DeutschlandSöder nach zehntausendfacher Corona-Testpanne unter Druck

Deutschland / Söder nach zehntausendfacher Corona-Testpanne unter Druck
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei einer Pressekonferenz am 10. August Foto: dpa/Nicolas Armer

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Markus Söder hatte versprochen: „Wir testen an der Grenze für ganz Deutschland.“ Doch die Übermittlung der Ergebnisse dauert so lang, dass die Corona-Tests für Urlaubsheimkehrer faktisch wertlos sind.

Nach der bayerischen Corona-Testpanne mit 900 nicht über ihre Infektionen informierten Urlaubsheimkehrern stehen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und seine Staatsregierung massiv unter Druck. Scharfe Kritik kam von der Opposition im Bundestag: „900 positiv Corona-Getestete nicht zu informieren, ist Körperverletzung gegenüber denen, die diese anstecken“, twitterte FDP-Vizefraktionschef Alexander Lambsdorff. „Wo ist Söder? Sonst immer vorneweg, schickt er jetzt seine Gesundheitsministerin vor. Peinlich.“ Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, schrieb: „Das ist das Ergebnis einer Politik der CSU, die auf Show statt Substanz setzt.“

„Vom Klappern versteht Söder weit mehr als vom Handwerk verantwortungsvoller Politik“, spottete der Grünen-Landesvorsitzende Eike Hallitzky. Der bayerische SPD-Generalsekretär Uli Grötsch forderte im Bayerischen Rundfunk den Rücktritt von Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) und eine Erklärung Söders – wie auch der bayerische FDP-Fraktionschef Martin Hagen in der Bild-Zeitung.

Das bayerische Gesundheitsministerium betonte, dass die 900 positiv Getesteten bis zum Donnerstagmittag informiert werden sollten. „Es wird telefoniert, die Menschen werden informiert“, sagte ein Ministeriumssprecher. „Wir tun alles dafür, das umzusetzen, und sind zuversichtlich, dass wir das schaffen.“ Insgesamt waren bis Mittwochabend über 44.000 Testergebnisse noch nicht verschickt worden. Manche Urlauber warten seit zwei Wochen auf ihre Ergebnisse. Das ist der Zeitraum, der auch für eine freiwillige Quarantäne gilt.

Zwei Wochen Wartezeit

Die Mitarbeiter des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) mussten in der Nacht zum Donnerstag Überstunden einlegen, um Testergebnisse zu verschicken. Am Donnerstag war dann die Corona-Hotline des Landesamts nicht mehr erreichbar. Das Bürgertelefon sei „aus organisatorischen Gründen“ nicht besetzt und erst wieder am Freitag von 8 bis 18 Uhr erreichbar, hieß es am Donnerstagvormittag in einer automatischen Ansage. Das Landesamt ist die erste Stelle in Bayern für Corona-Tests und alle damit zusammenhängenden Fragen.

Die Staatsregierung bietet an drei Autobahnen, an Hauptbahnhöfen und Flughäfen freiwillige Corona-Tests für Urlaubsheimkehrer aus allen Bundesländern an. „Wir testen an der Grenze für ganz Deutschland“, hatte Söder noch vor wenigen Tagen erklärt. Das geht über die Beschlüsse der Gesundheitsminister von Bund und Ländern hinaus, die im April lediglich freiwillige Tests an Flughäfen sowie Stichproben an Straßen in Grenznähe vereinbart hatten. In Schleswig-Holstein ist es die dortige Kassenärztliche Vereinigung, die Tests für Urlaubsheimkehrer anbietet. Verpflichtend sind Tests bundesweit für Heimkehrer aus Risikogebieten.

Wie viele der 900 positiv getesteten Urlaubsrückkehrer aus Bayern kommen und wie viele aus dem übrigen Bundesgebiet, war nach wie vor unbekannt. Gründe für die Verzögerungen sind nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vor allem die unerwartet hohe Nachfrage und Probleme bei der händischen Übertragung von Daten – die handschriftlich ausgefüllten Formulare sind häufig schwer zu lesen.

Unerwartet hohe Nachfrage

Auch das Bayerische Rote Kreuz (BRK) kritisierte die heimischen Behörden. Die bayerischen Hilfsorganisationen seien vom Freistaat beauftragt worden, innerhalb eines Tages fünf Teststationen zu errichten. Dabei hätten sie sich an den Vorgaben des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und der Gesundheitsämter orientiert. „Da das LGL sich nicht in der Lage gesehen hat, in dieser kurzen Zeit eine entsprechende Software zur Verfügung zu stellen, mussten die Reisenden händisch mit Formularen erfasst werden“, hieß es in einer Mitteilung.

Seit dieser Woche übernehmen nach und nach private Anbieter den Betrieb. Damit soll auch die Datenübertragung an allen Stellen digitalisiert werden. Insgesamt gab es nach Angaben Humls bislang etwa 85.000 Tests. Zu Verspätungen kam es demnach vor allem beim Versand der Ergebnisse von Tests an Raststätten und Bahnhöfen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stimmte am Donnerstag nicht in den Chor der Kritiker ein: „Ministerpräsident Markus Söder hat ja selbst gesagt, das sei sehr ärgerlich. Das ist ohne Zweifel so. Gleichzeitig ist es so, dass in außergewöhnlichen Zeiten auch Fehler passieren“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Entscheidend ist, dass sie transparent gemacht werden und sie dann schnell behoben werden. Und das macht die bayerische Staatsregierung.“

HTK
13. August 2020 - 20.01

@RWINTER, genau. Eine Lachnummer wie der Herr Spahn ist doch richtig gut im Coronatheater.Der nimmt dem Ganzen das Tragische. Wie konnte Gott das zulassen? Gott,der Mitbegründer der CSU,wendet sich ab und gibt der Arroganz einen Seitenhieb. Aber was solls: Mir sann mir.

RWINTER
13. August 2020 - 16.55

Ohhh das tut mir aber leid. Söder &Co sind doch die die immer mit breitbeinigen Belehrungen auftreten und den anderen sagen wollen wo‘s lang gehen soll. Zu der Klicke gehört ja auch Jens Spahn der mit seiner arroganten Visage im Fernsehinterview kund tat wie konsequent er seine luxemburgische Amtskollegin am Telefon abgebürstet hat diese ihn bezüglich der Risikobewertung angerufen hat. Zum kotzen war das. Man darf ja keine Schadenfreude kundtun aber vor diesem Hintergrund hält sich mein Bedauern über den Anstieg der Fallzahlen in Deutschland doch sehr in Grenzen.

HTK
13. August 2020 - 15.32

"Schickt seine Ministerin vor" Ja so geht das wenn man Kanzler will. Hat er bei Mutti abgeschaut. Die war anfangs ihrer Kanzlerkarriere brutal abgestürzt in den Umfragewerten weil sie alles selbst in die Hand nahm. Dann hat sie umgeschaltet auf "stand by and see",machte viele Reisen und ließ ihre Minister/Innen die grobe Arbeit machen.

Let‘z happen
13. August 2020 - 14.53

Da hat der deutsche Bürokratismus versagt und an der gelobten deutschen Gründlichkeit wohl der Zahn der Zeit genagt.