IS-Chef: „Muslime müssen gehorchen“

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Der Anführer der im Irak vorrückenden Dschihadisten, Abu Bakr al-Bagdadi, hat sich erstmals in einem Video öffentlich gezeigt. Er ruft alle Muslime zum "Heiligen Krieg" auf.

Gut eine Woche nach der Ausrufung eines „Kalifats“ im Irak und in Syrien forderte der Dschihadisten-Chef in dem am Samstag im Internet verbreiteten Video den „Gehorsam“ aller Muslime und rief sie zum „Heiligen Krieg“ auf. Eine Einigung der politisch Verantwortlichen im Irak im Kampf gegen die Dschihadisten ist derweil weiterhin nicht absehbar.

Die Videoaufnahme zeigt den bärtigen Anführer der radikalsunnitischen Gruppe Islamischer Staat (IS) bei einer Predigt am Freitag in der al-Nur-Moschee im nordirakischen Mossul, das die Extremisten gleich am Anfang ihrer militärischen Offensive erobert hatten. Gekleidet in schwarzem Gewand und mit schwarzem Turban bezeichnete sich al-Bagdadi als „Anführer“ („Wali“) der Muslime. „Gehorcht mir so wie ihr in eurem Inneren Gott gehorcht“, sagt al-Bagdadi vor seinen Anhängern.

Es handele sich um den ersten offiziellen öffentlichen Auftritt des Extremisten, sagte der Experte Aymenn al-Tamani. Zwar sei al-Bagdadi 2008 schon einmal in einem Video zu sehen gewesen, damals habe er sich aber als jemand anderes ausgegeben. Dass er sich nun öffentlich zeigte, wird als bedeutsame Veränderung seiner bisherigen Taktik eingestuft. Bisher hatte al-Bagdadi, der von den USA als „Terrorist“ gesucht wird, im Untergrund operiert. Über seinen Aufenthaltsort und sein Äußeres war kaum etwas bekannt.

Heiligtümer und Moscheen zerstört

Fotoaufnahmen, die IS ins Internet stellte, zeigen das Werk der Zerstörung, das die Extremisten in Mossul, der zweitgrößten irakischen Stadt, angerichtet haben. Zahlreiche Heiligtümer und Moscheen in der Stadt und der umliegenden Region wurden vernichtet. Planierraupen walzten mindestens vier sunnitische oder sufistische Schreine nieder. Mehrere schiitische Moscheen wurden gesprengt.

Anwohner bestätigten die Zerstörungen. Nach ihren Angaben wurden zwei Kirchen von den Extremisten besetzt. Die Fotoserie der Extremisten hat den Titel „Zerstörung von Schreinen und Idolen im Staat Ninive“. Die Dschihadisten hatten ihre Offensive am 9. Juni begonnen, dann das lange Zeit multireligiöse Mossul und anschließend fast die ganze Provinz Ninive sowie Teile von vier weiteren Provinzen nördlich und westlich von Bagdad erobert. Für das von ihnen eroberte Gebiet rief die IS, die sich vormals Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien (Isis) nannte, einen islamischen Gottesstaat aus. Das „Kalifat“ erstrecke sich von der Region Aleppo im Norden Syriens bis zur Region Dijala im Osten des Irak.

Irakische Gegenoffensive stagniert

Militärisch stoßen die IS-Kämpfer kaum auf Widerstand. Die Gegenoffensive der irakischen Armee zur Rückeroberung von Tikrit stagniert. Der einflussreiche Prediger Jussef al-Karadawi erklärte am Samstag, das Kalifat verstoße gegen das islamische Recht. Die Einführung eines grenzüberschreitenden Gottesstaats sei zwar wünschenswert, das Vorgehen der Extremisten sei aber nicht vereinbar mit der Scharia, erklärte der in Katar ansässige al-Karadawi. Einem Kalifat müsse die Gesamtheit der Muslime zustimmen. Der Titel könne nicht von einer einzigen Gruppierung beansprucht werden.

In Bagdad beharrt der schiitische Regierungschef Nuri al-Maliki nach seinem Sieg bei der Parlamentswahl im April darauf, im Amt zu bleiben. Die Bildung einer Einheitsregierung, welche die Vertreter der sunnitischen Minderheit Iraks einschließt, lehnt er ab. Am Dienstag soll das Parlament zusammentreten, um einen Vorsitzenden sowie den neuen Präsidenten des Iraks zu wählen. Dieser muss dann den künftigen Ministerpräsidenten nominieren.