Juncker kämpft um „seinen“ Euro

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Ein Krisentreffen zum Euro jagt das nächste. Immer dabei ist Jean-Claude Juncker. Der Regierungschef Luxemburgs kämpft dabei auch um sein Lebenswerk.

Jean-Claude Juncker holt tief Luft. „Ich bin über die Gesamtentwicklung europäischer Politik in hohem Maße besorgt“, sagt er dann. Er sehe, dass der EU-Bürger sich vom Angebot der Europa-Politik „eigentlich nicht erwärmen lässt und nicht in helle Begeisterung verfällt“. Juncker (56), Regierungschef Luxemburgs und Vorsitzender der mittlerweile 17 Staaten zählenden Eurogruppe, steht seit Monaten im Zentrum des Kampfes gegen die akute Schuldenkrise in der Währungsunion. Am Samstag (2.7.) geht es bei einer Videokonferenz der Euro-Finanzminister wieder einmal um die Rettung Griechenlands vor dem Staatsbankrott.

Die gemeinsame europäische Währung liegt dem luxemburgischen Regierungschef am Herzen.

„Ich bin sehr besorgt, dass man denkt, die Krise in Griechenland sei eurobedingt“, sagt er: „Was ja nicht der Fall ist.“ Seine „vorläufige Schlussfolgerung aus dem aktuellen Geschehen“ sei deshalb, „dass wir mehr Europa brauchen“. Ohne Euro, so sein Credo, wäre die EU in der Finanzkrise „in alle Richtungen aufgebrochen“.

Mit ganzem Herzblut dabei

Offiziell ist der Christsoziale Juncker nicht nur Premierminister, sondern auch „Schatzminister“ Luxemburgs, weil er sonst nicht dem Kreis der Finanzminister in der Eurogruppe vorsitzen dürfte, die er seit 2005 leitet – und zwar mit ganzem Herzblut. Seit 1989 hat er als Finanzminister das Entstehen der gemeinsamen Währung mitbestimmt. Wenn die Staats- und Regierungschefs bei EU-Gipfeln über den Euro sprechen, ist Juncker – noch dazu der dienstälteste unter den „Chefs“ der EU – der einzige, der ohne fremde Hilfe weiß, worum es geht. Er sei, sagen Diplomaten, in der Lage, nicht nur über das Große und Ganze, sondern auch über das Kleingedruckte zu sprechen.

Als Chef und Krisenmanager der Eurogruppe muss Juncker sich nicht nur um die Sorgenkinder und Hilfsbedürftigen der Gemeinschaftswährung kümmern – allen voran Griechenland, bisher gefolgt von Irland und Portugal. Vor allem muss er die beiden Schwergewichte der Union, Deutschland und Frankreich, auf Kurs halten. Das war und ist nicht immer einfach für einen Mann, der durchaus erkennbar verletzt sein kann. Kritik des umtriebigen Nicolas Sarkozy an der Reaktion der Eurogruppe auf die Finanzkrise ging ihm ebenso nahe wie der Strandspaziergang von Angela Merkel mit Sarkozy in Deauville, wo die beiden „Großen“ im Alleingang und vorbei am Rest von Eurogruppe und EU einen Kompromiss über die Stärkung des Stabilitätspaktes und den neuen Rettungsfonds aushandelten. Immerhin zögen die beiden Länder gerade mal nicht in verschiedene Richtungen, sagte er damals.

Mit seinen Nachbarn auskommen

Luxemburger sind es gewohnt, mit den beiden großen Nachbarn zu leben und auszukommen. Der gelernte Jurist Juncker – der ebenso fließend Französisch wie Deutsch spricht, vom Englischen und Luxemburgischen ganz zu schweigen – sieht nach Paris und Berlin respektvoll, aber angstfrei. Als Chef eines kleinen Landes, manchmal belächelt und im vergangenen Jahrhundert gleich zwei Mal von deutschen Soldaten besetzt, ist für ihn das friedliche Zusammenleben der Staaten in Europa keine Selbstverständlichkeit. Und der Euro sollte diese Errungenschaft auf Dauer absichern.

Gelegentlich macht selbst Juncker Fehler: Beispielsweise, als er Anfang Mai ein Geheimtreffen mit einigen Finanzministern im Schloss von Senningen bei Luxemburg einfach dementieren ließ. Und der erfahrene Fuchs und Strippenzieher kann auch ratlos sein. „Es gibt eine Sprachlosigkeit zwischen der Politik und den Bürgern“, sagt er. „Und das hat nicht nur mit der Politik zu tun. Das hat auch mit den Bürgern zu tun, die es nicht mögen, wenn man laut und vernehmlich über die Dinge des Lebens redet. Bürger lieben Politiker, solange Politiker den Bürgern Recht geben.“