ÖsterreichPrügelattacke gegen Juden-Vertreter: Serie von Angriffen auf Synagoge schreckt Politik spät auf

Österreich / Prügelattacke gegen Juden-Vertreter: Serie von Angriffen auf Synagoge schreckt Politik spät auf
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) äußerte sich „erschüttert“ – aber erst nach mehreren Tagen und mehreren Taten Foto: Herbert P. Oczeret/APA/dpa

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Eine Serie von Anschlägen auf die Grazer Synagoge, die Samstagabend in einem tätlichen Angriff auf den Präsidenten der jüdischen Gemeinde gipfelte, schreckt Österreich mit ein paar Tagen Verzögerung auf.

Eigenhändig hatte der Grazer Nazi-Bürgermeister Julius Kaspar in der „Reichskristallnacht“ vom 9. zum 10. November 1938 die örtliche Synagoge in Brand gesetzt. Die 2.500 Juden wurden deportiert und Graz zur ersten „judenfreien“ Großstadt der Ostmark erklärt. Es dauerte lange bis zur bescheidenen Renaissance des Judentums in der steirischen Landeshauptstadt.

Selbst unter den wenigen Juden, die sich wieder hier angesiedelt hatten, gab es aus Angst vor einem Wiederaufflammen des Antisemitismus Vorbehalte gegen einen Neubau der gebrandschatzten Synagoge. Erst 1998 beschloss der Gemeinderat einstimmig die Wiedererrichtung des Gebetshauses, das 20 Jahre nach der Eröffnung wieder zum Ziel antisemitischer Attacken geworden ist.

Palästinensische Parolen

Es begann am vergangenen Dienstag. Ein bisher unbekannter Täter besprühte kurz vor Mitternacht eine historische, aus Ziegeln der alten Synagoge bestehende Mauer des Gotteshauses sowie die Fassade des benachbarten jüdischen Gemeindehauses mit propalästinensischen Parolen wie „Palestin ist frei“ (sic). In der Nacht auf Freitag kam es zur nächsten Attacke. Der Täter schleuderte Zementbrocken gegen das Gotteshaus, zerstörte dabei großflächige Glasscheiben und flüchtete danach mit einem Fahrrad.

Es gab danach erste Kritik an Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Der steirische SPÖ-Politiker Jörg Leichtfried kritisiert dessen Schweigen. Dabei müssten nach dem zweiten Anschlag binnen einer Woche „alle Alarmglocken schrillen“. Leichtfried forderte Polizeischutz für die Synagoge und ihre Vertreter. Diese wäre tatschlich nötig gewesen. Denn Samstagabend folgte die nächste Attacke – dieses Mal direkt auf den Präsidenten der Jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen. Er war beim Zufahren auf das Synagogenareal auf einen Radfahrer mit Baseballkappe und einem Stein in der Hand aufmerksam geworden. Der Mann ähnelte von Statur und Aussehen jener Person, die im Zuge der vorangegangenen Vandalenakte von den Überwachungskameras aufgenommen worden war.

Als Rosen sein Auto verlassen hatte, wurde er mit einem Baseballschläger angegriffen. Er konnte sich in letzter Minute in das Fahrzeug flüchten. Nachdem der Angreifer noch auf das Auto eingeprügelt hatte, ergriff dieser die Flucht.

Erst jetzt wachte auch die Politik in Wien auf. Bundespräsident Alexander Van der Bellen verurteilte die Angriffe in Graz auf das Schärfste. „Judenhass und Antisemitismus haben keinen Platz in unserer Gesellschaft. Meine Solidarität gilt allen in Österreich lebenden Jüdinnen und Juden.“ Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) äußerte sich „erschüttert“ und versprach, „alles zu tun, um den Täter rasch zur Rechenschaft zu ziehen und die Sicherheit der jüdischen Gemeinde in Österreich weiterhin zu gewährleisten“. Vertreter aller anderen Parteien, inklusive der rechtspopulistischen FPÖ, schlossen sich den Empörungsbekundungen an.

Islamistisches Tatmotiv?

Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) bildete eine Sonderkommission mit dem Namen „Achava“ (hebräisch: Brüderlichkeit). Laut dem LVT-Chef Rupert Meixner wird nicht nur nach einem antisemitischen, sondern auch homophoben Täter gefahndet. Denn nach bisherigem Erhebungsstand wird dem Mann auch das Einschlagen zweier Fenster bei der Grazer schwul-lesbischen Interessenvertretung „RosaLila PantherInnen“ am Donnerstag zugeschrieben.

Die palästinensischen Parolen, die homophobe Attacke sowie das südländische Aussehen des Mannes auf den Überwachungsvideos sind Indizien für einen möglicherweise islamistischen Hintergrund der Taten. Schon im vergangenen Jahr war die Hälfte aller tätlichen Angriffe gegen Juden in Österreich nach einer Erhebung der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) von Muslimen verübt worden. Die muslimische Gemeinde in Graz war allerdings unter den Ersten, die die jüngsten Attacken verurteilten.

HTK
24. August 2020 - 17.23

Braunau liegt doch auch in Österreich,aber damals konnte man das doch nicht ahnen,dass dort einer der schlimmsten Judenhasser der Geschichte das Licht der Welt erblicken sollte. Auch damals wurde zugeschaut und nichts unternommen,weltweit.Und als die Kz-Lager befreit wurden zeigten wir uns alle erschüttert. Nichtstun ist auch strafbar.