Harte „Spar“-Zeiten für Lissabon

Harte „Spar“-Zeiten für Lissabon
(dpa)

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Die Krise um Portugals Schulden beherrscht das Finanzministertreffen der EU in Ungarn. Das ärmste Land Westeuropas muss mit noch härteren Sparauflagen rechnen.

Die EU übt massiven Druck auf das hochverschuldete Portugal aus. Trotz der innenpolitischen Krise und einer nur geschäftsführenden Regierung muss Lissabon demnach schnell ein striktes Sparprogramm zuwege bringen. „Es liegt an ihnen“, sagte der finnische Ressortchef Jyrki Katainen am Freitag im ungarischen Gödöllö zu Beginn von Beratungen der EU-Finanzminister. Das kommende Sparpaket müsse härter als das vorige ausfallen, das im März am Widerstand der portugiesischen Opposition gescheitert war.

Dabei werde es darauf ankommen, nicht nur die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Zudem seien strukturelle Reformen nötig, sagte Katainen. Sein belgischer Amtskollege Didier Reynders sagte, es werde nun darauf ankommen, wie Portugal die nötige Konsolidierung der Staatsfinanzen organisiert.

Portugal will nun ofiziell Finanzhilfe

Portugal reichte in der Nacht zum Freitag den bereits angekündigten Antrag auf Milliardenhilfen offiziell bei der EU-Kommission in Brüssel ein. Währungskommissar Olli Rehn sagte dazu in Gödöllö: „Ich begrüße diesen verantwortungsvollen Schritt.“

Portugal will die nötigen Verhandlungen mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) rasch abschließen. „Wir sollten schnell wie möglich eine Vereinbarung finden“, sagte Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos. „Ich bin sicher, dass wir die Hilfe erhalten. Portugal wird in der Lage sein, seine Verpflichtungen zu erfüllen.“

Höhe der Finanzspritze unbekannt

Wieviel Finanzhilfe Lissabon benötigt, wurde nicht genannt. In der EU ist eine Summe zwischen 70 und 80 Milliarden Euro im Gespräch. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte dem Land bereits „schnellstmögliche“ Hilfe zugesagt.

Der geschäftsführende portugiesische Regierungschef José Socrates hatte bereits am Mittwoch angekündigt, dass sein Land das Gesuch stellen werde. Damit wird Portugal als drittes Land der Europäischen Union – nach Griechenland und Irland – an den Finanztropf kommen. Irland wird von einer Bankenkrise erschüttert und nimmt 85 Milliarden Euro Finanzhilfe von der EU und dem IWF in Anspruch. Griechenland hatte bereits vor der Bildung des EU-Rettungsfonds EFSF von einem Extra-Paket von 110 Milliarden Euro profitiert.

Lissabons Staatskassen auf dem Prüfstand

Nach dem offiziellen Antrag werden nun EU-Kommission, EZB und IWF die portugiesischen Staatskassen unter die Lupe nehmen. Anschließend muss das Land feste Sparzusagen geben – sonst kann die Finanzspritze nicht freigegeben werden. An dieser Stelle ist die Lage vertrackt: Portugals Regierung hatte bereits ein striktes Sparprogramm fertiggestellt, das in Brüssel und bei den EU-Partnern auf Wohlwollen gestoßen war. Aber die Regierung Socrates war mit dem Programm am Widerstand der Opposition in Lissabon gescheitert – und daraufhin zurückgetreten. Neuwahlen sind erst Anfang Juni. Ein Überbrückungskredit bis dahin kommt für die EU-Partner nicht infrage.

Offizielle Beschlüsse sind auf dem informellen Ministertreffen in der Nähe von Budapest nicht zu erwarten. Auf Schloss Gödöllö kamen zunächst die Minister des Eurogebiets zusammen. Thema dürfte laut Diplomaten auch die Leitzinserhöhung der EZB sein. Die Zentralbank hatte am Donnerstag beschlossen, den wichtigsten Leitzins um 0,25 Punkte auf 1,25 Prozent heraufzusetzen – da weitere Erhöhungen im laufenden Jahr laut Volkswirten voraussichtlich folgen, könnte das Wirtschaftswachstum in Europa beeinträchtigt werden.

Kein Schuldenerlass für Griechenland

Ein in den Medien immer wieder diskutierter Schuldenerlass für Griechenland ist nach den Worten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kein Thema. Nach Aussage seines belgischen Kollegen Reynders gibt es dazu auch keinen Anlass. Es gebe einen Hilfsplan für Griechenland, und dieser Plan funktioniere gut.

Am Nachmittag wollten die Ressortchefs aller 27 EU-Staaten und die Notenbankgouverneure beraten. Dabei wird es unter anderem über die neue Runde der Bankenstresstests in Europa gehen. Damit soll – umfassender als im vergangenen Jahr – die Widerstandsfähigkeit von Geldhäusern geprüft werden. Das Minister-Treffen soll am Samstag abgeschlossen werden.