Harte Zeiten für Arbeitnehmer

Harte Zeiten für Arbeitnehmer
(dapd/Jens Schlueter)

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Themen wie Ungleichheit und steigende Armut drängen sich immer mehr in den Vordergrund. Vor kurzem hat sich auch das McKinsey Global Institute des Themas angenommen und eine Studie herausgegeben, die untersucht, wie sich das verfügbare Einkommen verschiedener Bevölkerungsgruppen mit der Zeit entwickelt hat. Das Resultat ist deprimierend.

Es gibt unterschiedliche Methoden, um Armut zu messen. Meist wird der wachsende Unterschied zwischen dem reichsten und dem ärmsten Teil der Bevölkerung erfasst. Oder aber es wird der Prozentsatz der Bevölkerung gemessen, der nicht genügend Geld zum Leben hat. (Link)

Luxemburg

Luxemburg als Land wird in dieser Studie nicht analysiert. Es sind aber Daten aus dem „Luxembourg Income Study Center“ mit in die Arbeit eingeflossen. Auch fällt dem Leser der Studie auf, dass viele Maßnahmen, für die Schweden in der Studie gelobt wird und die der Gleichheit helfen, auch in Luxemburg umgesetzt werden.

Das McKinsey Global Institute hat einen anderen Ansatz gewählt. In der Studie namens „Poorer than their Parents?“ vergleicht es das heutige (2005-2014) verfügbare Einkommen von Bevölkerungsgruppen mit dem verfügbaren Einkommen einer vergleichbaren Bevölkerungsgruppe (mit einem ähnlichen demografischen Profil) in den Jahren 1993 bis 2005.

Und die Resultate der Studie sind nicht zufriedenstellend. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass in den entwickelten Ländern heute 60 bis 75 Prozent aller Haushalte – das wären 540 bis 580 Millionen Menschen – in Bevölkerungsgruppen leben, deren Einkommen (vor Sozialtransfers) entweder stagnieren oder nicht mehr steigen.

In der Vergleichperiode 1993 bis 2005 durchlebten nur weniger als zwei Prozent aller Haushalte eine Periode fallender oder stagnierender Einkommen.

Zur Erklärung: Das Resultat bedeutet nicht, dass individuelle Haushalte heute nominal weniger verdienen als vor zehn Jahren –es bedeutet, dass sie weniger oder gleich viel verdienen als andere ähnliche Haushalte vor zehn Jahren. Als verfügbares Einkommen bezeichnet McKinsey alle Einnahmen eines Haushalts, nicht nur das Gehalt.

Wirtschaftliche und soziale Konsequenzen

Etwas besser werden die heutigen Resultate, wenn die staatlichen Sozialtransfers mit in die Rechnung einbezogen werden. Dann nämlich sind es „nur“ noch 20 bis 25 Prozent aller Haushalte in den entwickelten Ländern, deren verfügbares Einkommen entweder stagniert oder fällt.

Doch auch hier waren die Resultate in der Vergleichperiode 1993 bis 2005 besser. Weniger als zwei Prozent aller Haushalte erlebten damals eine Periode fallender oder stagnierender Einkommen. McKinsey schlussfolgert, dass die heutige junge Generation mit dem Risiko leben muss, ärmer als ihre Eltern zu sein. Besonders betroffen seien dabei junge Menschen mit wenig Ausbildung. Das war eigentlich schon bekannt. Doch McKinsey unterstreicht in der Studie, dass nicht nur diese Menschen betroffen seien. Auch die mittleren Bevölkerungsschichten hätten die Folgen der schrumpfenden oder stagnierenden Einkommen gespürt. Und das in allen untersuchten Ländern, nur nicht in Schweden.

Dieser negative Trend habe Konsequenzen, schreibt McKinsey weiter. So sorge ein fallendes Einkommen für einen schrumpfenden Konsum, was die gesamte Wirtschaft in Mitleidenschaft ziehen kann. Zudem habe der Trend soziale Folgen: Eine Umfrage von McKinsey ergab, dass Menschen, deren Einkommen stagniert oder fällt, eher negative Meinungen zu Themen wie Freihandel oder Immigration äußerten.

Für die Zukunft ist McKinsey dabei nicht optimistisch. Die Trends, die die neue Lage herbeigeführt haben, werden auch in Zukunft weiter wirken. Selbst wenn die Volkswirtschaften wieder normal wachsen würden, könne damit gerechnet werden, dass auch in den kommenden zehn Jahren 30 bis 40 Prozent der Einkommensgruppen mit fallenden oder stagnierenden Einkommen leben müssten.

Hier käme eine wichtige Aufgabe auf die Politik zu, so McKinsey. Viele Länder hätten sich jedoch, durch die Verschuldungspolitik der Vergangenheit, nur noch wenig Spielraum gelassen.

Schweden widersetzt sich dem Trend

Wirklich interessant wird die Studie beim Ländervergleich. Während Frankreich, Großbritannien, die USA und Italien voll von den negativen marktwirtschaftlichen Trends erfasst wurden, so waren in Schweden – selbst vor Sozialtransfers – nur 20 Prozent aller Haushalte von fallenden oder nicht mehr steigenden Einkommen betroffen (siehe Tabelle). Das liege an Schwedens Arbeitsmarktpolitik, so McKinsey: Schutz des Arbeitsplatzes, Schutz der Höhe der Gehälter, Kurzarbeit, Steuerkürzungen für Haushalte und Investitionen in die Infrastruktur.

Wie bereits vorher erwähnt, verbessert sich in den meisten Ländern die Lage etwas, nachdem staatliche Sozialleistungen in die Rechnung mit einbezogen werden. So verbuchten beispielsweise – nach Sozialtransfers – nur noch zehn Prozent von Frankreichs Haushalten ein negatives oder stagnierendes Einkommen. In Großbritannien liegt diese Quote bei 60 Prozent, in Schweden und den USA bei unter zwei Prozent.

Die beiden Ausnahmen unter den analysierten Ländern waren die Niederlande und Italien. In beiden ist das durchschnittliche verfügbare Einkommen der Haushalte – selbst nach Sozialtransfers – nicht gestiegen. In Italien verschlechtert sich die Quote sogar noch: Während vor Sozialtransfers „nur“ 90 Prozent der Haushalte von Stagnation oder Schrumpfung betroffen waren, so ist diese Summe nach Sozialtransfers auf 100 Prozent der Haushalte gestiegen – eine Folge der Austeritätspolitik. Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass auch wenn jedes Land mit den gleichen globalen Trends zu kämpfen hat, es doch Lösungen gibt. Die Politik der nationalen Regierungen macht den Unterschied.