Hollande bittet EU-Partner zur Kasse

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(AFP)

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Frankreichs Präsident Hollande will sich in der EU für eine europäische Kriegskasse einsetzen. Der Vorstoß kommt nicht von ungefähr. Seine Einsätze in Afrika werden in der Bevölkerung immer unbeliebter.

Braucht Europa eine gemeinsame Kriegskasse? Wenn es nach Frankreichs Präsident François Hollande Hollande geht, lautet die klare Antwort ja. Bereits beim EU-Gipfel Ende dieser Woche könnte das Thema auf den Tisch kommen. Die Idee sieht vor, dass sich Partnerstaaten wie Deutschland künftig zumindest finanziell wesentlich stärker an Kriseneinsätzen beteiligen.

Hollandes Vorstoß kommt nicht von ungefähr. Die risikoreichen und kostspieligen Militärinterventionen in Afrika werden für den Sozialisten immer mehr zur innenpolitischen Gefahr. Die Zustimmung der Bevölkerung für die jüngste Entsendung von 1600 Soldaten in die Zentralafrikanische Republik ist innerhalb nur einer Woche dramatisch gesunken. Stand anfangs noch eine Mehrheit hinter der Operation, sind nun nur noch 41 Prozent der Franzosen für den Einsatz, der die grausamen Kämpfe zwischen muslimischen Seleka-Kämpfern und christlichen Bürgerwehren beenden soll.

Hohe Kosten für Militär-Einsätze

Als Grund für die Zweifel gelten die ersten zwei toten französischen Soldaten, aber auch die Kosten. Schon die 650 Millionen Euro, die dieses Jahr der Anti-Terror-Krieg in Mali kosten soll, waren für viele Franzosen zu viel. Vor allem, weil die Regierung wegen der horrenden Staatsverschuldung gleichzeitig immer neue Sparpakete und Steuererhöhungen ankündigen muss.

Da die Opfer kaum zu vermeiden sind, geht Hollande nun zumindest beim Thema Kosten in die Offensive. „Europa macht viel, das aber nur punktuell. Man bräuchte einen permanenten europäischen Fonds, nicht nur einsatzbezogene Fonds“, forderte der Staatschef Ende der Woche am Rande einer Brasilien-Reise. Dabei gehe es aber natürlich nicht darum, dass Frankreich der Söldner oder die Polizei Europas sein wolle. Aus dem Parlament gibt es breite Unterstützung für solche Gedankenspiele. Abgeordnete nahezu aller Lager kritisierten in den vergangenen Tagen einen „Mangel an Solidarität der EU“.

Keine EU-Mittel vorgesehen

Dass die französischen Wünsche schnell in Erfüllung gehen, scheint unterdessen unwahrscheinlich. Die EU hat gerade erst die Finanzplanung bis 2020 beschlossen, Gelder für einen neuen Kriegsfonds sind darin nicht vorgesehen. Für die Verwirklichung müsste es zudem ein vollkommen neues Regelwerk geben.

Bislang ist es nicht vorgesehen, dass sich einzelne Staaten Kosten für Kriegseinsätze wie in Mali oder Zentralafrika erstatten lassen können – auch dann nicht, wenn sie mit Mandat der Vereinten Nationen erfolgen. Die 50 Millionen Euro, die die EU jüngst für Zentralafrika zugesagt hat, kommen aus EU-Entwicklungshilfetöpfen und gehen ausschließlich an die „Unterstützungsmission“ (AFISM-CAR) der Afrikanischen Union. Zahlungen an Mitgliedstaaten sind nicht möglich.

Nicht ohne Eigennutz

Nicht ohne Grund. Für Beobachter steht außer Frage, dass die frühere Kolonialmacht Frankreich in Afrika auch erhebliche Eigeninteressen verfolgt. „Zweifellos geht Hollande das militärische und politische Risiko einer Intervention nicht aus reiner Nächstenliebe ein“, kommentierte die „Neue Zürcher Zeitung“ jüngst. Die militärische Präsenz ermögliche es Frankreich, einen Fuß im frankophonen Afrika zu behalten, wo es im Schatten von China zunehmend zur „vernachlässigbaren Größe“ werde.

Ob sich Kosten und Risiko des Einsatzes in Zentralafrika auszahlen, wird sich vermutlich erst in Monaten, wenn nicht sogar Jahren zeigen. Was anfangs als einfacher „Polizeieinsatz“ dargestellt wurde, entpuppt sich immer mehr als brandgefährliches Wagnis. Allein in der Hauptstadt Bangui sind nach UN-Schätzungen mittlerweile 160 000 Menschen auf der Flucht. Frankreich läuft nach Einschätzung von Beobachtern Gefahr, zwischen die Fronten zu geraten und am Ende von beiden Seiten als Feind betrachtet zu werden.