Iran verlangt Milliarden aus Luxemburg

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(AFP/ho)

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Luxemburgs Justiz muss entscheiden, was mit 1,6 Milliarden US-Dollar passiert, die dem Iran gehören, von einem US-Gericht gefordert werden - und hierzulande eingefroren wurden.

Luxemburgs Justiz ist in eine heikle Lage geraten. Sie muss entscheiden, was mit 1,6 Milliarden US-Dollar passiert, die der iranischen Zentralbank gehören, von einem US-Gericht gefordert werden und die hierzulande eingefroren wurden.

Der Fall hat eine besondere Tragweite. Dies aus mehreren Gründen. Einmal, da die Beziehungen zwischen den USA und dem Iran sich seit dem Antritt von US-Präsident Donald Trump merklich verschlechtert haben. Trump hatte das Atomabkommen mit dem Iran als „schlimmsten Vertrag, der jemals ausgehandelt wurde“, bezeichnet.

Ein Fall mit Folgen

Das Atomabkommen von 2015 sieht eine Einschränkung des Atomprogramms der Islamischen Republik vor. Im Gegenzug wurden internationale Sanktionen gegen den Iran aufgehoben.

Ein weiterer Grund ist der, dass ein luxemburgisches Gericht nun quasi mitentscheiden muss, inwieweit der Iran nach der schrittweisen Aufhebung der Sanktionen infolge des Atomabkommens wieder wirtschaftlich aktiv sein kann, vollumfänglich und international.

Solange die Sanktionen der Europäischen Union wegen des iranischen Atomprogramms voll galten, gab es für Teheran (und auch für die Kläger) keine Möglichkeit, an das Geld zu kommen. Mit dem Abschluss des Abkommens Mitte 2015 brach damit eine neue Zeit für den Iran an. Für Teheran, das unter den wirtschaftlichen und finanziellen Einschränkungen litt, war das ein zentraler Punkt der Übereinkunft – der nun bedroht sein könnte.

Attentat vom 11. September

Im vergangenen Jahr hat ein Richter in Luxemburg 1,6 Milliarden US-Dollar der iranischen Zentralbank einfrieren lassen. Dies geschah auf ein Rechtsersuchen von 9/11-Opfer-Anwälten hin. Diese machen den Iran mitverantwortlich für die Attentate vom 11. September 2001. Sie argumentieren, der Iran habe die Terrororganisation Al-Kaida unterstützt.

Der „New York Times“ zufolge konnten Opfer der Anschläge vom 11. September 2001 zuvor den New Yorker Bundesrichter George B. Daniels davon überzeugen, dass der Iran die Anschlagspläne von Al-Kaida finanziell unterstützt habe. Der Iran hat die Vorwürfe stets und vehement von sich gewiesen. 2012 urteilte Richter Daniels, dass der Iran den Opfern Entschädigungen in einer Gesamthöhe von sieben Milliarden US-Dollar zu überweisen habe.

50 Milliarden Dollar

Die Luxemburger Justiz muss nun in einem Fall ein Urteil fällen, der als Präzedenzfall gelten könnte. Je nach Urteilspruch würde es bedeuten, dass der Iran, entgegen des Abkommens, nicht frei auf seine international platzierten Einlagen zurückgreifen kann, da die Gelder möglicherweise wegen Klagen aus den USA in Europa (und anderswo) blockiert blieben.

Ein Fall demnach, der diplomatische Sprengkraft hat. Laut „New York Times“ belaufen sich die weltweiten Forderungen von US-Terroropfern und ihrer Hinterbliebenen auf insgesamt 50 Milliarden Dollar, die während der vergangenen 20 Jahre in Abwesenheitsurteilen zugesprochen wurden (der Iran ist ja nicht vor einem US-Gericht erschienen). Es habe sich demnach eher um eine „symbolische Justiz“ gehandelt.

Atomabkommen

Erst das Atomabkommen hat die vom Iran in anderen Ländern hinterlegten Gelder sozusagen wieder verfügbar gemacht. Eigentlich für den Iran, doch wie der Luxemburg-Fall zeigt, wittern nun auch US-Kläger ihre Chance. „Dieses Geld gehört unserer Zentralbank“, sagt Irans Vize-Außenminister Majid Takht-Ravanchi gegenüber der iranischen Nachrichtenagentur Irna.

Takht-Ravanchi zufolge seien die Anwälte der iranischen Zentralbank „im Kontakt“ mit Luxemburg, um „wieder an die Gelder zu kommen“. Die juristische Abteilung der iranischen Zentralbank qualifizierte die Bemühungen der USA aber als „juristisch nicht anwendbar“ und „konträr zu internationalem Recht“.

Mit „großer Strenge“

Außenminister Jean Asselborn war zuletzt im Februar im Iran. Ende 2016 hatte Wirtschaftsminister Etienne Schneider Teheran besucht. Zum vorliegenden Fall wollte sich Jean Asselborn nicht äußern. Der Fall liege vor Gericht, „und die Richter machen da schon ihre Arbeit“.

Laut Aussagen von gestern will die US-Regierung mit „großer Strenge“ das internationale Atomabkommen mit dem Iran bewerten. Dies betreffe die Auslegung, die Umsetzung und den Vollzug der Vereinbarung, hieß es in einem Schreiben an die Internationale Atomenergiebehörde IAEA. Was darunter konkret zu verstehen ist, wurde nicht gesagt.