Richter entscheiden über Bürgermeister

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In den beiden lothringischen Großstädten Thionville und Metz haben sich am Wochenende die Stadträte mit der Wahl der Bürgermeister konstituiert. Die endgültige Entscheidung werden allerdings Richter fällen.

Dominique Gros ist in Metz erneut zum Bürgermeister gewählt worden. Obwohl bei den Kommunalwahlen nur mit einer relativen Mehrheit ausgestattet, musste er seinen Wiederwahl bei der Konstituierung des Metzer Stadtrates nicht fürchten. Das französische Verhältniswahlrecht bei den Kommunalwahlen stattet den Sieger – egal mit welcher Mehrheit der Stimmen seine Liste die Wahl gewinnt – stets mit einer absoluten Mehrheit der Sitze im jeweiligen Stadtrat aus. In Metz gewann die Liste von Dominique Gros mit einem Vorsprung von 770 Stimmen vor der bürgerlichen UMP. Die Unterlegene, Marie Jo Zimmermann, hat bei diesem knappen Wahlergebnis Klage gegen die Wertung der Kommunalwahl eingelegt. Ohne näher auf den Inhalt einzugehen, will das bürgerliche Lager bei der linken Liste des Bürgermeisters Verstöße gegen die Wahlgesetzgebung festgestellt haben. Kommentieren werde man den Schritt zum Verwaltungsgericht in Straßburg nicht, hieß es aus der Umgebung der unterlegenen Kandidatin.

In Metz bricht darüber hinaus die Koalition aus der bürgerlichen UMP, dem Zentrum und den Liberalen auseinander. Die Liberalen hatten diese Koalition schon im Vorfeld der Wahlen nicht akzeptiert und waren auseinander gebrochen. Die verbleibenden zwei Mitglieder in der bürgerlichen Koalition haben sie nun verlassen und sich als eigenständige Mitglieder des Metzer Stadtrates deklariert.

Nur 77 Stimmen Unterschied

Auch in Thionville müssen die Richter über das Los des Bürgermeisters entscheiden. Hier war der Vorspung der Siegerin – die zur bürgerlichen Bewegung UMP gehörende Anne Grommerch – wesentlicher knapper als in Metz. Nur 77 Stimmen trennten am Ende die Siegerin von dem unterlegenen amtierenden Bürgermeister. Bertrand Mertz will aber nicht aufgeben. Mit einer langen Liste von Verstößen gegen Regelungen der Wahlgesetzgebung durch die Wahlkämpferin Anne Grommerch wendet Mertz sich nach Straßburg vor das Verwaltungsgericht. Die neue Bürgermeisterin Anne Grommerch bezeichnet das als sein gutes Recht und will sich unbeeindruckt sofort an die Arbeit machen.

Anne Grommerch hat eine fulminante politische Karriere hinter sich. In die Politik stieg die ehemalige Marketing-Direktorin von Coca Cola Luxemburg als Nachfolgerin des verstorbenen Abgeordneten und Bürgermeisters von Thionville, Demange, ein. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Jahre 2012 schlug sie dann Bertrand Mertz erstmals. Eine erneute Niederlage fügte sie ihm jetzt bei den Kommunalwahlen zu. Die neue Bürgermeisterin von Thionville ist nun auf der lokalen Ebene vertreten, als Mitglied des Regionalrates in der Fraktion der UMP auf der regionalen Ebene und als Mitglied der Nationalversammlung auf der nationalen politischen Ebene.

Neue Gesetzeslage

Da die Nationalversammlung die Gesetzeslage verändert hat, um politische Multi-Mandatsträger in der Zukunft zu vermeiden, wird Frau Grommerch in drei Jahren entscheiden müssen, welches Amt sie aufgibt. Sie kann ab 2017 nicht mehr gleichzeitig Bürgermeisterin und Abgeordnete der Nationalversammlung sein. Allerdings stehen in drei Jahren nach der Wahl des Staatspräsidenten vermutlich Neuwahlen der Nationalversammlung an. Das Mandat als Bürgermeisterin geht über sechs Jahre und dauert bis 2020.

Mit dem Verlust der Rathäuser in Thionville und in Florange haben im Mosel-Département zwei gewichtige Politiker der Sozialisten ihre politische Basis verloren. Der Bürgermeister von Florange verlor sein Amt bereits im ersten Wahlgang. Philippe Tarillon ist im Generalrat der Präsident der Fraktion der Sozialisten und gilt nun als politisch geschwächt. Das gilt auch für Bertrand Mertz, dessen Stimme als Realpolitiker und Bürgermeister im Generalrat Gewicht hatte. Politisch gestärkt dürfte allerdings der Zentrumspolitiker Patrick Weiten erscheinen, der sich vor den Wahlen scharfer Angriffe der Sozialisten ausgesetzt gesehen hatte.