„Hände weg vom Elsass“

„Hände weg vom Elsass“
(AFP)

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Statt 22 Regionen in Frankreich wird es nach dem Willen François Hollandes ab 2016 nur noch 13 geben. Damit haben die Elsässer ein großes Problem.

Der französische Präsident François Hollande hat große Pläne: Die politische Landkarte Frankreichs soll neu zugeschnitten werden. Ab 2016 sollen die 22 Regionen des Landes zu 13 Regionen zusammengefasst werden. Doch gegen diese Gebietsreform, von der sich die sozialistische Regierung eine schlankere Verwaltung und langfristig Einsparungen in Milliardenhöhe verspricht, gibt es vor allem im Elsass heftigen Widerstand.

Regionalpolitiker aller Couleur wehren sich gegen die Fusion mit dem benachbarten Lothringen und der ostfranzösischen Region Champagne-Ardenne zu einer Gebietskörperschaft mit rund 5,5 Millionen Einwohnern. Seit Oktober haben mehrere tausend Elsässer bei Demonstrationen in Straßburg, Colmar und Mülhausen mit Slogans wie „Hände weg vom Elsass“ gegen die Pariser Pläne mobil gemacht – vergebens. Am Mittwochabend verabschiedete die Nationalversammlung in Paris das Gesetz zur Gebietsreform endgültig.

„Alsace libre“

Im Elsass ist der Widerstand groß: Eine vom konservativen Mülhausener Bürgermeister Jean Rottner gegen die Zwangsfusion lancierte Petition wurde von mehr als 60.000 Bürgern unterschrieben. Auf öffentlichen Plätzen sind immer mehr elsässische Fahnen und Plakate mit zweisprachigen Slogans wie „Alsace libre“ zu sehen. Im Internet-Netzwerk Facebook wiederum ist die Bewegung „Non à la fusion“ aktiv.

Das Elsass sei eine Region mit starker „kultureller und sprachlicher Identität“, betont Andrée Munchenbach, Vorsitzende der kleinen Partei „Unser Land“, die sich unter anderem für den Erhalt des Elsässerdeutsch und des noch aus der deutschen Kaiserzeit stammenden Lokalrechts einsetzt. Diese „Besonderheiten“ würden in einer Großregion untergehen. Die geplante Fusion habe bei den Elsässern ein altes Gefühl wiedererweckt: „Man liebt uns nicht, keiner versteht uns“, meint der Straßburger Bürgermeister Roland Ries. Der Sozialist hatte sich dafür stark gemacht, es bei einer Zweierhochzeit zwischen dem Elsass und Lothringen zu belassen – doch damit stieß er bei seinen Parteifreunden in Paris auf taube Ohren.

„Ungerechtigkeit immer ablehnen“

Es geht aber nicht nur um kulturelle Identität, sondern auch um handfeste wirtschaftliche Interessen. Das Elsass ist eine der wohlhabendsten Regionen Frankreichs, was für das durch den Niedergang der Schwerindustrie gebeutelte Lothringen und die vorwiegend ländliche Champagne nicht gilt. Die Arbeitslosenquote ist im Elsass mit 9,5 Prozent um gut einen Prozentpunkt niedriger als bei den künftigen Fusionspartnern. Für eine Fusion müsse es „ein Minimum an wirtschaftlicher Logik“ geben, betonten die elsässischen Wirtschaftskammern in einer gemeinsamen Stellungnahme. Dies sei nicht der Fall.

Die Region Champagne-Ardenne blicke vor allem nach Paris, das Elsass hingegen nach Deutschland. Straßburg soll dem Gesetzentwurf zufolge zwar Hauptstadt der neuen Großregion werden und damit Sitz der Präfektur. Doch wo künftig das Regionalparlament tagen wird, ist noch nicht klar. Außerdem dürften wichtige Behörden in die lothringischen Städte Metz und Nancy und in Champagne-Metropole Reims verlegt werden.

Das elsässische Volk werde nicht nachgeben und diese „Ungerechtigkeit immer ablehnen“, warnt der oppositionelle Abgeordnete Eric Straumann. Seine konservative Partei UMP hat schon angekündigt, das Gesetz vor dem Verfassungsrat anfechten zu wollen.