DeutschlandIn der CDU regiert der Frust, die CSU bringt sich in Stellung

Deutschland / In der CDU regiert der Frust, die CSU bringt sich in Stellung
Die Demontage hat begonnen: In Sachsen-Anhalt wurden gestern bereits Wahlplakate der CDU entfernt, doch auch in Berlin dürfte die Unionsparteien nach dem Wahldebakel bald das große Aufräumen packen  Foto: Peter Gercke/dpa-Zentralbild

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Am Tag nach der Wahl implodiert die Strategie der Union: Angesichts der historischen Wahlniederlage wird der eigene Regierungsanspruch offen in Zweifel gezogen. Manch einer denkt bereits laut über den „aufrechten Gang in die Opposition“ nach. Die Zukunft von Armin Laschet ist ungewisser denn je.

Es ist Tag eins nach der Wahl und das Ausmaß des Desasters liegt offen auf dem Tisch. Zumindest, was die Zahlen angeht. Mit 24,1 Prozent fährt die Union das schlechtestes Ergebnis ihrer Geschichte ein und landet auf Platz zwei hinter der SPD (25,7 Prozent). Die Strategie vom Wahlabend, den Auftrag zur Regierungsbildung eindeutig für sich zu reklamieren, ist damit schon am Montagmorgen Makulatur.

Um 9 Uhr trifft sich das CDU-Präsidium, anschließend kommt auch der Parteivorstand zusammen. Im Konrad-Adenauer-Haus regiert der große Frust. Es fallen Wörter wie, „alles Sch…“ und „niederschmetternd“. Schnell wird klar, dass nun auch Zoff untereinander ausbricht. Laschet und Ralph Brinkhaus, bisher Unions-Fraktionschef, geraten aneinander. Brinkhaus beansprucht den Fraktionsvorsitz erneut für sich – doch Laschet will ihm das Amt vorerst nur kommissarisch überlassen. Laschet hält sich eine Aussicht auf den Posten als Oppositionsführer im Bundestag offen. Doch Brinkhaus bleibt hart. „Er wird durchziehen“, so einer, der ihn gut kennt. Das könnte das politische Ende Laschets einläuten.

Parallel berät der Vorstand der CSU in München. Und auch hier werden ganz andere Töne angeschlagen als noch am Wahlabend. CSU-Chef Markus Söder zweifelt den Regierungsanspruch an. Bei einem Verlust von minus acht Prozent könne man nicht von einem Auftrag sprechen. „Das das wäre echt vermessen“, sagt Söder in München. Und weil die Lage so ist, wie sie ist, kündigt der bayerische Ministerpräsident für die nächsten Wochen eine umfassende Aufarbeitung an. „Wir dürfen es nicht schönreden.“

Es muss vorher klar sein, wofür die CDU steht, was mit ihr nicht verhandelbar ist. Und nur damit können Gespräche geführt werden. Ansonsten werden wir den aufrechten Gang in die Opposition gehen.

Tobias Hans, saarländischer Ministerpräsident

An Laschet übt Söder zunächst keine Kritik, zumindest nicht direkt. Er betont, dass es „keine Rückspiele, keinen Groll“ gebe. CSU-Spitzenkandidat und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nennt das Abschneiden der Union aber zugleich „eine der unnötigsten Niederlagen der vergangenen Jahrzehnte“. Auch, weil man sich in der CSU wohl bewusst ist, dass das Ergebnis mit einem Kanzlerkandidaten Söder ganz anders ausgesehen hätte.

Laschet wirkt wie ein geprügelter Hund

In der CDU-Parteizentrale grenzen manche Aussagen inzwischen an Verzweiflung. Man müsse jetzt mal „innehalten“, mahnt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Und Bundes-Vize Julia Klöckner betont sogar: „Wir müssen als Union irgendwie sympathischer werden.“ Zuvor hat bereits Tobias Hans, saarländischer Ministerpräsident, Sätze von besonderer Wucht gesprochen. Mit Blick auf mögliche Gespräche sagte er: „Es muss vorher klar sein, wofür die CDU steht, was mit ihr nicht verhandelbar ist. Und nur damit können Gespräche geführt werden. Ansonsten werden wir den aufrechten Gang in die Opposition gehen.“ Das sitzt.

Armin Laschet wirkt nach den Gremiensitzungen vor der Presse wie ein geprügelter Hund. „Nein, ich beanspruche nicht Platz eins. Wir sind Platz zwei“, hebt der CDU-Chef hervor. Keine Partei könne aus dem Ergebnis einen klaren Regierungsauftrag ableiten. Auf die Frage, ob eine stark geschwächte Union in den Verhandlungen nicht ihren Markenkern endgültig aufgeben müsse, antwortet Laschet: „Nein, wir werden unseren Markenkern nicht aufgeben.“ Manch einer im Bundesvorstand befürchtet freilich genau das Gegenteil. Die Sorge geht um, auch die letzten Stammwähler zu verprellen.

Angesprochen auf die Auseinandersetzung mit Brinkhaus um den Fraktionsvorsitz reagiert Laschet genervt, fast trotzig. Vor allem aber unklar. Er habe im Präsidium vorgeschlagen, dass Brinkhaus in der Phase der Verhandlungen Fraktionschef bleiben solle. Er werde in der Rolle als Parteivorsitzender agieren. Außer Frage stehe, dass er an diesem Dienstag der Fraktion Brinkhaus zur Wahl vorschlagen werde. Wie dies aber formell zu regeln sei, müsse nun noch geklärt werden, so der Kanzlerkandidat. Traditionell wird der Unionsfraktionschef zu Beginn der Legislaturperiode immer für ein Jahr gewählt.

Harter Machtkampf vorprogrammiert

Im Vergleich dazu ist die CSU klar sortiert. Noch vor der gemeinsamen Fraktionssitzung am Dienstag soll Dobrindt als Chef der Landesgruppe bestätigt werden, mit klarer Rückendeckung des Parteichefs. Die kleine Schwester kann damit selbstbewusst in die Sitzung mit der CDU gehen. Am Montagnachmittag kündigte die CSU dann auch einen gemeinsamen Presseauftritt von Söder und Dobrindt in Berlin an. Ob das ein gutes Zeichen für Laschet ist, ist fraglich.

Albert Füracker, enger Söder-Vertrauter und Bayern Finanzminister, baut jedenfalls schon vor. Die CSU sei für diese Niederlage nicht verantwortlich. „Das zeigt schon der Blick nach Nordrhein-Westfalen: Dort ist die CDU auf 26 Prozent abgerutscht und liegt jetzt drei Prozent hinter der SPD. Und das, obwohl der Kanzlerkandidat aus dem eigenen Land kommt. Da ist kein Heimvorteil erkennbar, das ist schon ein ziemliches Desaster“, sagt Füracker dem Tageblatt. Die CSU sei bei dieser Wahl noch der „stabilisierende Faktor“, so Füracker.

Doch es gibt nach wie vor auch Unterstützer für Armin Laschet in den eigenen Reihen – oder zumindest solche, die um eigene Posten und Perspektiven fürchten. Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister und Mitglied des CDU-Präsidiums, sieht noch immer die Chance, eine „bürgerliche Regierung“ zu führen. „Armin Laschet hat einen enormen Kampf hingelegt in den letzten Wochen“, sagte Spahn dem Spiegel. Armin Laschet stehe dafür, dass er zusammenführen und unterschiedliche Partner zusammenhalten könne. „Und ja, daraus lässt sich der Anspruch ableiten, den Kanzler zu stellen“, sagt der Noch-Minister. Klar ist dabei aber auch, dass aus Spahn der Wunsch spricht, auch in Zukunft noch Minister zu sein. Landet die Union am Ende in der Opposition, fallen die zu vergebenden Posten spärlich aus. Der harte Machtkampf ist vorprogrammiert.

Observer
28. September 2021 - 12.49

Ich würde die CSU von der DU trennen und neue Verwirrung stiften!

HTK
28. September 2021 - 10.38

Vorausgesehen und vorausgesagt. Söder ist in den Startlöchern für die nächste Wahl und wenn jetzt keine anständige Koalition zustande kommt,dann wird es wohl so sein,dass der Bär von Bayern die Chose übernimmt.Mit Laschet hat sich die CDU-Basis ein Eigentor geschossen.Das war bei der Kandidatenwahl schon klar. Da hätte sogar Merz besser abgeschnitten. Schlimm nur dass die Partei der Dummschwätzer FDP dabei ist.Von der Jugend gewählt?