/ Kalte Krieger in Luxemburg
Die Enthüllungs-Website Wikileaks hat am Montag weitere Depeschen der US-Diplomatie und des US-Geheimdienstes veröffentlicht. Insgesamt werden ab Montag mehr als 1,7 Millionen Dokumente aus den Jahren 1973 bis 1976 ins Internet gestellt. Alleine über Luxemburg gibt es 15.258 Informationssätze. Zahlreiche stammen aus den 1970’er. Allerdings wurden sie auf der Wikilieaks-Plattform nicht veröffentlicht. Da sie bislang nur als Microfilm oder Karteikarte in den Staatsarchiven liegen und noch keine offizielle Freigabe haben.
US-Botschaftsdepesche vom 16. März 1973. In der damals als „Secret“ eingestuften Mitteilung „1973LUXEMB00182_b“ ging es um die mögliche Anerkennung Nordvietnams durch die Benelux-Staaten. Dabei ging es unter anderem um die Platzierung von diplomatischen Vertretungen. Der damalige Außenminister Gaston Thorn (DP) wollte nach eigenen Angaben auf einem EG-Ministerrrat-Treffen in Brüssel für einen Aufschub der Anerkennung plädieren. Anders als in den Niederlanden oder Belgien, habe es in Luxemburg keinen parlamentarischen Druck zur Anerkennung Nordvietnams gegeben, heißt es in der Mitteilung.
Post hilft beim Funk
US-Botschaftsdepesche vom 2. April 1973: Mitteilung „1973LUXEMB00242_b“. Die Sicherheit der US-Botschaft in Luxemburg soll verbessert werden. Die US-Vertretung will eine 24-Stunden-Wache aufstellen. Fèr solche Aufgaben gab es damals in Luxemburg lediglich eine Firma namens „Securitas S. A.“ Laut Depesche mit dem Sicherheitshinweis „Nur für den internen Dienstgebrauch“, hatte das Unternehmen damals bei der Polizei in Luxemburg einen schlechten Ruf. Zudem sollte die US-Botschaft mit einem neuen Alarmsystem ausgestattet werden, welches auch bei den meisten Luxemburg Banken zum Einsatz kam. Die Luxemburger Post unterstützte 1973 die US-Botschaft bei einer neuen Funkverbindung zwischen US-Vertretung und Dienstfahrzeugen.
US-Botschaftsdepesche vom 14. Dezember 1973: Mitteilung „1973LUXEMB00849_b“: Die Ölkrise macht Luxemburg zu schaffen. Frankreich und Deutschland haben die Lieferung von Kraftstoffen bis auf weiteres eingestellt, moniert Charles Reichling aus dem Wirtschaftsministerium gegenüber einem US-Diplomaten. Trotz vertraulichen Gesprächen mit beiden Ländern, gibt es keinen Sprit, außer für den Flughafen Findel. Nachbar Belgien will mit Treibstoff-Reserven einspringen.
Drogenumschlagplatz Findel
In einer US-Depesche vom 7. April 1974 geht es um „The Luxair connection“. Diese Meldung ist aus Sicherheitsgründen von den US-Behörden immer noch gesperrt.
US-Botschaftsdepesche vom 20. Januar 1976: Mitteilung „1973LUXEMB00849_b“ (Geheim): Drogenroute Luxemburg. Die US-Botschaft moniert die nur schleppende Ausbildung von Luxemburger Sicherheitsbehörden beim Thema Drogen. Die US-Drogenvollzugsbehörde DEA kritisiert den Personalmangel in den luxemburgischen Polizeibehörden. Der Flughafen Findel galt damals als wichtiger Schleusungspunkt für internationale Drogenrouten. In der Depesche wird der Flughafen als „leicht bewacht“ genannt.
Sowjetische Spionage
US-Botschaftsdepesche vom 22. Januar 1976.Mitteilung „1976LUXEMB00076_b“ (Geheim): Sowjetische Spionage in Luxemburg. Ein „Time Magazine“-Reporter klopft bei der US-Botschaft an. Er will eine Reportage über sowjetisch Spionage in Luxemburg schreiben. Er sah damals erhebliche Aktivitäten der Russen in Luxemburg. Als Ausgangspunkte nennt er unter anderem die Kultureinrichtung Puschkin, Aeroflot und die East-West United Bank in Luxemburg. Im Größenverhältnis habe das kleine Luxemburg eine enorme sowjetische Präsenz, erzählt der Journalist George M. Taber einem US-Diplomaten.
Laut Recherche des Journalisten, diente Luxemburg als logistischer Standort für sowjetische Spionage- und Abhöraktionen in „Drittländer“. Wenig später nennt der Journalist in seinem „Time Magazine“-Beitrag vom 2. Februar 1976 Luxemburg als Zentrum für sowjetische Geheimoperationen gegen Westeuropa. Die „Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek“ sieht in der Reportage eine CIA-Verschwörung und schreibt damals von einer „Diffamations-Kampagne.“ René Urbany, damals Parteipräsident der Kommunisten in Luxemburg, sah sich laut US-Depesche dem Spott der Luxemburger Medien ausgesetzt. Dem Tageblatt machten die sowjetischen Aktivitäten nichts aus, solange Luxemburg nur als Transitland für Spione genutzt wurde. Das Luxemburg Wort sieht bei den über 50 sowjetischen Botschaftsangehörigen mehr als ein Drittel als potenzielle Spione.
Schelte vom General
Laut US-Depesche „1976LUXEMB00983_b“ vom 18. Oktober 1976: Treffen in Luxemburg zwischen NATO-Oberbefehlshaber in Europa, General Alexander Haig, und Staatsminister Gaston Thorn(DP). Der General liest Thorn 45 Minuten lang die Leviten. Luxemburg müsste mehr Geld in die Nato stecken und seinen Sicherheitsapparat stärken. Thorn machte sich nach der „Time Magazine“-Reportage sorgen um das Image des luxemburgischen Geheimdienstes. Er verspricht Verbesserungen in der 45 Minuten-Unterredung.
Die Unterlagen wurden der Enthüllungs-Plattform diesmal allerdings nicht geheim durch einen Informanten zugespielt, sondern stammen aus US-Archiven, wo sie eingesehen werden können. Die Depeschen zeigten „das enorme Ausmass und die enorme Bandbreite“ des US-Einflusses in der Welt, sagte Julien Assange der britischen Nachrichtenagentur Press Association. Er selbst habe von seinem Asyl in der Botschaft Ecuadors in London bei der Zusammenstellung der Dokumente mitgewirkt.
250.000 vertrauliche Depeschen
Assange sitzt seit nunmehr neun Monaten in der ecuadorianischen Botschaft in London fest. Die britischen Behörden wollen den Australier nach Schweden ausliefern, wo er zu Vorwürfen wegen sexueller Vergehen vernommen werden soll. Assange befürchtet jedoch nach eigenen Angaben, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm ein Prozess wegen Spionage und Geheimnisverrat drohen könnte.
Wikileaks hatte durch die Veröffentlichung geheimer Informationen zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan sowie von rund 250.000 vertraulichen US-Diplomatendepeschen den Zorn der US-Regierung auf sich gezogen.
Die Dokumente waren den Betreibern der Enthüllungs-Website von einem US-Soldaten zugespielt worden, der sich deshalb derzeit in seiner Heimat vor einem Militärgericht verantworten muss. Er hatte die geheimen Daten während seiner Stationierung im Irak vor drei Jahren von Militärrechnern heruntergeladen.
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