Witwe fordert 100.000 Euro SchadenersatzErster Prozess um Corona-Ausbruch in Ischgl steht an

Witwe fordert 100.000 Euro Schadenersatz / Erster Prozess um Corona-Ausbruch in Ischgl steht an
In dem für seine Partyszene bekannten und auch bei Luxemburgern beliebten Wintersportort Ischgl war es im März 2020 mitten in der Skisaison zu einem Corona-Ausbruch gekommen Foto: dpa/Felix Hörhager

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Eineinhalb Jahre nach dem Corona-Ausbruch im Tiroler Skiort Ischgl beginnt am Freitag am Wiener Landesgericht ein erster Prozess um Schadenersatz.

Das Skiparadies Ischgl galt zu Beginn der Pandemie als eine der Coronavirus-Drehscheiben Europas. Die Frage, ob die österreichischen und die Tiroler Behörden fahrlässig gehandelt und die Gesundheit von Besuchern und Saisonarbeitern aufs Spiel gesetzt haben, um weiter Geld zu verdienen, beschäftigt jetzt die Gerichte. An einer Sammelklage wegen Ansteckungen in Ischgl hatten anfangs auch mindestens elf Luxemburger Interesse gezeigt. Eineinhalb Jahre nach dem Corona-Ausbruch betrifft der erste Fall vor Gericht aber eine Frau aus Deutschland. Die Hinterbliebene eines Mannes, der in Ischgl mit dem Virus infiziert wurde und später verstarb, hat die Republik Österreich auf rund 100.000 Euro Schadenersatz verklagt. 

In dem für seine Partyszene bekannten und auch bei Luxemburgern beliebten Wintersportort Ischgl war es im März 2020 mitten in der Skisaison zu einem Corona-Ausbruch gekommen. Hunderte Österreicher und Tausende ausländische Urlauber infizierten sich vermutlich unter anderem in überfüllten Après-Ski-Bars. Die in ihre Heimatländer zurückgekehrten Wintersportler verbreiteten daraufhin das Virus in ganz Europa. Der Ort mit seinen 11.000 Gästebetten gilt seitdem als einer der Hotspots für die Verbreitung des Virus.

Eingereicht bei Gericht wurde die Klage vom österreichischen Verbraucherschutzverein (VSV), der die Kläger juristisch vertritt. „Ich schätze, dass letztendlich bis zu 3.000 Ansprüche an die Republik gestellt werden und der Verbraucherschutzverein auch Sammelklagen nach österreichischem Recht einbringen wird“, sagte der Obmann des Vereins, Peter Kolba, am Montag. Bisher seien 15 weitere Klagen bei Gericht eingebracht worden. „Am Freitag wird sich die Frage stellen, ob man diese Massen an Ansprüchen nicht besser in Vergleichsverhandlungen lösen könnte“, sagte Kolba, dessen Verein auch Kläger aus dem Ausland vertritt.

Die Kläger werfen den Behörden vor, zu zögerlich den Skibetrieb geschlossen zu haben. Die Tiroler Behörden weisen die Vorwürfe zurück. Angesichts der damaligen Erkenntnisse über das Virus habe man angemessen gehandelt. Nach Ansicht des Verbraucherschutzvereins haben die Verantwortlichen Warnungen ignoriert und zu spät reagiert. „Das Offenhalten von Ski-Gebieten, obwohl man von einer Gefahr der massenhaften Ansteckung weiß oder wissen müsste, ist sehr wohl ein Grund, Schadenersatzansprüche zu prüfen“, erklärte der Verein. Für Tirol ist der Winter-Tourismus eine wichtige Einnahmequelle.

In dem ersten Fall gehen die Kläger davon aus, dass sich der Betroffene bei der chaotischen Abreise aus dem Tal im Bus angesteckt habe. Die Ankündigung von Bundeskanzler Sebastian Kurz, dass das Paznauntal mit dem Wintersportort Ischgl ab sofort isoliert werde, hatte Tausende Touristen überrascht. Die ausländischen Gäste wurden aufgefordert, in ihre Heimat zurückzukehren, woraufhin viele hektisch aus den Urlaubsorten flüchteten. Aus Sicht der Kläger haben diese Umstände dazu beigetragen, dass sich das Virus in Europa ausbreiten konnte.