/ Juncker: Einsparungen haben Grenzen

(Tageblatt/Pierre Matgé)
Im Verhandlungskrimi um den EU-Haushalt 2020 haben Einsparungen nach Ansicht des luxemburgischen Premiers Jean-Claude Juncker auch ihre Grenzen. „Rompuy wird die Kreditmasse noch einmal nach unten korrigieren müssen, aber dort gibt es auch Grenzen“, sagte Juncker am Donnerstag im Deutschlandfunk über Gipfelchef Herman Van Rompuy. Mit weiteren Milliardenkürzungen will der EU-Gipfel in den festgefahrenen Haushaltsverhandlungen Nettozahlern wie Großbritannien und Deutschland entgegenkommen.
„Wenn wir weiter absenken, müssen wir auch deutlich machen, dass wir die verabredete Politik nicht einhalten können.“ Zwar könne dann auf andere Finanzmittel zurückgegriffen werden. „Aber das ist nicht zielführend“, sagte der frühere Eurogruppenchef. Juncker wies auf die Ernsthaftigkeit der EU-Haushaltsverhandlungen hin. „Es ist ja kein Zahlenspiel, sondern überhaupt kein Spiel. Es ist eine sehr ernsthafte Angelegenheit.“ Zudem müssten nun auch die Briten in den Verhandlungen Entgegenkommen zeigen. Es gehe nicht darum, dass Cameron in London sein Gesicht wahrt. „Es geht hier um inhaltliche Politik und nicht um Schaulauf.“
Beschlüsse fassen, statt vertagen
Grundsätzlich geht Juncker davon aus, dass sich die Mitgliedstaaten bis zum Abend einig werden, denn sie müssen „zu Potte kommen“. Außerdem „müssen wir nach Außen hin deutlich machen, dass wir in Europa in der Lage sind, Beschlüsse zu fassen, statt Beschlüsse zu vertagen.“ Eine rasche Einigung wäre nicht nur für Europa „heilsam“. „Die Außenwirkung einer Nichteinigung wäre desaströs angesichts der immer noch herrschenden Fragilität der Finanzmärkte und der Unsicherheiten, die es in der Welt gibt.“
Das Spitzentreffen an diesem Donnerstag ist der zweite Anlauf für den billionenschweren Finanzrahmen der Union. Es wird erwartet, dass Gipfelchef Herman Van Rompuy den Staatenlenkern zu Beginn des zweitägigen Treffens einen neuen Kompromissvorschlag machen wird – es wird mit weiteren Kürzungen gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag um rund 15 Milliarden Euro gerechnet. Das Budget hat bisher einen Umfang von knapp 972 Milliarden Euro, mit Nebenhaushalten ergibt sich ein Betrag von 1009 Milliarden Euro. Luxemburg wird beim Gipfel von Premier Jean-Claude Juncker vertreten.
Vor dem Gipfel zeichnete sich ab, dass die vom französischen Staatspräsidenten François Hollande genannten 960 Milliarden Euro für den Siebes-Jahres-Zeitraum als „Landungszone“ für den Gipfel gesehen werden.
Kürzungen bei Verwaltung möglich
Einschnitte solle es bei der Verwaltung und beim Posten „Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum und Jobs“ geben, nicht aber bei den Töpfen für die Landwirtschaft und arme Regionen. Der britische Premier David Cameron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten im November weitere Kürzungen von etwa 30 Milliarden gefordert – der sich jetzt abzeichnende Schritt würde ihnen etwa auf der Hälfte des Weges entgegenkommen.
Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande hoffen auf eine einvernehmliche Lösung beim Gipfel der Europäischen Union. Das verlautete am Mittwoch nach einem Treffen der beiden Regierungschefs aus dem Umfeld des Élysée-Palastes.
Scheitern beim ersten Budget-Gipfel
Ein erster Anlauf für eine Einigung war im November 2012 vor allem am Widerstand Großbritanniens gescheitert. Angesichts der Krise kämpfen die Staaten mit besonders harten Bandagen, denn über 90 Prozent der Brüsseler Etatmittel fließen in die Mitgliedstaaten zurück, zum Beispiel an Landwirte oder als Unterstützung für arme Regionen.
Das EU-Parlament, das einen Kompromiss billigen muss, drohte erneut mit Blockade, falls Kürzungen zu stark ausfallen. „Wenn die Regierungen sich auf der Grundlage der vorliegenden Zahlen einigen, werden wir den Haushalt ablehnen“, sagte der Fraktionschef der Christdemokraten, Joseph Daul.
Jugend-Arbeitslosigkeit bekämpfen
Van Rompuy will den Staatenlenkern eine neue Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit vorschlagen, die mit mehreren Milliarden Euro ausgestattet werden soll. Das Geld wird dem Vernehmen nach vor allem aus existierenden Töpfen für Regionalförderung kommen.
Cameron kann sich auch darauf verlassen, dass der „Britenrabatt“ von 3,6 Milliarden Euro (2011) nicht angetastet wird. Diplomaten erwarten Anpassungen bei den Nachlässen für Staaten, aber keine größeren Änderungen.
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