/ Hunderte Flüge fallen aus
In einer zweiten Welle haben die Flugbegleiter der Lufthansa ihre Streiks deutlich ausgeweitet. Zeitversetzt traten am Dienstagvormittag Crews in Berlin und am Drehkreuz Frankfurt in den Ausstand, der von der Gewerkschaft Ufo ausgerufen worden war. Ab dem Nachmittag sind Flugbegleiterstreiks am zweiten Drehkreuz in München geplant.
Wegen des Streiks strich die Lufthansa in Frankfurt bereits rund die Hälfte aller geplanten Kurz- und Mittelstreckenflüge, auf der Langstrecke fiel etwa jeder dritte Flug aus. Der Flughafenbetreiber Fraport sprach am Vormittag von über 220 abgesagten Flügen. In Berlin habe es zunächst nur vereinzelte Ausfälle gegeben, berichtete ein Lufthansa-Sprecher. Für Dienstag wurden insgesamt 306 Flüge abgesagt, für Mittwoch weitere 7.
Hunderte Flugausfälle
Bereits am Vorabend waren Interkontinentalflüge im Ausland abgesagt worden, um am Morgen den Frankfurter Flughafen nicht volllaufen zu lassen. Bei der ersten Streikwelle am Freitag hatte der Flughafen vorübergehend geschlossen werden müssen, weil alle Parkpositionen belegt waren.
Lufthansa rechnet wegen der gestörten Umläufe auch für den Mittwoch mit weiteren Auswirkungen des Streiks auf den Flugplan. Man sei aber bemüht, die Auswirkungen für die Passagiere so gering wie möglich zu halten, so ein Sprecher. „Die Fluggäste werden mit Getränken und Snacks versorgt und von zusätzlichen Mitarbeitern am Boden beim Umbuchen beraten.“ Bei der Planung des Flugprogramms haben Interkontinentalverbindungen Vorrang, auf kürzere Entfernungen wurden die Gäste auf die Bahn umgebucht. Auch Autovermieter konnten sich über steigende Umsätze freuen.
18 000 Vorwarnungen
Trotz der Gegenmaßnahmen und 18 000 an Passagiere verschickten Hinweisen per SMS bildeten sich bereits früh am Morgen wieder lange Schlangen an den Umbuchungsschaltern in Berlin wie auch im Frankfurter Terminal 1. Viele Passagiere schauten ratlos auf die Anzeigetafeln. Dort waren Ausfälle von Flügen innerhalb Deutschlands und in ganz Europa angekündigt. Unter anderem waren die Ziele London, Madrid, Zürich und Berlin-Tegel betroffen.
Am Abend hatte die Gewerkschaft zunächst Berlin und Frankfurt im Abstand von einer Stunde bekanntgegeben; der Münchner Streik wurde am Morgen angekündigt. „Uns fehlt jedes Verständnis dafür, dass man sich hier über die Nacht so austobt auf dem Rücken der Fluggäste. Das ist das alles nicht mehr lustig“, sagte Lufthansa-Sprecher Michael Lamberty der Nachrichtenagentur dpa in der Nacht zum Dienstag.
Chaos in Frankfurt
Zum Ende vergangener Woche hatten die Flugbegleiter in einer ersten Welle für acht Stunden schon einmal in Frankfurt die Arbeit niedergelegt und damit Deutschlands größten Flughafen teilweise lahmgelegt. Auch am Dienstag kann Lufthansa die Personalengpässe nicht ausgleichen und muss zahlreiche Flüge streichen. Etwa die Hälfte aller Kurz- und Mittelstreckenflüge und sogar einige Langstreckenflüge müsse die Airline in der Zeit der Ausstände annullieren, sagte ein Sprecher am Dienstagmorgen.
Sollte das Unternehmen nach der zweiten Streikwelle am Dienstag bei seiner „arroganten Linie“ bleiben, machten weitere Nadelstiche voraussichtlich keinen Sinn mehr, sagte Gewerkschaftschef Nicoley Baublies der Nachrichtenagentur dpa. Am Mittwoch sei ein flächendeckender Streik aber noch „unrealistisch“ und wegen der zu erwartenden Auswirkungen der zweiten Streikwelle vom Dienstag auch nicht notwendig. „Am Mittwoch wird noch genug Chaos herrschen“, sagte der Ufo-Chef. Man wolle der Lufthansa zudem auch Zeit für eine Reaktion einräumen.
„Fluggastfeindlicher“ Arbeitskampf
Carsten Spohr aus dem Vorstand der Lufthansa stellte sich am Montag gemeinsam mit dem Passage-Personalchef Peter Gerber der Diskussion mit den Flugbegleitern bei einer Versammlung in Frankfurt, wie ein Sprecher berichtete. Ufo hatte zuvor ein „Abtauchen“ des Vorstands beklagt.
Schon vor der gestaffelten Streikankündigung in der Nacht zum Dienstag hatte Lufthansa-Sprecher Andreas Bartels die Ufo-Streiktaktik als „sehr fluggastfeindlich“ kritisiert. Das kurze Zeitfenster von sechs Stunden lasse der Gesellschaft kaum eine Chance, die Passagiere rechtzeitig zu informieren. Ufo sieht dagegen eine kurzfristige Streikankündigung derzeit als einziges Mittel im Arbeitskampf mit der Lufthansa. „Wir bedauern das natürlich aufs Äußerste, dass unsere Fluggäste darunter leiden“, sagte Ufo-Sprecher Alexander Behrens der Nachrichtenagentur dpa. „Nur ist es für uns in unserer Situation die einzige Möglichkeit, die wir haben.“
Einsparungen gegen Lohnerhöhungen
Die Gewerkschaft Ufo hat in den seit 13 Monaten andauernden Verhandlungen nach drei Jahren Nullrunden neben fünf Prozent höheren Entgelten unter anderem das Ende der Leiharbeit und Schutz gegen die Auslagerung von Jobs verlangt. Lufthansa plant hingegen mittelfristige Einsparungen bei den Personalkosten und will dafür unter anderem die Beförderungsstufen strecken. Lufthansa beschäftigt nach eigenen Angaben rund 18 000 Flugbegleiter, Ufo spricht hingegen von 19 400 Arbeitnehmern. Das Unternehmen bietet bisher 3,5 Prozent mehr Gehalt sowie den Verzicht auf Leiharbeit und betriebsbedingte Kündigungen. An den Plänen zu einer internen Billiglinie hält die Lufthansa aber fest.
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