Irak fordert mehr Hilfe von USA

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Im Irak kommt zunächst keine neue Regierung zustande. Gleichzeitig sterben immer mehr Zivilisten. Ob ein neuer Appell mehr US-Hilfe bringt, bleibt fraglich.

Der Irak fordert von den USA stärkere Unterstützung im Kampf gegen die islamistischen Isis-Milizen. Andernfalls müsse Bagdad bei anderen Ländern Hilfe suchen, sagte der irakische Botschafter in Washington, Lukman Faily, offenbar mit Blick auf den Iran und Russland.

„Wir benötigen verzweifelt US-Hilfe, um das Blatt zu wenden“, sagte er nach Angaben der Zeitung „The Hill“ am Dienstag. So habe Bagdad etwa mehrfach um die Lieferung von Kampfhubschraubern gebeten. Stattdessen habe man aus Russland Kampfjets erhalten. „Wir haben keine Wahl“, sagte der Botschafter. Die Lage zwinge die Regierung in Bagdad, von jeder Seite Hilfe anzunehmen.

Die erste Sitzung des neu gewählten irakischen Parlaments wurde am Dienstag nach einem heftigen Wortwechsel der Abgeordneten auf die nächste Woche vertagt. Die Mitglieder des Hauses konnten sich nicht auf einen Kandidaten für das Amt des Parlamentspräsidenten einigen. Kurdische und sunnitischen Abgeordnete verließen aus Protest die Sitzung, wie irakische Medien berichteten.

Neue Führung

Hauptaufgabe des irakischen Parlaments ist die Wahl einer neuen politischen Führung. Sie gilt als wesentliche Voraussetzung, um den Vormarsch der Isis-Milizen stoppen zu können. Der umstrittene schiitische Ministerpräsident Nuri al-Maliki ist seit 2006 im Amt und möchte wiedergewählt werden. Seine Rechtsstaats-Allianz hatte bei den Wahlen Ende April als stärkste Kraft abgeschnitten. Ihm fehlen aber für eine Wiederwahl Koalitionspartner.

Schiitische, sunnitische und kurdische Politiker fordern Al-Malikis Rückzug. Sie werfen ihm vor, seine von Schiiten dominierte Regierung diskriminiere Sunniten und habe so den Boden für den Isis-Vormarsch bereitet. Der Regierungschef ist im Irak ein Schiit, der Präsident ein Kurde und der Parlamentspräsident ein Sunnit.

Wortgefecht

Im Parlament kam es am Dienstag zu einem Wortgefecht, nachdem eine kurdische Abgeordnete Al-Maliki aufgeforderte hatte, die „Blockade“ der kurdischen Autonomiegebiete aufzuheben und die Gehälter der dortigen Staatsbediensteten zu zahlen. Schiiten machten für das Scheitern der Sitzung die sunnitischen Parteien verantwortlich.

Ohnehin nahmen an den Beratungen nur 255 von 328 Parlamentariern teil. Mehrere Fraktionen boykottierten die Sitzung, weil es bislang keine Einigung über die Kandidaten für die höchsten Staatsämter gibt. Die Regierung hatte zuvor in Bagdad scharfe Sicherheitsvorkehrungen angeordnet, um die Sitzung vor möglichen Anschlägen zu schützen.

2400 Tote

Die Kämpfe zwischen Armee und Isis-Extremisten haben im Juni so viele Opfer unter der irakischen Zivilbevölkerung gefordert wie noch nie in diesem Jahr. Unter den insgesamt 2400 Toten waren 1531 Zivilisten, wie die UN-Mission im Irak (Unami) am Dienstag mitteilte. Laut Unami wurden zudem fast 2300 Menschen verletzt, darunter mehr als 1700 Zivilisten.

Die Terrormiliz Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) hatte Anfang Juni ihren Vormarsch begonnen. Sie beherrscht mittlerweile große Landesteile im Norden und Westen des Irak. Armee und Isis-Einheiten liefern sich seit Tagen heftige Gefechte, vor allem um die Stadt Tikrit 170 nordwestlich von Bagdad.

Armee zieht sich zurück

Die Armee vermeldete am Dienstag die Einnahme eines Armeestützpunktes vier Kilometer südlich der Stadt, wie das Nachrichtenportal „Shafaaq News“ berichtete. Zugleich hätten sich die Einheiten von der Universität in Tikrit zurückgezogen, die die Regierungseinheiten am Montag nach eigenen Angaben eingenommen hatten.

Der Chef der Terrorgruppe, Abu Bakr al-Baghdadi, rief in einer über das Internet verbreiteten Audiobotschaft die Muslime auf, in den „Heiligen Krieg“ zu ziehen. Al-Baghdadi kündigte in der Audiobotschaft Rache für Unrecht an Muslimen an. „Selbst wenn es eine Weile braucht, wir werden uns rächen (…)“, sagte er. Zugleich verhöhnte er Frieden, Freiheit, Demokratie und Säkularismus als „irreführende Slogans“ von Ungläubigen.

Die Kurden im Nordirak wollen nach den Worten ihres Präsidenten Massud Barsani innerhalb von Monaten ein Referendum über die Unabhängigkeit abhalten. Ein eigener Staat sei ein „natürliches Recht“ der Kurden, sagte Barsani in einem BBC-Interview. Der Irak sei schon jetzt geteilt.