit haben wir keine andere Wahl, als heute ein Vertragsverletzungsverfahrengegen diese drei Länder in Kraft zu setzen“, fügte Juncker hinzu. Und weiter: „Hierbei geht es nicht – ich möchte dies unterstreichen – um Sanktionen, sondern es geht darum, deutlich zu machen, dass getroffene Entscheidungen geltendes Recht sind – selbst wenn man dagegen gestimmt hat.“

Am Dienstag hatte die EU-Kommission ihre davor mehrfach erhobene Drohung wahr gemacht und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen, die Tschechische Republik sowie Ungarn eingeleitet. Im September 2015 hatten sich die EU-Staaten unter luxemburgischem Ratsvorsitz darauf geeinigt, 120.000 Asylsuchende in der Union umzuverteilen. Ein Vierteljahr vor Auslaufen des Vertrages sind aber noch nicht einmal 21.000 Flüchtlinge umgesiedelt worden.

Es sollte den Griechen und Italienern helfen

Damit sollten insbesondere Griechenland und Italien entlastet werden, die vom massiven Zustrom von Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten des Nahen Ostens überfordert waren. Bei der Abstimmung der EU-Innenminister in Brüssel stimmten Tschechien, Rumänien, Ungarn und die Slowakei dagegen. Dies reichte jedoch nicht aus, um das Vorhaben zu kippen.

Zum 9. Juni 2017 hat Luxemburg 110 Menschen aus Italien übernommen und 216 aus Griechenland:

In der Folge reichten sowohl die Slowakei als auch Ungarn Klage gegen die Entscheidung, nach der sie verbindlich ein gewisses Kontingent an Asylsuchenden aufnehmen müssten, vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein. Dieser hat sich bereits mit der Angelegenheit befasst, ein Urteil wird allerdings erst nach dem Sommer erwartet.

„Was wir tun, ist politisch und juristisch korrekt“

Dieses wollte die EU-Kommission erst gar nicht abwarten. Die Befassung des EuGH habe keinen Aussetzungseffekt auf die Entscheidung. „Was wir tun, ist politisch und juristisch korrekt“, versicherte Dimitris Avramopoulos.
„Wir müssen fair sein gegenüber jenen, die ihre Verpflichtungen einhalten“, sagte der griechische Kommissar weiter und fügte die Hoffnung an, dass auch die drei betroffenen EU-Staaten bald diesen Verpflichtungen nachkommen würden.

Trotz wiederholter Aufforderungen durch die Kommission haben die drei im vergangenen Jahr nichts unternommen, um Flüchtlinge im Rahmen des Umverteilungsprogramms aufzunehmen. Lediglich Tschechien hat bislang 12 Flüchtlinge aus Griechenland aufgenommen.

Polen hatte schon zugesagt, dann kam Kaczynski

Polen hatte zwar im Dezember 2015 zugesagt, Asylbewerber aufzunehmen. Dann aber gewann Jaroslaw Kaczynskis PiS-Partei die Wahlen und Polen schloss sich seinen Visegrad-Partnern an. Rumänien hatte zwar im September 2015 gegen die Entscheidung gestimmt, hat aber laut neuesten Zahlen, die gestern von der EU-Kommission vorgelegt wurden, mittlerweile 634 Asylsuchende aufgenommen. In der Slowakei sind ebenfalls erst 16 Flüchtlinge aus dem Umverteilungsprogramm angekommen.

„Es werden nur Leute umverteilt, die einen klaren Schutz brauchen“, trat Dimitris Avramopoulos etwaigen Bedenken entgegen. Die Umverteilung sowie die Umsiedlung von Flüchtlingen sei der einzige Weg, um Sicherheitsrisiken zu vermeiden, meinte der EU-Kommissar weiter.