„Ich werde 100 Jahre weinen“

„Ich werde 100 Jahre weinen“
(AP/Desmond Boylan)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Viele Kubaner kennen kein Leben ohne den ewigen Revolutionsführer. Jetzt ist der Máximo Líder abgetreten. Die Menschen in Kuba trauern, die internationale Linke kondoliert. In den Straßen von Miami dagegen feiern Exil-Kubaner den Tod des ihnen verhassten Machthabers.

Die bittere Nachricht erreicht die Kubaner am späten Abend. Präsident Raúl Castro erscheint im Staatsfernsehen, in olivgrüner Uniform an einem schlichten Schreibtisch. Mit gefasster Stimme gibt er den Tod seines großen Bruders bekannt. „Liebes kubanisches Volk. Mit tiefer Trauer informiere ich unser Volk und unsere Freunde in Amerika und aller Welt, dass heute – am 25. November 2016 – um 22:29 Uhr am Abend der Kommandeur der kubanischen Revolution, Fidel Castro Ruz, gestorben ist“, sagt der kubanische Präsident am Freitagabend.

„Auf seinen Wunsch wird seine Leiche verbrannt. Am Samstag wird das Organisationskomitee für seine Beerdigung das Volk über die Veranstaltung zu Ehren des Gründers der kubanischen Revolution informieren. Immer bis zum Sieg.“
Die meisten Kubaner können sich ein Leben ohne den „Máximo Líder“ gar nicht vorstellen. „Alle Kubaner weinen heute Nacht“, sagt die 42-jährige Marbelys einem Reporter der Deutschen Presse-Agentur in der Nacht zum Samstag in der Hauptstadt Havanna.

Exil-Kubaner in Miami feiern

Seit dem Sieg der Revolution 1959 hat Castro die Geschicke der Karibikinsel gelenkt. In seiner Amtszeit trotzte er zehn US-Präsidenten. Angeblich überlebte er mehr als 600 Mordanschläge. Ihn umgab die Aura eines Unsterblichen.
Andererseits sind die Kubaner eigentlich seit zehn Jahren auf diesen Tag vorbereitet. Bereits im Juli 2006 musste Fidel Castro nach einer schweren Darmerkrankung die Macht an seinen jüngeren Bruder Raúl abgeben. Bereits damals sei er am Rande des Todes gewesen, räumte er später ein.

„Ich werde 100 Jahre weinen“, sagt Digna Maritza in Havanna. „Fidel hat uns Armen alles gegeben.“ Junge Leute kommen aus den Clubs und Bars – ungläubige Gesichter. In einer Cafeteria warten die Leute auf weitere Nachrichten.

In Little Havanna in Miami hingegen feiern die Exil-Kubaner den Tod des ihnen verhassten Revolutionsführers. Sie schwenken kubanische Flaggen, skandieren „Er ist gestorben, er ist gestorben“ und fahren in hupenden Autokorsos durch die Straßen, wie auf einem Video der US-Zeitung „Miami Herald“ zu sehen ist.

Auch in Havanna gibt es einige Leute, die sich über den Tod des Revolutionsführers freuen. „Gut, dass er tot ist. Jetzt fehlt nur noch der Bruder“, sagt Jorge Gonzalez. Der 22-Jährige sagt, er müsse sich prostituieren, um über die Runden zu kommen. „Was wir brauchen, sind Jobs.“

Ikone verloren

Die internationale Linke hingegen hat eine Ikone verloren. Venezuelas sozialistischer Regierungschef Nicolás Maduro schreibt auf Twitter: „Fidel hat sich auf den Weg in die Unsterblichkeit jener gemacht, die ihr ganzen Leben kämpfen. Immer bis zum Sieg.“

Ecuadors Staatschef Rafael Correa sagt: „Ein Großer ist von uns gegangen. Fidel ist gestorben. Es lebe Kuba. Es lebe Lateinamerika.“ Der salvadorianische Präsident und ehemalige Guerilla-Kommandeur Salvador Sánchez Cerén schreibt: „Fidel wird für immer im Herzen der solidarischen Völker leben, die wir für Gerechtigkeit, Würde und Brüderlichkeit kämpfen.“