MadridNirgendwo ist die Bereitschaft zur Organspende größer als in Spanien

Madrid / Nirgendwo ist die Bereitschaft zur Organspende größer als in Spanien
Das Anatomische Modell eines Menschen, in der Medizinischen Hochschule Hannover. (Symbolbild Foto: Emily Wabitsch/dpa

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Dieser Tag war für Beatriz Domínguez-Gil ein Datum, das die Chefin der spanischen Transplantationsorganisation ONT im Kalender rot anstrich: Insgesamt 38 Organe von 19 verstorbenen Spendern, die am 29. November 2019 verpflanzt wurden. 

Vor allem Nieren, aber auch mehrere Lebern, Lungen und Herzen. 27 Krankenhäuser waren an dieser Mammutoperation beteiligt. Ein historischer Rekord in Spanien, das Europas Musterland in Sachen Organspenden ist.

Nirgendwo in Europa ist die Spendenbereitschaft größer als in dem südeuropäischen EU-Land, das mit seinem ausgefeilten Transplantationssystem sogar Weltchampion ist. Der Erfolg hat mit einem unbürokratischen Organspendengesetz zu tun. In Spanien wird jeder als potenzieller Organspender angesehen, der nicht ausdrücklich widerspricht. Aber es wird auch bei dieser Widerspruchslösung immer ein Einverständnis eingeholt: Soweit der Patient nicht mehr befragt werden kann, haben die Angehörigen das letzte Wort.

Die wenigsten Familien lehnen ab: Nur 14 Prozent der Angehörigen verweigerten 2019 die Organentnahme. Seit Jahren steigt in Spanien die Zahl der Menschen, die ihre Organe spenden. In 2019 erreichte die Rate mit 48,9 Spendern pro einer Million Einwohner einen Spitzenwert. Das ist mehr als viermal so viel wie etwa in Deutschland, wo die Zahl im letzten Jahr bei 11,2 lag. Der europäische Durchschnitt liegt mit 22,2 (in 2018, neuere Zahlen liegen noch nicht vor) ebenfalls weit unter der spanischen Marke. „Diese Zahlen belegen die außergewöhnliche Solidarität der Menschen in Spanien“, sagte Domínguez-Gil, als sie dieser Tage die neuste Bilanz vorstellte.

Auch Einwanderer tragen zum Erfolg bei. Annähernd zehn Prozent der Organspender sind Ausländer – allen voran Briten, Deutsche, Franzosen, Rumänen und Lateinamerikaner. Insgesamt wurden 2019 in Spanien genau 2.301 Personen 5.449 Organe entnommen. In 2020 soll die Zahl der Organverpflanzungen weiter steigen, verkündete ONT-Direktorin Domínguez-Gil, welche die staatliche Transplantationsplattform seit drei Jahren leitet. Die Liste von Patienten, die ein lebenswichtiges Organ brauchen, wird in Spanien zwar kürzer – aber Ende 2019 warteten immer noch 4.889 Menschen auf eine Verpflanzung.

Andere Praxis bei Organentnahme

Deswegen will Domínguez-Gil das Transplantationssystem weiter verbessern. Der Schlüssel, glaubt sie, liege in einer immer perfekteren Organisation der Hospitäler. In möglichst vielen Kliniken sollen rund um die Uhr speziell ausgebildete Transplantationsexperten bereitstehen, die unter den Schwerkranken potenzielle Organspender identifizieren und dann frühzeitig mit Patienten oder Angehörigen sprechen. Auch eine enge Koordination zwischen jenen Krankenhäusern, in denen Organe entnommen oder eingesetzt werden, sei vital. Diese ausgefeilte Logistik, die von der ONT-Zentrale in Madrid gesteuert wird, funktioniert in Spanien ganz offenbar besser als in den europäischen Nachbarländern. Deswegen ist Spaniens Methode, die von der EU-Kommission zur Nachahmung empfohlen wird, inzwischen zum internationalen Exportmodell geworden. Wo die spanische Strategie ganz oder teilweise kopiert wird, wie etwa in Portugal, Kroatien, Frankreich oder Italien, steigt die Zahl der Organspender spürbar.

Eine weitere Praxis der Spanier erleichtert die Organentnahme, dürfte aber bei manchen europäischen Nachbarn für heftige Debatten sorgen: In Spanien können bereits nach einem irreversiblen Herzkreislaufstillstand, nach dem also alle Wiederbelebungsversuche erfolglos blieben, Organe entnommen werden. In anderen Ländern, wie Deutschland zum Beispiel, darf dies bislang erst nach dem Gesamtgehirntod geschehen.

Jedes Jahr pilgern ausländische Medizinerdelegationen über die Pyrenäen, um von den spanischen Kollegen zu lernen. Auch wurden mehrere Fälle von Schwerkranken aus anderen europäischen Ländern bekannt, die in der Hoffnung nach Spanien reisten, dort schneller an eine Spenderniere zu kommen. Doch dem „Transplantationstourismus“, wie ihn spanische Medien tauften, wurde inzwischen ein Riegel vorgeschoben: Ausländische Organ-Suchende haben nur eine Chance, wenn sie schon mehrere Jahre einen festen Wohnsitz in Spanien nachweisen können.

Klar
16. Januar 2020 - 22.32

Wirklich? Hierzulande ist JEDER Organspender, wenn er nicht widersprochen hat. Informieren Sie sich mal, das scheint niemand hier zu wissen, in mehreren Artikeln scheint das durch.