IT-Chefs kritisieren NSA- Spähprogramm

IT-Chefs kritisieren NSA- Spähprogramm

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Bisher nimmt Obama Kritik am NSA-Spähprogramm eher auf die leichte Schulter. Nun spricht ein Gericht davon, das millionenfache Speichern von Telefondaten sei verfassungswidrig. Auch die Internet-Bosse fordern Obama zu einer Reform auf.

Erstmals hat ein US-Bundesgericht massiven Einspruch gegen das milliardenfache Sammeln von Daten durch den US-Geheimdienst NSA erhoben. Das Abspeichern von Telefondaten in den USA sei im Kern verfassungswidrig, urteilte das Gericht in Washington am Montag. Die US-Regierung hält das Vorgehen aber nach wie vor für verfassungsgemäß – die international kritisierte Überwachung dürfte erstmal weitergehen.

Das US-Gericht kritisierte, die Überwachungspraxis der National Security Agency (NSA) verstoße gegen den verfassungsmäßig verankerten Schutz vor unbegründeten Durchsuchungen und habe fast „orwellianische“ Ausmaße – wie im Roman „1984“ von George Orwell. Ein Sprecher des US-Justizministeriums sagte dagegen: „Wir glauben, dass das Programm verfassungsgemäß ist, wie dies in der Vergangenheit Richter befunden haben.“ Regierungsjuristen prüften die Entscheidung des Gerichts, sagte der Sprecher laut „New York Times“.

Vorläufige Entscheidung

Der Richterspruch ist eine vorläufige Entscheidung. Richter Richard Leon erklärte, das Gericht erwarte einen Einspruch der Regierung, was mehrere Monate dauern könne. Es stünden in diesem Fall „erhebliche nationale Sicherheitsinteressen auf dem Spiel“. Geklagt hatte unter anderen ein konservativer Jurist.

Mit ungewöhnlicher Schärfe kritisierte das Gericht in seiner fast 70 Seiten langen Erklärung die millionenfache Überwachung von US-Telefondaten. Es bezeichnete die Praxis als willkürlich. Richter Leon erklärte: „Ich kann mir keine rücksichtslosere und willkürlichere Invasion als diese Speicherung persönlicher Daten von praktisch jedem einzelnen Bürger (…) ohne vorherige richterliche Erlaubnis vorstellen.“

Snowden jubelt

Der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden, der die Überwachung im Sommer enthüllt hatte, begrüßte den Richterspruch. „Ich habe im Glauben gehandelt, dass die NSA-Massenüberwachung einer Verfassungsprüfung nicht standhalten würde“, zitierte ihn die „New York Times“. Die Entscheidung des Richters sei erst der Anfang, meinte Snowden, der in Russland politisches Asyl gefunden hat. In einem am Dienstag veröffentlichten „Offenen Brief an das brasilianische Volk“ schrieb Snowden, er wolle dem Land bei der Aufklärung der US-Abhöraktivitäten helfen. Das Weiße Haus wies Spekulationen zurück, wonach die Regierung mit Snowden einen „Deal“ aushandeln könnte, falls dieser bereit sei, auf weitere Enthüllungen zu verzichten.

Obama empfing die durch die Ausspäh-Aktionen beunruhigten Chefs amerikanischer Internet-Firmen im Weißen Haus. Top-Manager wie Apple-Chef Tim Cook oder der Google-Vorsitzende Eric Schmidt riefen den Präsidenten im direkten Gespräch auf, die Spionageaktivitäten zu überdenken. „Wir schätzen die Möglichkeit, unsere Leitgedanken hinsichtlich der staatlichen Überwachung direkt mit dem Präsidenten zu teilen und drängen ihn dazu, eine Reform aggressiv voranzubringen“, teilten sie nach dem Treffen mit. Insgesamt nahmen 15 Spitzenvertreter der Branche teil, darunter auch die Yahoo-Präsidentin Marissa Mayer oder Twitter-Chef Dick Costolo.

Zahlreiche IT-Firmen hatten sich in der Vorwoche in einem Brief an Obama gewandt und eine Kampagne gestartet, in der sie ihre fünf Prinzipien für eine globale Reform staatlicher Überwachungsprogramme präsentieren. So sollten die Geheimdienste aufhören, massenhaft Kommunikationsdaten aus dem Web abzufischen. Zudem müssten die Nachrichtendienste viel strenger überwacht werden. Obama sagte zu, ihre Forderungen in seine Überlegungen einfließen zu lassen.