FrankreichPräsidentschaftskandidatur der Pariser Bürgermeisterin Hidalgo gescheitert

Frankreich / Präsidentschaftskandidatur der Pariser Bürgermeisterin Hidalgo gescheitert
Anne Hidalgo (M.) – hier auf einem Markt in Sotteville-les-Rouen in der Normandie – gibt sich noch Mühe, sich außerhalb von Paris zu zeigen, doch werden ihr keine Chancen am Sonntag bei der Wahl eingeräumt Foto: AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Das Pariser Rathaus galt einmal als ein gutes Sprungbrett in den Élysée-Palast. Der derzeitigen Bürgermeisterin und sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Anne Hidalgo ist dieser Sprung jedoch nicht gelungen.

Auf die Frage, was sie am Tag nach der Wahl machen werde, sagte sie am Dienstag: „Ich liebe Paris, und ich werde mich weiter um Paris kümmern.“ In den Umfragen liegt Hidalgo gerade mal bei zwei Prozent. Die ehemalige Volkspartei der Sozialisten PS steht nun vor dem Aus – oder einer Neugründung, wie manche Parteimitglieder es sich erträumen.

„Viele hoffen auf einen Gründungskongress wie 1971 in Epinay, als François Mitterrand die PS auf den Ruinen ihrer Vorgängerpartei aufbaute“, sagt der Meinungsforscher Emmanuel Rivière im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Mehrere Schwergewichte der PS bringen sich bereits für die Zeit nach der Wahl in Stellung, unter ihnen Carole Delga, Vorsitzende der Region Occitanie, und auch Ex-Präsident François Hollande.

Hidalgo hat einen unangenehmen Wahlkampf hinter sich. Sie war Kandidatin geworden, ohne dass es eine parteiinterne Debatte gegeben hatte. Sie hat Wähler mit unrealistischen Versprechungen abgeschreckt, etwa der Verdopplung der Lehrergehälter. „Die Wähler fühlten sich nicht ernst genommen“, erklärt Rivière. Trotz zahlreicher Wahlkampftermine in der Provinz wurde sie zudem das Etikett „La Parisienne“ nicht los.

Wichtige Parteimitglieder haben ihr die Unterstützung versagt

Jean-Marc Padis, von der Denkfabrik Terra Nova

Die gebürtige Spanierin hat sich aus ärmlichen Verhältnissen hochgearbeitet und keine Eliteschule besucht. „Wichtige Parteimitglieder haben ihr die Unterstützung versagt“, meint Jean-Marc Padis von der Denkfabrik Terra Nova. Mehrere ehemalige Minister liefen ins Lager von Präsident Emmanuel Macron oder zum Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon über.

Der sozialistische Ex-Präsident Hollande ließ sich zwar bei einem ihrer Wahlkampftermine blicken, signalisierte dabei aber, dass er vor allem an seine eigene Rolle bei einem Neubeginn nach der Wahl dachte.

Viele Franzosen offen für radikale Kandidaten

Aber der drohende Untergang der PS steht auch im Kontext der sich verändernden Parteienlandschaft. Vom Ende der Volksparteien in Frankreich war schon 2017 die Rede, als Macron Anhänger aus dem rechten und linken Lager um sich sammelte. „Die erfolgreichsten Kandidaten vertreten Parteien, die auf ihre Person zugeschnitten sind“, betont Padis.

Laut Umfragen sind zudem knapp die Hälfte der Franzosen bereit, für einen radikalen Kandidaten zu stimmen. Dabei gibt es durchaus Wähler, die zwischen der Rechtspopulistin Marine Le Pen und dem Linkspopulisten Mélenchon schwanken.

Mélenchon, ein ehemaliger Parteigenosse Hidalgos, macht es den Sozialisten gerade besonders schwer. Falls es ihm gelingt, in die Stichwahl zu kommen, würde er anschließend die Führungsrolle der zersplitterten Linken beanspruchen und einen Neubeginn der Sozialisten erschweren.

Viele Sympathisanten der PS blicken neidisch auf Spanien, Portugal und Deutschland, wo Sozialisten oder Sozialdemokraten an der Regierung sind. Einen kleinen Hoffnungsschimmer bieten in Frankreich noch die Parlamentswahlen im Juni, bei denen die PS besser abschneiden könnte, als das Ergebnis ihrer Präsidentschaftskandidatin befürchten lässt. „Auf regionaler Ebene lässt sich leichter ein Kompromiss aushandeln als auf nationaler Ebene“, meint Rivière. Aber es besteht auch das Risiko, dass PS-Abgeordnete die Partei wechseln, um ihr Mandat zu retten.

Mitterrand, der erste sozialistische Präsident Frankreichs, hat das Land in seiner 14 Jahre dauernden Amtszeit tief geprägt. Hollande blieb nur fünf Jahre an der Spitze des Staates und enttäuschte viele seiner Wähler. Bei der Präsidentschaftswahl am nächsten Sonntag können die Sozialisten froh sein, wenn sie auf fünf Prozent kommen und damit die Schwelle für eine Rückerstattung der Wahlkampfkosten erreichen. Aber derzeit scheint nicht einmal das sicher. (AFP)