/ Katar, Zahlmeister der Muslimbrüder

(Reuters)
Die Schlagzeilen beim Treffen der islamischen Staatsoberhäupter in Kairo gehören Mahmud Ahmadinedschad. Als erster iranischer Regierungschef seit mehr als 30 Jahren besucht er das Land am Nil. Hinter den Kulissen des 12. Gipfels der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) hingegen wird vor allem über die neue Allianz zwischen Ägypten und dem Golfstaat Katar diskutiert.
Während die Beziehung zwischen Ahmadinedschad und Ägyptens Präsident Mohammed Mursi von beidseitigem Misstrauen geprägt ist, verbindet Mursi und dem umtriebigen Emir Hamad bin Chalifa Al Thani aus Katar eine enge politische Kooperation. Kein anderes Staatsoberhaupt war seit dem Amtsantritt Mursis öfter in Kairo zu Besuch. Das ist bemerkenswert, galten die Beziehung zwischen den beiden Staaten vor der ägyptischen Revolution bestenfalls als unterkühlt.
Fluchtpunkt der Muslimbrüder
Während der gestürzte ägyptische Diktator Husni Mubarak auf Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate als seine wichtigsten Verbündeten auf der Arabischen Halbinsel setzte, unterhält die ägyptische Muslimbruderschaft seit den frühen 60er Jahren gute Kontakte zum Herrscherhaus in Doha. Damals wanderte eine Gruppe führender Muslimbruder, daheim wegen ihrer radikalen Ansichten unter Druck geraten, auf die Halbinsel am Persischen Golf aus. Unter ihnen befand sich der islamistische Prediger Yusuf al-Qaradawi, der in Katar zahlreiche Muslimbrüderzellen gründete und als wichtigste Stimme der Organisation in den Golfstaaten gilt.
Die wichtigste Plattform al-Qaradawis ist der ebenfalls in Katar ansässige Nachrichtenkanal Al Dschasira. Durch seine Sendung „Die Scharia und das Leben“ verbreitet der mittlerweile 86-Jährige seine religiösen Kommentare im ganzen arabischen Raum. Die Medienpräsenz, die Katar dem charismatischen Prediger einräumt, hat maßgeblich zur Verbreitung der Muslimbrüder-Propaganda während der vergangenen zwei Jahrzehnte beigetragen. Die katarische Führung hat dafür auch eine Belastung der Beziehungen zu den übrigen Golfstaaten in Kauf genommen, die der Muslimbruderschaft kritisch bis feindselig gegenüber stehen.
18 Milliarden Dollar an Investitionen
Seit der Machtübernahme der Islamisten am Nil leistet Katar nicht mehr nur ideologischen Beistand, sondern greift der Regierung auch finanziell unter die Arme. „Wir werden Ägypten nicht bankrottgehen lassen“, versprach Katars Ministerpräsident vergangenen Monat, nachdem das ägyptische Pfund auf den tiefsten Stand seit über zehn Jahren gefallen war.
Insgesamt 2,5 Milliarden Dollar (1,9 Millirden Euro) pumpte sein Land im vergangenen halben Jahr in die ägyptische Wirtschaft. Weitere 1,5 Milliarden Dollar an Direkthilfe sollen in den kommenden Monaten folgen. Bis 2018 will Katar 18 Milliarden Dollar in Energie- und Tourismusprojekte in Ägypten stecken. Die Hilfsangebote aus dem Westen nehmen sich dagegen zwergenhaft aus.
Katar und der Suezkanal
Über kaum etwas wird unter ägyptischen Politologen und Journalisten derzeit mehr gerätselt als über die Motive für Katars Spendierfreudigkeit. Dass der geltungsbedürftige Emir Al Thani die Erlöse aus dem Erdgasexport seines Landes benutzt, um seinem kleinen Reich zu mehr Gewicht auf dem internationalen Parkett zu verhelfen, ist nicht neu. Al Thani wolle auf der Welle des Arabischen Frühlings und dem damit verbundenen Aufstieg des politischen Islam reiten, vermuten einige Kommentatoren. Als „Schatzmeister der Muslimbrüder“ hoffe er, sich ein Vermächtnis zu schaffen.
Seit dem jüngsten Besuch des Emirs in Kairo wird jedoch auch über handfestere Gründe für Al Thanis Interesse an Ägypten spekuliert. Immer wieder heißt es, Katar habe ein Auge auf den Suezkanal geworfen. Gemeinsam mit dem Tourismus ist der Kanal, der 1956 verstaatlicht wurde, die wichtigste Einnahmequelle des Landes. Nun warnt die Opposition, die Regierung plane aus Geldnöten den Verkauf des Kanals, und weist darauf hin, dass fast alle Investitionen Katars entlang der Wasserstraße geplant seien. Bei den Anti-Regierungsprotesten in den vergangenen Wochen skandierten Demonstranten erstmals auch gegen Emir Al Thani.
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