Italien steuert auf Neuwahlen hin

Italien steuert auf Neuwahlen hin
(AFP)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Italien macht wohl beim europäischen Superwahljahr 2017 mit. Das Land wäre nach Österreich der zweite Quereinsteiger. Und wie in der Alpenrepublik schielen auch in Rom die Populisten auf einen Machtgewinn.

Italien steuert auf eine vorgezogene Parlamentswahl im Herbst zu. Bislang macht Staatspräsident Sergio Mattarella die Auflösung des derzeitigen Parlaments von einem klaren Wahl-Fahrplan abhängig. Nun scheinen die regierende Demokratische Partei (PD), die populistische Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die rechtsgerichtete Forza Italia (FI) und die rassistische Lega Nord nach monatelangen Verhandlungen eine Einigung erzielt zu haben, die sich am deutschen Wahlsystem orientiert.

Demnach soll mit der Erststimme ein Direktkandidat gewählt werden können. Die Zweitstimme soll darüber entscheiden, wie viele Parlamentssitze auf die Parteien entfallen, die mehr als fünf Prozent der Stimmen erhalten. Das italienische Wahlsystem unterlag in der Vergangenheit ständigen Veränderungen, entwickelte sich aber zusehends weg vom Verhältniswahlrecht. Aktivisten der Fünf-Sterne-Bewegung entschieden sich am Wochenende in einer Abstimmung im Internet für das neue Modell.

Alle in ständigem Kontakt

Medienberichten zufolge standen die Chefs von PD und FI, Matteo Renzi und Silvio Berlusconi, in ständigem Kontakt, um kommende Woche einen Entwurf zum neuen Wahlgesetz vorzulegen. Der Vorsitzende der Lega Nord, Matteo Salvini, unterstützt vorgezogene Wahlen so bald wie möglich und erklärte, ihm sei jedes Wahlsystem Recht.

Berichten zufolge strebt Renzi den 24. September als Wahltermin an – zeitgleich mit den Bundestagswahlen. Ein Termin im Oktober scheint allerdings eher wahrscheinlich. Das Mandat des derzeitigen Parlaments dauert regulär noch bis Anfang 2018. Doch die Rufe nach einer vorgezogenen Wahl häufen sich, seit Renzi im vergangenen Dezember als Regierungschef zurücktrat – als Folge einer Niederlage bei einem Volksentscheid über Verfassungsänderungen.

Frage der Bündnisse wieder offen

Renzi trat auch als Parteivorsitzender zurück. Vor einem Monat wurde er aber zurück in das Amt des PD-Chefs gewählt. PD und Fünf-Sterne-Bewegung liegen in Wählerumfragen derzeit mit rund 30 Prozent in etwa gleichauf. Damit könnten sie dazu gezwungen sein, für eine Regierungsbildung derzeit strikt abgelehnte Bündnisse einzugehen: die Demokratische Partei mit Forza Italia und die Fünf-Sterne-Bewegung mit der Lega Nord.

Erst vor wenigen Wochen hatte sich Österreichs Politik für Neuwahlen entschieden. Der ordentliche Wahltermin wäre im kommenden Jahr gewesen. Nun wird im Oktober gewählt. Erwartet wird ein Driekampf der Spitzenkandidaten der SPÖ, Bundeskanzler Christian Kern, der von Außenminister Sebastian Kurz gekaperten konservativen ÖVP und der rechtsnationalen FPÖ unter H.-C. Strache.

Die Grünen mischen Österreich auf

Für eine neue Konkurrenzsituation sorgten allerdings in der vergangenen Woche die österreichischen Grünen. Nach einem Wechsel an der Parteispitze geht die ehemalige Vize-Präsidentin des Europäischen Parlamentes Ulrike Lunacek als Spitzenkandidatin in den Kampf um das Kanzleramt. Lunacek ist die einzige österreichische Kandidatin, die sich klar links positioniert.