Kammerdiener allein verantwortlich

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Ein Geständnis, angeblich keine Mittäter - nach nur vier Prozesstagen soll am Samstag das Urteil im "Vatileaks"-Prozess fallen. Dem Ex-Kammerdiener des Papstes droht eine mehrjährige Haftstrafe.

Nach nur vier Verhandlungstagen soll im Prozess um die Enthüllungsaffäre „Vatileaks“ an diesem Samstag das Urteil gesprochen werden. Der angeklagte Ex-Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, gestand im Prozess die Vorwürfe ein und übernahm die alleinige Verantwortung. Er gab am Dienstag vor dem vatikanischen Tribunal zu, vertrauliche Dokumente aus den päpstlichen Gemächern kopiert und weitergegeben zu haben. Das berichteten vom Vatikan zugelassene Prozessbeobachter nach der Verhandlung.

Der Ex-Kammerdiener, Paolo Gabriele. (Bild: AP)

Dem 46-jährigen Familienvater wird schwerer Diebstahl vorgeworfen. Sofern ihn der Papst nicht begnadigt, drohen ihm dafür bis zu vier Jahre Haft. „Was den schweren Diebstahl betrifft, fühle ich mich nicht schuldig“, sagte Gabriele. „Aber ich fühle mich schuldig, das Vertrauen missbraucht zu haben, das der Heilige Vater in mich gesetzt hatte.“

Keine Mittäter

Er habe keine Mittäter gehabt und kein Geld bekommen. Er glaube aber nicht, dass er in den vergangenen Jahren der einzige gewesen sei, der Dokumente an die Presse gegeben habe, fügte Gabriele hinzu. Am Samstag wird er die Gelegenheit zu einem letzten Wort haben.

Vor dem Urteil sollen am Samstag auch Anklage und Verteidigung ihre Plädoyers halten, wie Prozessbeobachter am Mittwoch berichteten. Damit geht der Prozess tatsächlich nach nur einer Woche zu Ende. Er endet damit vor dem Start einer wichtigen Bischofssynode und dem für den Papst ebenfalls wichtigen Beginn des „Jahres des Glaubens“. Das vatikanische Tribunal unter Vorsitz des Richters Giuseppe Dalla Torre kam mit nur vier Prozesstagen aus. Bereits zum Prozessauftakt hatte Della Torre dies als Möglichkeit in den Raum gestellt.

Zeugenaussagen

Am Mittwoch berichteten vier Gendarmen als Zeugen unter anderem, wie sie die Wohnung Gabrieles nach dessen Festnahme im Mai durchsucht hatten. Hunderttausende Papiere wurden sichergestellt, etwa tausend hätten mit der Enthüllungsaffäre zu tun gehabt.

Die Unterlagen habe er zunächst für sich selbst kopiert, ohne an eine Weitergabe zu denken, sagte Gabriele vor Gericht. Er habe sich ein genaueres Bild über Vorgänge im Vatikan machen wollen, über die er Unbehagen verspürt habe. Dieses Unbehagen hätten andere im Vatikan geteilt, mit denen er darüber auch gesprochen habe. Später fertigte er zwei Kopien: Er habe im Zweifelsfall nachweisen wollen, welche Dokumente von ihm stammten. Er habe auch seinem Beichtvater gebeichtet.

Kein Scheck

Dass er einen auch auf Papst Benedikt XVI. ausgestellten Scheck über 100.000 Euro und einen Goldklumpen genommen habe, bestritt Gabriele. Ein wertvolles Buch habe er nur seinen Kindern zeigen wollen.

Neben Gendarmen und einer Hausdame aus dem päpstlichen Haushalt trat am Dienstag auch der päpstliche Privatsekretär Georg Gänswein in den Zeugenstand. Er habe bis kurz vor der Festnahme Gabrieles keinen Verdacht gehabt, sagte Gänswein. Obwohl er ein sehr ordentlicher Mensch sei, habe er nie Dokumente vermisst.

In der „Vatileaks“-Affäre waren monatelang vertrauliche Dokumente an die Öffentlichkeit gekommen; eine Vielzahl veröffentlichte der Autor Gianluigi Nuzzi in seinem Buch „Sua Santità“ (Seine Heiligkeit). Immer wieder wurde spekuliert, dass Gabriele nicht alleine gehandelt habe.