Kopf des TagesSachlich, schnörkellos und auf den Punkt: Die neue Bundestagspräsidentin Bärbel Bas

Kopf des Tages / Sachlich, schnörkellos und auf den Punkt: Die neue Bundestagspräsidentin Bärbel Bas
 Foto: AFP/Odd Andersen

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Die neue Bundestagspräsidentin Bärbel Bas

Mit der neuen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas kommt frischer Wind ins Parlamentspräsidium – sie selbst sprach nach ihrer Wahl am Dienstag von einer „Zeitenwende“. Die SPD-Linke aus dem Ruhrgebiet, gelernte Bürogehilfin und Personalmanagerin, folgt auf das CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble, den promovierten Juristen mit umfangreicher Regierungserfahrung, der länger im Bundestag sitzt als jeder andere Abgeordnete.

Dass Bas dem hohen Staatsamt gewachsen ist, sollte dabei niemand anzweifeln – sie kennt den Parlamentsbetrieb bestens und vertritt selbstbewusst ihre Meinung. Ihre ersten Amtshandlungen als neue Präsidentin erledigte sie denn auch ohne sichtbare Nervosität und mit Humor.

In ihrer Antrittsrede erinnerte die Sozialdemokratin an ihre Wegbereiterinnen Annemarie Renger (SPD) und Rita Süssmuth (CDU). Sie äußerte zugleich deutliches Bedauern, dass nun erst zum dritten Mal in der Geschichte des Bundestags eine Frau an der Spitze steht.

Außerdem schickte Bas eine indirekte Warnung an die AfD-Fraktion, die immer wieder den Parlamentsbetrieb zu behindern versucht. „Ich wünsche mir für diese Legislaturperiode gegenseitigen Respekt“, sagte Bas. Dies gelte auch für den Bundestag selbst. „Hass und Hetze sind keine Meinung“, sagte sie weiter. „Als Präsidentin werde ich dieses Parlament vor Angriffen schützen.“

Der breiten Öffentlichkeit war Bas bis zu ihrer Nominierung durch die SPD-Fraktionsspitze kaum bekannt. Und das, obwohl gerade die Corona-Pandemie genau ihre Themen betraf: Bas ist seit 2019 stellvertretende Fraktionsvorsitzende für Gesundheit, Bildung und Forschung. Doch weitaus sicht- und hörbarer blieb ihr Fraktionskollege Karl Lauterbach, der das Vizeamt zuvor innehatte.

Im Bundestag spricht Bas – oftmals in einem SPD-roten Kleidungsstück – stets sachlich, schnörkellos und auf den Punkt. Auch in ihrer Antrittsrede warnte sie vor Fachjargon und mahnte zur Bürgernähe. Typisch Ruhrgebiet, könnte man sagen.

Bas wurde am 03. Mai 1968 im heute zu Duisburg gehörenden Walsum geboren. Sie wuchs mit drei Brüdern und zwei Schwestern auf, besuchte die Hauptschule, spielte nebenher leidenschaftlich Fußball. Ihren Wunschausbildungsplatz als technische Zeichnerin bekam sie nicht, stattdessen lernte sie bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) den Beruf der Bürogehilfin; später absolvierte sie in der Betriebskrankenkasse noch eine Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten und setzte schließlich ein Studium zur Personalmanagement-Ökonomin obendrauf.

Bereits während ihrer ersten Ausbildung engagierte sich Bas als Jugend- und Auszubildendenvertreterin, später war sie lange Betriebsrätin. 1988 trat sie in die SPD ein; von 1994 bis 2002 machte sie als Mitglied des Duisburger Stadtrats Lokalpolitik. Bas’ Ehemann Siegfried Ambrosius, der im vergangenen Jahr starb, war jahrzehntelang Geschäftsführer des SPD-Unterbezirks Duisburg.

Seit 2009 gewann Bas bei jeder Bundestagswahl das Direktmandat ihres Duisburger Wahlkreises. Innerhalb der SPD-Fraktion ist Bas Mitglied der Parlamentarischen Linken. Von 2013 bis 2019 war sie parlamentarische Fraktionsgeschäftsführerin – eine gute Vorbereitung auf die Arbeit an der Spitze des Bundestagspräsidiums.

Wichtig ist Bas auch Transparenz in eigener Sache: Auf ihrer Internetseite erläutert sie detailliert ihre Einkünfte, zudem listet sie alle Gespräche mit Lobbyverbänden und anderen Interessenvertretern auf.

Die 53-Jährige mag nach eigenen Angaben sowohl Rinderfilet und Grauburgunder als auch Currywurst und „Köpi“, das in Duisburg gebraute König Pilsener. Sie hört Sting, Queen und Die Toten Hosen und schaut gerne die ZDF-Satiresendung „heute-show“. Nach ihrer Wahl zur Bundestagspräsidentin könnte sie sich dort dank ihrer schlagartig gestiegenen Prominenz bald des Öfteren selbst aufs Korn genommen sehen. (AFP)